laut.de-Kritik

Der Ex-Buddy von Stefan Raab macht der Deutschpop-Elite Beine.

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Immer wenn ich mit dem Namen Gregor Meyle konfrontiert werde, muss ich automatisch an zwei ehemalige deutsche Fußball-Nationalspieler denken: David Odonkor und Lars Ricken. Fans des runden Leders werden sich sicherlich daran erinnern, wie der damals 20-jährige Dortmunder Lars Ricken im Mai 1997 kurz nach seiner Einwechslung mit großen Schritten auf das Tor von Juventus-Keeper Angelo Perruzzi zulief. Sekunden später lag der Ball im Netz der Italiener, und ganz Fußball-Deutschland war aus dem Häuschen.

Neun Jahre später erlebte der 22-jährige David Odonkor eine ähnliche Sternstunde. Unbekümmert und schnell wie der Blitz flitzte der eingewechselte Stürmer im WM-Spiel gegen Polen die rechte Außenbahn hinunter. Erst kurz vor der Werbebande machte er Halt, drosch den Ball in die Mitte und sah dabei zu, wie Oliver Neuville den nicht mehr für möglich gehaltenen Siegtreffer erzielte. Lars Ricken und David Odonkor: Zwei junge Greenhorns, die an jenen Abenden den Altgedienten auf die Sprünge halfen.

Auch Gregor Meyle hilft immer wieder gerne aus, wenn Not am Mann ist - bisweilen braucht es auch in der Musik einen Arschtritt von der "Jugend", um das eine oder andere Mumpitz-Projekt zumindest für die Dauer einiger Minuten wieder auf Kurs zu bringen. Vor gut einem Jahr holte Gregor Meyle das erste Mal die Kohlen aus dem Feuer, als Naidoo, Connor, Nasic und Co im fernen Südafrika von einem musikalischen Fettnäpfchen ins nächste traten. Nun hilft er den wankenden Deutschpop-Riesen mit seiner "Meylensteine"-Therapie abermals auf die Beine.

Mit jeder Menge Aus-alt-mach-neu-Ideen im Kofferraum seines alten VW-Busses machte sich Gregor Meyle auf den Weg durch die deutsche Neuzeit-Musikgeschichte. So landete er beispielsweise im Vorgarten von Laith Al-Deen. Dort einigte man sich nach einem kurzen Plausch auf ein Jazz-meets-Folk-Ping-Pong-Duell ("Alles An Dir", "Bilder Von Dir"). Endergebnis: Unentschieden.

Auf der Couch von Stefanie Heinzmann geht Gregor Meyle dann erstmals in die Offensive und stiehlt der Sängerin mit seiner Tarantino-Version von "Diggin In The Dirt" komplett die Show. Auch während der drei anschließenden Duette behält der Ex-Buddy von Stefan Raab die Oberhand. Mit groovendem Kammer-Jazz ("My Man Is A Mean Man"), berührender Candlelight-Opulenz ("The Unforgiven") und galoppierenden Banjo-Vibes ("In The End") an seiner Seite, zeigt der Baden-Württemberger seiner Gesangskollegin ihre stimmlichen Grenzen auf.

Paddy Kelly lässt er zweimal erst gar nicht zu Wort kommen ("Hope", "An Angel") – vielleicht auch besser so. Sarah Connor hingegen darf sich fast ganz allein im Rampenlicht schmücken. Mit viel Herzblut und aufwühlendem Timbre intoniert sie Meyles Vorzeigeballade "Keine Ist Wie Du". Andersrum hakt es allerdings. Meyle kann jedoch nichts dafür. Hier lässt der Text einfach nichts Gehaltvolleres zu ("Das Leben Ist Schön").

Mit den beiden Karat-Evergreens "Der Blaue Planet" und "Über Sieben Brücken Musst Du Gehn" erleidet der Sänger dann erstmals selbstverschuldet Schiffbruch. Zu aufgesetzt und angestrengt stolpert er über die hinterlassenen Spuren des unvergessenen Herbert Dreilich.

Den reimschen Schlager-Tumor "Ich Hab' Geträumt Von Dir" hätte Meyle auch besser im Keller lassen sollen. Da fängt es sogar im trockenen Wilden Westen an zu regnen. Über den Urheber selbst wollen wir aber gar nicht erst reden. Der schaufelt sich mit der Schnief-Version seines Song-Aushängeschilds "Verdammt, Ich Lieb Dich" nur ein weiteres Grab.

Zum Abschluss seiner Reise parkt Meyle seinen Bulli dann noch vor den Toren des Söhne Mannheims-Hauptquartiers. "Und Wenn Ein Lied" im minimalistischen Champs-Élysées-Modus? Warum nicht! Weitere Fingerzeige bleiben jedoch aus. Sei's drum. Lars Ricken und David Odonkor waren schließlich auch keine Konstanten. Aber sie hatten ihre Momente. Just like Gregor Meyle.

Trackliste

  1. 1. Dein Lied
  2. 2. Alles An Dir
  3. 3. Wenn Sie Dänzt
  4. 4. Bilder Von Dir
  5. 5. Diggin In The Dirt
  6. 6. My Man Is A Mean Man
  7. 7. The Unforgiven
  8. 8. In The End
  9. 9. Hope
  10. 10. Shake Away
  11. 11. An Angel
  12. 12. Keine Ist Wie Du
  13. 13. Das Leben Ist Schön
  14. 14. Der Blaue Planet
  15. 15. Über Sieben Brücken Musst Du Gehn
  16. 16. Ich Hab' Geträumt Von Dir
  17. 17. Verdammt, Ich Lieb Dich
  18. 18. Das Hat Die Welt Noch Nicht Gesehen
  19. 19. Meine Stadt
  20. 20. Und Wenn Ein Lied
  21. 21. Hier Spricht Dein Herz

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