20. September 2007

"Da muss man sich die Eier festkleben"

Interview geführt von

Drei Wochen bevor das dritte Album "One Hour Hero" der Heartbreak Engines im Laden steht, spielen die Jungs einen Gig im Café Central in Weinheim. Keine Frage, dass ich mich da ins Auto schwinge, um den Herren vor Ort ein wenig auf den Zahn zu fühlen und ein paar Informationen zu den Aufnahmen und dem aktuellen Stand der Dinge zu erfahren.Schon am Samstag Vormittag klingelt mein Handy und Basser Grischa informiert mich, dass die Band gerade kurz vor Weinheim sei. Ob mich das interessiert? Nicht die Bohne. Wann ich kommen will? Na irgendwann heute Abend, schließlich will ich zuvor noch ein paar Stunden ins Freibad. Welche Schuhgröße ich habe? 46. Nein, ich kann ihm keine Schuhe leihen. Blöd, wenn man die mit vollem Kopf zu Hause gelassen hat ....

Abends auf dem Parkplatz in Weinheim sitzen Sänger Lou, die beiden Gitarristen Syd und Dan sowie Drummer Rocco vor dem Café Central in der Gegend rum und schlagen die Zeit bis zum Auftritt tot. Während ich mein Aufnahmegerät auspacke, knallt sich Lou nochmal im Auto auf die Liege, weil der Kreislauf nicht so ganz mitspielt. Dafür gesellt sich Grischa zu uns und beschwert sich erstmal, dass man als Vegetarier hier nichts anständiges zu Essen bekommt. Mit vollem Bauch ist mir das relativ egal und ich drück das Mikro erst mal Rocco in die Hand.

Rocco: Was soll ich denn sagen? Du musst uns ein paar coole Sprüche sagen, die wir dann ablassen können.

Du meinst so nach dem Motto, ich zeig auf jemanden und der sagt dann: Yeah!

Rocco: Genau, das fänd ich gut.

Ok, den Job hat dann Dan ab jetzt. Test ...

Dan: Yeah! (alle lachen)

Passt. Ihr seid ja dieses Mal quasi perfekt vorbereitet ins Studio gegangen, so mit Vorproduktion und allem drum und dran. Hat sich das bei den Aufnahmen denn auch bezahlt gemacht?

Rocco: Auf jeden Fall. Die Sachen waren zu gut 90% fertig ausgearbeitet und wurden dort auch so aufgenommen. Naja, eigentlich war tatsächlich alles soweit vorbereitet und 90% haben wir unverändert so eingespielt. Ein paar Sachen arrangierten wir im Studio noch neu. Das waren ein paar Feinheiten, die El Producente, Tim Buktu, mit uns noch ausgearbeitet hat.

Ein paar Fills oder Breaks, also im wesentlichen irgendwelcher Kleinkram. Wir hatten ja fast ein dreiviertel Jahr, in dem wir an der Vorproduktion gearbeitet haben und auch in dieser Zeit stand ich schon durchgehend mit ihm in Kontakt. Wir haben also ständig über alles gesprochen und er hat uns somit auch schon in dieser Zeit ständig begleitet.

Wie viel Zeit habt ihr im Studio denn noch gebraucht?

Rocco: Das Einspielen der Instrumente hat elf Tage gedauert, für den Mix benötigten wir nochmal neun und ein Tag ging fürs Mastern drauf. Scheiße, das war im Endeffekt echt teuer, aber wir wollten es ja so. Wir wollten uns dieses Mal einfach auch was gönnen, denn zum mastern waren wir im Monoposto-Studio in Düsseldorf beim Michael Schwabe, der auch schon mit den Toten Hosen und den Beatsteaks gearbeitet hat.

