Hackneyed

Nesthäkchen Devin (Gitarre) ist erst 14 Jahre alte und muss (zumindest offiziell) noch zum Mineralwasser greifen, wenn die anderen ein paar Tannenzäpfle zischen. Aber Alkohol und Frauen dürften bei Hackneyed ohnehin nicht der Antrieb gewesen sein, um Musik zu machen ...Mit der Mischung aus Thrash und Death Metal landet man eher selten bei der Damenwelt. Zudem ist die Musik technisch recht anspruchsvoll, man sollte beim Spielen also einen klaren Kopf haben. Als sich die Gelegenheit ergibt, bei Drummer Tim mal ein paar Infos einzuholen, greift der laut.de-Redakteur zum Telefon und unterhält sich mit einem Kerl, der sehr klare Ansichten und Pläne hat.

Moin Tim, wisst ihr eigentlich, dass es in Österreich auch eine Band namens Hackneyed gibt?

Ja, wissen wir. Das haben wir eigentlich auch gleich bei unserer Namenswahl rausgefunden, aber es war uns relativ egal. So weit ich weiß, hat die Band, die als erstes ein Album unter dem jeweiligen Namen veröffentlich, gewonnen (lacht). Die haben zwar ein selbst produziertes Demo, aber unsere Scheibe läuft über den öffentlichen Vertrieb, und wir haben mit Nuclear Blast ein großes Label.

Stimmt, die habe nur ein Demo mit Schrammelrock draußen.

Stimmt (lacht), das hab ich mir auch gedacht, als ich das mal angehört habe.

Thema Alter: Ich vermute mal, das kam bei euch bisher in jedem Interview zur Sprache ...?

Auf jeden Fall. Bisher gab es noch kein einziges Interview, in dem nicht auf das Alter bei uns eingegangen wurde, aber das ist auch nicht sonderlich überraschend.

Ehrlich gesagt bin ich inzwischen sehr skeptisch, wenn mir so junge Bands angedreht werden, denn Sachen wie Sturm und Drang, Kissin' Dynamite oder Age Of Evil fand ich persönlich ziemlich scheiße. Hast du von denen schon mal gehört?

Ja, die kenne ich alle. Mit Kissin' Dynamite haben wir neulich erst zusammen gespielt. Mein Musik ist das auch nicht, aber schlecht sind die Jungs nicht.

Mir geht einfach dieser Hype drumrum und der Casting-Beigeschmack auf die Nerven ...

Naja, also wir werden von unserem Label ja schon auch gepusht ohne Ende, und der Altersaspekt wird dabei auch immer in den Vordergrund gestellt. Aber mit Casting ist bei uns natürlich nichts zu wollen. Ob das bei den anderen Bands der Fall ist, kann ich nicht beurteilen.

Lass uns mal deinen Metal-Background abklopfen. Was fallen dir denn noch so für Bands ein, die ihre ersten Scheiben in ähnlichem jungen Alter wie ihr aufgenommen habt?

Hm, also spontan fallen mir da Decapitated ein. Deren Schlagzeuger ist letztes Jahr glaube ich gestorben. Die waren auch noch blutjung, als sie angefangen haben, ob sie damals allerdings auch schon ein Label hatten, weiß ich nicht. Die sind musikalisch ähnlich gelagert wie wir.

Der Name Death Angel sagt dir nichts?

Doch, klar, verdammt! Natürlich, die Jungs waren ja auch noch zu jung zum Saufen, als sie angefangen haben. Die sind musikalisch aber ein wenig anders gelagert als wir. Ich habe irgendwo mal gelesen, dass die auf ihren ersten Touren den Drummer immer in die Clubs reinschmuggeln mussten, weil der noch viel zu jung für einen Clubbesuch war. Die Problematik umgehen wir allerdings auch nur dadurch, dass wir ständig einen Erwachsenen dabei haben. Ansonsten wäre das bei uns ja auch nicht anders.

