laut.de-Kritik
Der Filmstar interpretiert mit Wucht und Zärtlichkeit.
Review von Ulf Kubanke"Ich lebe mich selbst" lautet das zupackende Motto Gerard Depardieus. Egal ob Schauspielerei, Winzerei, Kochen, Essen, Musik oder exzessives Trinken - alles, was er angeht, macht er konsequent. Genau deshalb ist "Depardieu Chante Barbara" auch keine halbe Sache geworden, sondern kraftvoller Chanson im Allgemeinen und ein Kniefall vor Monique Andrée Serf a.k.a. Barbara im Besonderen.
Die vor 20 Jahren verstorbene Barbara steht im Genre Chanson auf Augenhöhe mit Jacques Brel, Serge Gainsbourg, Greco oder Charles Aznavour. Ihre Zeilen zeichnen zutiefst poetische Bilder vom ewigen Ringen der Liebe mit der Finsternis. Mitunter obsiegt die Romantik, doch oft gewinnt das Dunkle. Eine gewisse Nähe zu Leonard Cohen lässt sich nicht von der Hand weisen. Ihre Ehrentitel Königin der Traurigkeit oder die dunkle Dame hat sie sich bei Publikum und Medien bereits zu Lebzeiten redlich verdient.
So grenzt es scheinbar an Tollkühnheit, sich mit diesen zutiefst gefühlvollen Liedern zu messen. Doch Depardieu ist hier weder Laie noch Fremder. Bereits 1979 arbeitete er mit Serge Gainsbourg zusammen. Mitte der 80er spielte er mit Barbara das Bühnenstück "Lily Passion". Gemeinsam erstellten und sangen sie auch den dazugehörigen Soundtrack. Es entstand eine enge Freundschaft.
Auch diesen Stücken nähert er sich mit der ihm ureigenen unwiderstehlichen Mischung aus Wucht und Zärtlichkeit. Ohnehin stellt sich die Frage, wie ein Mann, der in Kindheit und Jugend kaum Liebe bei stetigem Überlebenskampf erfuhr, soviel Empathie und positive Energie weiterzugeben vermag. Denn Depardieu singt diese Chansons nicht einfach. Er durchlebt sie und verkörpert eindringlich jede einzelne Nuance auf deren Gefühlsskala.
Diese Leistung kann man nicht hoch genug schätzen. Depardieu selbst sagt über die mitreißende Qualität ihrer Musik: "Ich frage mich, wie Barbara zwei Stunden am Stück singen konnte - irgendwann kommt unweigerlich der Moment, in dem einem das Herz bricht." Letzteres passiert dem Hörer spätestens beim Schlüsselsong "Göttingen".
Bereits die Geschichte hinter diesem wohl erfolgreichsten ihrer Chansons ist anrührend. Barbara, die sich sich als Jüdin vor den Nazis verstecken und oft fliehen musste, trat 1964 erstmals in Deutschland auf. Die Bedingungen des Gigs in Göttingen waren zunächst unerfreulich und nährten Wut wie Skepsis der Künstlerin. Doch der warmherzige Empfang des Publikums versöhnt sie mit Land und Leuten. Tief gerührt verlängert sie das Engagement und komponiert während eines weiteren Auftritts spontan die Rohfassung dieses Liedes, das sie späterhin als Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Deutschland und Frankreich in beiden Sprachen aufnahm.
Gemeinsam mit dem auf Albumlänge herausragenden Pianisten Gérard Daguerre interpretiert Depardieu "Göttingen" sowohl als ehrfürchtiger Fan wie auch als selbstbewusster Künstler. Fragil, doch unaufhaltsam erblüht das Stück wie eine Rose, deren Farbigkeit schlussendlich über die Schatten triumphiert.
2 Kommentare mit 2 Antworten
http://33.media.tumblr.com/b0fdae2b8307cc4…
Noch ein lustiges:
https://img-9gag-fun.9cache.com/photo/aM82…
http://i4.mirror.co.uk/incoming/article756…
Gibt es keine russischen Chansons?