Wir wollten dieses Mal einfach, dass das Ergebnis stimmt. Auch bei der Wahl von Michael hat uns unser Produzent geholfen, der sich da natürlich deutlich besser auskennt als wir. (In dem Moment rauschen zwei Jungs auf ihren Choppern vorbei und Rocco hat nichts besseres zu tun, als das Mikro an den Auspuff zu halten und mir hier und jetzt beim abhören die Löffel explodieren zu lassen).

Dan: Yeah!

Guter Einsatz.

Rocco: Ja, wo war ich? Ach ja, die Aufnahmen liefen jetzt auch nicht komplett am Stück. Wir haben in einer Woche die Sachen eingespielt und dann gabs Stückwerk. Da hat man sich dann Abends mal zusammen gesetzt, die Sachen angehört und ein, zwei Dinge noch verbessert. Im Vergleich zur Vorproduktion klingt jetzt alles einfach fetter und vor allem auch differenzierter, was den Mix angeht.

Wie viel Zeit habt ihr denn für "Love Murder Blues" gebraucht?

Grischa: Das war ungefähr der gleiche Zeitraum. Allerdings sind wir da auch ohne Vorproduktion ins Studio gegangen und hatten auch mit dem Produzenten im Vorfeld keinerlei Kontakt. Das lief alles ein wenig hopplahopp und erst jetzt haben wir gemerkt, dass man mit dem Mann wirklich gut arbeiten kann.

Bekommt ihr von People Like You eigentlich die Studiokosten vorgestreckt?

Rocco: Jein, wir haben sowas wie ein Gesamtbudget für Platte und Promotion und das wird dann eben miteinander verrechnet. Wir haben mit unserem Label einen finanziellen Rahmen abgesprochen, den wir natürlich gnadenlos gesprengt haben (lacht). Wir dachten eigentlich, dass wir durch die Vorproduktion weniger Zeit im Studio bräuchten. Das war aber ein Irrtum.

Ursprünglich hatten wir für jedes Instrument einen Tag eingeplant und wollten so in sieben Tagen durch sein. Für Gesang musste ja immer zwei Tage rechnen, weil der kann ja nicht alles an einem Tag durchbölken. Im Endeffekt haben wir doppelt so viel Zeit benötigt, aber das Label ist glücklich, wir sind glücklich. Das wars wert. Für die Produktion müssen wir uns auf jeden Fall nicht schämen. Gerade in dem Bereich ist so ein fetter Sound und so eine Produktion alles andere als alltäglich. Was wir bisher an Reaktionen bekommen haben war schon toll. Die Leute, die das gehört haben, sind einfach weggeflogen. Da muss man sich echt die Eier festkleben (lacht).

Dan: Yeah!

"Als Musiker bist zu nah am Song dran"

Ich hab doch gar nicht auf dich gezeigt, also Fresse halten. Grischa, auf der neuen Scheibe musstest du dich mit deinem Bassspiel ganz schön umstellen.

Grischa: Stimmt, aber das war auf der letzten Scheibe auch schon ansatzweise der Fall. Ich kann hier nicht die typische Rockabilly- oder Psychobilly-Kontrabass-Schiene spielen, sondern muss mich eben auf das Schlagzeug einstellen. Rocco spielt ja auch einen ganz anderen Stil als die Drummer in den Psychobilly-Bands und arbeitet viel mehr mit Akzenten.

Dem muss ich mit meinem Bassspiel einfach Rechnung tragen und das ist zum Teil schon verdammt schwierig. Das ist ne ganz andere Welt, aber natürlich auch ne tolle Herausforderung. Ich musste mich stellenweise sehr zurücknehmen und die ganzen Läufe, die ich normalerweise sehr gern spiele alle außen vor lassen.

Das war nicht ganz leicht, klingt aber letztendlich einfach besser. Als ich mir das Endprodukt angehört hatte, waren alle Zweifel dahin. Das ist schon genau richtig so! Manchmal musste ich die Bassläufe von der Vorproduktion komplett nochmal über den Haufen werfen, weil sie einfach nicht zum Song gepasst haben. Das war teilweise ganz schön harte Arbeit, um Betonungen richtig auszuarbeiten und zu reduzieren.

