laut.de-Kritik
Die Totengräber feiern ihr 40-jähriges Jubiläum.
Review von Yan VogelSchon seit den Anfängen des Metals beschäftigt die mehr oder minder belichteten Oberstübchen der schreibenden Zunft die große Frage: Wie gehen Keyboard-Kleister und Rübe-Schütteln zusammen. Bei Betrachtung des üppigen Œuvres der deutschen Metal-Urgesteine Grave Digger fällt die Antwort eindeutig aus: Je straighter, desto besser.
Das einzige verbliebene Gründungsmitglied Chris Boltendahl und seine Totengräber feiern ihr 40-jähriges Jubiläum mit einer Neuauflage des erfolgreichen Highland-Konzeptes, das Mitte der Neunziger mit "Tunes Of War" seinen Anfang nahm, mit "The Clans Will Rise Again" einen Nachfolger fand, und das nun "Fields Of Blood" als Abschluss einer Trilogie komplettiert.
Standen die letzten Alben für eine Abkehr vom Bombast der Nuller Jahre und eine Hinwendung zum Spirit der Achtziger, bringen Grave Digger auf ihrem 20. Release beide Welten zusammen. Sie schürfen tief in der Bandhistorie: Knallige Riffs, Chöre und Refrains prägen das Schlachtgetümmel. Es wird gedudelt, gebangt und gegrölt, auch wenn der Muff unterm Schottenrock bisweilen etwas altbacken riecht.
Bekanntlich ist Blut digger als Wasser, und so folgt die treue Fanschar ihren Idolen auch auf den Wegen, auf denen Grave Digger, tief wie die Schlammlöcher in Wacken, sämtliche Klischees auswalzen. Also tauchen wir gemeinsam mit den Totengräbern ein in die schottische Historie mit ihren Heldensagen, blutigen Schlachten und hoffentlich gut gelüfteten Schottenröcken.
Im Kern geht es um bärtige Schwert-Schwinger, die keinen Bock auf andere bärtige Axt-Träger haben und sich deswegen hauen, stechen und vierteilen. Glorreich ist daran erst einmal nichts. Die Schrecken und Gräuel des Krieges setzen Boltendahl und Co. zwar in typisches Metal-Sprech. So verfänglich für manchen Vergesslichen mit Sabaton T-Shirt einzelne Slogans auch sind, auf Albumdistanz wird hier nicht glorifiziert, wie das bei den schwedischen Schlager-Metallern der Fall ist.
"My Final Fight" mit seinem "Run To The Hills"-Drumming, den Ohoho-Chören und dem Kinderquatsch-Refrain klingt zwar eher wie fuffzig auffer Autobahn und geht als einziger richtiger Ausfall ins Ziel. Sind allerdings die Schotten erst einmal dicht, grölt sich dieser Track live sicherlich gut.
Die stilechten Aufnahmen des Dudelsacks aus den Highlands tragen zur Folklore bei. Bevor das Gedudel zu sehr auf den Sack geht, ist der Spuk auch schon vorbei. Die kurzen Intermezzi auf dem ohrenfeindlichen Instrument tun nicht ganz so weh wie bei Mittelalter-Kapellen à la In Extremo.
Highlights gibt es einige, bei denen jedem beinharten Anhänger Wärme in den Kilt steigt. Allen voran der epische Abschluss in Form des mehrteiligen "Fields Of Blood", der Hörspiel, Akustik-Gitarren, Headbanging-Parts und viel Drama vereint.
Das Duett mit Battle Beast-Frontfrau Noora Louhimo in "Thousand Tears" lebt vom Gegensatz der beiden Stimmen und einer eindringlichen Komposition. Klassischer Stahl in der Tradition der NWOBHM-Größen Iron Maiden, den Metal-Urgesteinen Judas Priest oder der deutschen Stahlfabrik Accept findet sich zuhauf, wie der Opener "All For The Kingdom" oder "Barbarian" beweisen.
"Lions Of The Sea" prägt ein sattes Single Note-Riff in Tradition von Savatages "Power Of The Night". In "Freedom" kreuzt das Quartett in bester Speed Metal-Manier die Klingen.
Ein Wort noch zum Recken an den sechs Saiten. Gitarrist Axel Ritt müsste mit Nachnamen eigentlich Riff heißen. Die Bandbreite an Stilistiken beeindruckt, ebenso die Soli, die Blues, Neoklassik und Metal gekonnt miteinander verwursten.
1 Kommentar
Das ist so Metal für Leute, die ironiefrei Met saufen.