Nervt euch das nicht, dass immer eine Aufsichtsperson dabei sein muss?

Nicht wirklich, vor allem, da es ja eigentlich keine Aufsichtsperson ist. Normalerweise ist immer der ältere Bruder vom Phillip dabei, der ist immer ganz cool drauf; von uns hat keiner ein Problem damit, dass er dabei ist. Der fährt uns auch meist überall hin und ist deswegen ja eh dabei. Von daher fühlt sich da auch keiner beaufsichtigt oder was in der Art. Der hört unseren Sound auch gern und das ist dann ok so.

"Peter saß in der Ecke und trank irgendeine pisswarme Brühe"

Ich hab jetzt meinen Realschul-Abschluss gemacht, Devin geht noch zwei Jahre lang zur Schule. Die anderen Jungs sind bereits in der Ausbildung.

Inzwischen dürfte er in der Schule ja die coole Sau mit der Band sein, aber das war doch bestimmt früher mal ganz anders.

Das kannst du laut sagen. Ich erinnere mich noch genau an unseren ersten Gig. Als wir den gespielt hatten, kamen auf einmal Leute zu mir und wollten mit mir reden, die mich zuvor nicht mal mit dem Arsch angeschaut haben. Auch einmal wollten die uns alle kennen und fanden uns total cool. Jetzt mit dem Label im Rücken ist das nicht großartig anderes. Hier in Abtsgmünd kennen uns die Leute einfach schon so lange, dass das eigentlich nichts Besonderes mehr ist. Als wir jetzt neulich allerdings im Legacy groß gefeatured wurden, war das auch hier bei uns im Dorf eine recht große Sache. Da haben die dann auch gemerkt, dass der Deal schon noch mal einiges verändert hat. Starallüren legt bei uns allerdings noch keiner an den Tag, das kann ich dir versichern (lacht).

Wie gehen denn die anderen Bands damit um, mit denen ihr so spielt? Die sind in der Regel doch alle zehn bis zwölf Jahre älter als ihr.

Das ist wahr. Bislang hatten wir eigentlich noch nie die Möglichkeit, mit einer Band zu spielen, die in etwa in unserem Alter war. Bisher waren die alle älter, aber es ist immer noch verdammt geil, wenn man auf irgendeinem Festival spielt und auf einmal läuft dir der Sänger von Dying Fetus über den Weg. Das ist für mich immer noch der absolute Wahnsinn!

Mit Peter Tägtgren von Hypocrisy und Pain habt ihr ja auch schon das Vergnügen gehabt, wie das Video auf eurer MySpace-Page beweist.

Der Hammer, oder? Ich hab's echt nicht glauben können. Wir sind in den Backstage-Raum, und da waren die ganzen anderen Jungs von Pain auch dabei. Peter saß in der Ecke und trank irgendein Zeug, Wodka-Apfelsaft oder so was. Irgendeine pisswarme Brühe, die richtig widerlich geschmeckt hat. Aber das war einfach ein tierisches Erlebnis, einfach da reinzulatschen und dann steht der Kerl, den du sonst nur von CDs oder aus dem Internet kennst, ganz real vor dir und redet über deine Platte. Wie geil ist das denn, bitte? Und der Kerl ist so was von freundlich und nett.

Das kann ich bestätigen. Wie seid ihr eigentlich an den Deal mit Nuclear Blast gekommen? Da hat euch Achim von Silverdust doch ganz schön unter die Arme gegriffen, oder?

Genau. Wir haben im Winter auf einem kleinen Festival gespielt, das der Achim neben dem Summer Breeze organisiert, er hat uns da quasi entdeckt. Zunächst haben wir aber ein Angebot von einem kleineren Label bekommen, der Deal war aber echt für'n Arsch. Die hätten uns vollkommen über den Tisch gezogen. Wir hatten Achim dann gebeten, doch mal einen Blick auf die Unterlagen zu werfen, und er hat uns dann unter seine Fittiche genommen. Er nahm uns mit ins Studio, wo wir unsere erste Scheibe aufnehmen konnten, und hat damit dann die Labels abgeklappert. Dass wir ausgerechnet bei Nuclear Blast landen würden, hätten wir uns damals aber nie und nimmer träumen lassen.