Redet ihr bandintern darüber, mit welchem Augenmerk ihr an bestimmte Songs herangehen wollt?

Grischa: Ja sicher, aber manche Sachen haben wir im Vorfeld gar nicht so gemerkt. Das ist uns einfach nicht wirklich aufgefallen.

Rocco: Dazu hast du aber auch einen Produzenten, der dich in solch einem Fall auch darauf hinweist, dass du hier zu viel oder dort zu wenig spielst. Da bist du als Musiker einfach zu nah an dem Song dran, um das selber zu merken. Du denkst in dem Moment einfach, dass das was du da spielst, das Allergrößte ist. Bis der Produzent dir dann sagt, dass es ein Viertel davon auch tut.

Wenn du dir das hinterher anhörst, hat er da meist recht, aber bis du dich darauf eingestellt hast, dass dir einer in deine Songs reinlabert, das dauert schon etwas. Das kratzt schon mal schnell am Ego, aber mit Tim funktioniert das einfach perfekt. Der erklärt dir auch immer, warum er das so haben will und spielt dir ein paar Beispiele vor.

Meist hatte er mit seinen Vorschlägen einfach Recht und wenn du das hinterher dann anhörst, biste einfach ein glücklicherer Mensch (lacht). Bei "Love Murder Blues" war eben das Problem, dass wir alle noch sehr in unsere Instrumente verliebt waren und jeder zeigen wollte, was er kann. Dieses Mal haben wir das alles sehr gestrafft.

Grischa: Spielen ist immer was ganz anderes als hören. Es ist einfach verdammt wichtig, sich mal hinzusetzen und dir anzuhören, was du da überhaupt fabrizierst und deswegen war die Vorproduktion auch notwendig.

Dan: Yeah!

Na also. Aber damit du auch mal mehr erzählen darfst, wer hat denn bei "Bad Job Jesus" die Orgel eingspielt?

Dan: Das war unser Produzent Tim Buktu höchstpersönlich. Der ist ein echt guter Pianist, hat seine Orgel ausgepackt und dann Gas gegeben. Die Idee, da Orgelsounds mit einzubringen ist aber auf unserem Mist gewachsen. Das war eben auch ein Teil der Vorproduktion, bei der man sich Gedanken über solche Sachen machen kann.

Rocco: Ja, aber dabei sind wir auch von einigen Sachen wieder abgerückt. Wie unser Produzent immer sagt: 'Weniger ist mehr. Aber dafür auf den Punkt.' Gerade mit der Hammond-Orgel ... Im ersten Moment dachte ich noch, dass dasn bisschen schwul wäre, aber als ich den Song dann fertig abgemischt gehört habe, hatte ich echt Pippi in den Augen, ganz ehrlich. Ich habe den Lou noch nie so gut singen hören und auch wir als Band klingen einfach scheiße gut! Vor allem, weil die Nummer ja vollkommen aus dem Rahmen fällt. Ich hätte nie gedacht, dass wir so klingen können.

Lass doch den Syd auch mal ans Mikro.

Syd: Der will aber gar nicht. Oh Mann, jetzt habe ich mich grade hingelegt. Wat gibts?

Wie viele Gitarrenspuren habt ihr denn verbraten?

Syd: Och, ne Menge. Dan und ich haben uns während der Vorproduktion schon viele kleine Geschichten überlegt, die wir auch alle umgesetzt haben. Bei den Aufnahmen waren Dan und ich auch immer beide anwesend, um uns besser aufeinander abstimmen zu können. Wir haben dann mit Tim angefangen, verschiedene Sachen auszuprobieren, hier noch ein Solo zu verändern, da noch was reinzubasteln.