Warum hat euch Achim eigentlich nicht einfach für sein Label Silverdust geholt?

Klar, das wäre natürlich auch gegangen, aber Death Metal ist bei Silverdust eigentlich kein Thema. Wenn jetzt gar nichts geklappt hätte, dann wäre "Death Prevails" über Silverdust erschienen, aber prinzipiell ist das eher ein Label für Alternative Bands. Aber jetzt, da das mit Nuclear Blast geklappt hat, ist die Sache eh vom Tisch. Die haben da doch andere Möglichkeiten und kennen sich mit unserem Sound deutlich besser aus. Vor allem, wenn du dir mal anschaust, welche Bands da noch unter Vertrag sind. Das sind lauter Acts, auf die wir auch privat stehen und die wir gerne hören. Zu dieser Familie zu gehören, ist einfach ein verdammt geiles Gefühl.

Wenn man gestandene Bands nach ihren Einflüssen fragt, kommt da immer so was wie Metallica, Venom oder noch älterer Kram. Wie sieht das denn bei euch aus?

Hm, schwer zu sagen. Ich hab Metallica bei Rock im Park gesehen und die sind live schon ne geile Band. Als Einfluss würde ich sie aber nicht ansehen. Wenn überhaupt dann eher so Sachen wie Hypocrisy, Kataklysm oder In Flames. Bands eben, die wir privat hören, und da gibt es einfach verdammt viele. Ich höre nicht nur Death Metal, sondern auch Foo Fighters oder Korn. Ich habe in einem anderen Interview mal gesagt, dass wir modernen Death Metal mit ein paar Oldschool-Einflüssen spielen. Die Aussage ist zwar eigentlich Blödsinn, trifft aber doch irgendwie zu. Wir versuchen, so viel wie möglich zu variieren.

Die Schule abzubrechen wie Tokio Hotel, halte ich für totalen Schwachsinn ...

Am schlimmsten hat es den Felix getroffen. Der kann einfach am besten Englisch und muss nun die ganzen Interviews mit spanischen, italienischen und französischen Magazinen machen. Der hat manchmal bis zu sechs Stunden am Tag, in denen er nur Interviews gibt. Der hat echt einen Arsch voll Arbeit damit. Ich mache die ganzen deutschen Sachen, und das geht bisher eigentlich in Ordnung. Ich denke mal, dass da noch mehr auf mich zukommen wird, aber bisher geht's.

Da ist man vielleicht doch irgendwann dankbar dafür, dass sich viele Fragen wiederholen und man sich nach und nach schon seine Antworten zurecht legen kann.

Auf jeden Fall, das merke ich bei mir auch schon. Gerade die Frage mit dem Alter kommt eben jedes Mal wieder. Man lernt aber in jedem Interview dazu und kann mehr zum selben Thema sagen. Vor allem geht man es auch lockerer an. Bei meinem ersten Interview habe ich mir beinahe in die Hosen geschissen, so nervös war ich. Das war auch am Telefon mit dem Blast-Magazin - ich hatte echt die Windeln voll. Wenn du dann da sitzt und nicht weißt was du sagen sollst, dann ist das manchmal schon peinlich, aber ich denke, ich schlage mich inzwischen ganz gut.

Im Notfall einfach irgendwelchen Blödsinn erzählen, das zieht immer. Mir fallen mit Perzonal War und Abandoned auf Anhieb zwei Bands ein, bei denen man für jeden sinnvollen Satz dankbar sein muss. Das kann aber auch seinen Reiz haben.

Ok, muss ich mir merken. Man kann auch nicht auf jede Frage einigermaßen clever antworten. Neulich kam mir einer mit politischen Fragen, und ich dachte nur: Alter, ich bin jetzt 17 Jahre alt und du erwartest von mir, dass ich mit irgendwelchen politischen Weisheiten glänze? Geht's eigentlich noch? Ich hab dann mit Mühe und Not versucht, irgendwas Sinnvolles und einigermaßen Schlüssiges zu antworten, aber wenn das noch mal passiert, werde ich dem auch nur irgendwelchen Scheiß antworten.

Erzähl einfach, dass du Roland Koch für einen der sympathischsten Menschen neben George W. Bush hältst und Angie Merkel gern mal im Playboy sehen würdest. Dich fragt nie wieder jemand nach Politik!

Jahaha, das muss ich echt machen. Muss dabei nur einigermaßen überzeugend klingen. Ich finde das auch ein wenig lächerlich, weil mit der Band hat das ja überhaupt nichts zu tun. Wir haben ja auch keine politischen Texte.

Eben, da geht es ja eher handfest zur Sache. Aber mal was anderes, ich habe im Internet herausgefunden, dass ihr zu Beginn mal eine Gitarristin namens Lydia dabei hattet.

Das stimmt. Sie hat auf unserem allerersten Gig gespielt, als Felix noch am Bass stand. Er hat dann ihren Platz eingenommen. Das lag daran, dass Lydia nach dem ersten Gig zu uns kam und erzählt hat, dass sie einen Gehörsturz hat und deswegen leider ausscheiden muss. Das war eine sehr bittere Sache, sowohl für sie, als auch für uns. Wir waren sogar kurz davor, uns aufzulösen, weil mein Bruder zu der Zeit gerade mal zwölf Jahre alt war und wir noch nicht viel Sinn drin sahen, es mit ihm zu versuchen. Mit Alex haben wir schließlich einen Bassisten gefunden und wollten weiter machen. Allerdings fehlte uns immer noch ein zweiter Gitarrist, und so haben wir es schließlich doch mit Devin versucht. Der hatte sich erst kurz zuvor zu Weihnachten eine E-Gitarre gewünscht.

Ihr seid ja auf einigen Festivals diese Jahr dabei, und überall, wo eine Band ausfällt, springen Hackneyed ein!

Stimmt, unser größter Traum war es eigentlich, mal auf dem Sundown-Festival zu spielen, und jetzt spielen wir auf dem Summer Breeze, dem Fuck The Commerce nächstes Jahr ... Wir können es kaum glauben, auf was für großen Events wir überall spielen. Das wird der absolute Hammer, vor allem wenn wir dann Backstage rumrennen können und die ganzen anderen Bands treffen. Für uns ist das immer noch ein unglaubliches Erlebnis.

Bis in welche Konsequenz würdet ihr die Band denn betreiben? Würdet ihr Schule und Job dafür schmeißen, wenn ihr Aussicht auf größeren Erfolg habt?

Naja, Schule schmeißen ist ja nicht so einfach, weil du zunächst mal schulpflichtig bist. Ich selber könnte es mir durchaus vorstellen, mich nach meiner Ausbildung voll und ganz auf die Band zu konzentrieren. Es zumindest mal zu versuchen, aber die Ausbildung will ich auf jeden Fall noch hinter mich bringen. Ich befürchte aber, dass es sehr schwierig sein dürfte, von dieser Musik zu leben. Es kann ja noch so viel in der Zukunft passieren. Möglicherweise schießt die Platte total in den Arsch und kein Schwein will sie kaufen. Dann kann es mit der Band auch ganz schnell wieder vorbei sein. Sollte sich die Platte aber gut verkaufen und die zweite vielleicht noch besser, dann ist alles drin. Die Ausbildung werde ich aber auf jeden Fall beenden. Die Schule wie Tokio Hotel abzubrechen, halte ich für totalen Schwachsinn ….