Das war teilweise auch sehr spontan, was ich persönlich sehr liebe, weil da meistens die interessantesten Sachen bei rauskommen. Wenn man nicht lang nachdenkt, sondern sich einfach in den Song reinsteigert und davon mitreißen lässt. Das liegt mir eigentlich am meisten. Da sind schon einige Spuren für draufgegangen. Vor allem haben wir auch sehr viele verschiedene Gitarrenspuren, die alle was anderes spielen. Seltsamerweise klingt das aber alles noch toll zusammen. Aber es können ja nie genug Gitarren sein (alle lachen).

Wie viele von den neuen Songs habt ihr denn schon live getestet?

Syd: Bisher glaube ich vier. Wir haben die halbe Platte schon geprobt und könnten die auch spielen. Für die Tour werden wir uns dann natürlich alle draufpacken, damit wir die ständig abrufbereit haben. Da haben wir uns noch nicht festgelegt, aber in erste Linie werden wir natürlich die neue Platte spielen.

Dan: "Black Gold Rebel" werden wir auch heute Abend auf jeden Fall spielen. "One Hour Hero" leider nicht, der ist noch ne Nummer zu hart. Da müssen wir erst noch strukturieren, wer die Backings übernimmt, wo wann welche Gitarre einsetzt und so Kram. Im Studio kannste ja machen, was du willst, aber live ist das immer son Ding.

Das Problem bei dem Song ist, den kannste ja nicht in der Mitte bringen. Das ist definitiv ein Opener, mit dem musste einsteigen. Für Syd und mich ist das kein Problem, aber für Rocco, Lou und Grischa ist der Song gleich am Anfang ne ganz schön harte Nuss. Wir Gitarristen sind ja eh immer entspannt und cool, uns macht das keine Probleme. Die anderen drei müssen da aber ganz schön kämpfen (lacht).

Wir ziehen die ja eh immer hinterher. Nein, aber bis zur Tour müssen wir den als Opener schon drauf haben. Allerdings ist das auch der abwechslungsreichste Song der Scheibe. Was da alles an Parts drin ist, merkt man auf den ersten Höreindruck gar nicht.

So Grischa, jetzt du nochmal?

Grischa: Wieso, hab doch gar nix zu sagen.

Doch und zwar habt ihr ja zwei Gäste auf dem Album dabei.

Grischa: Echt? Wen denn?

Rocco: Na den Sparky und den Patrick. Du erinnerst dich? Wir haben da ein neues Album ...

Grischa: Ach ja, stimmt. Richtig, wir haben ein neues Album. Wat willste wissen?

Äh, die beiden Gastsänger ...

Grischa: Genau. Wir haben zwei Leute mit aufs Album genommen ... das heißt, eigentlich drei. Ein Kollege von mir durfte auf "Bad Job Jesus" noch mit den Fingern schnippen. Der konnte am lautesten schnippen.

Wie, ihr habt da vorschnippen lassen? So mit Casting und so?

Grischa: Genau. Wir sind da mit vier Mann oder so gestanden und der hatte den besten Schnipp.

Faszinierend!

Dan: Yeah!

Grischa: Aber wie! Ansonsten hatten wir noch den Patrick mit dabei, der uns auf der 'Bad Boys For Life'-Tour begleitet hat, als Dan nicht konnte. Das war einfach klar, dass wir den in irgendeiner Art und Weise mit auf die Platte bringen mussten, weil der nicht nur ein toller Musiker ist, sondern auch ein sehr guter Freund!

Und dann natürlich noch Sparky von Demented Are Go. Der ist ebenfalls ein guter Freund und vor allem großer Fan von uns. Man muss aber auch sagen, dass wir "Gunwitch" schon so ein wenig für Sparky geschrieben haben. Zumindest in der Art, dass Lou und er da im Duett ordentlich was hinlegen können. Das Ding knallt wie Sau und Sparky hat auch richtig Spaß gehabt, die Nummer einzusingen.

Hat er das bei euch im Studio eingesungen oder wie lief das?

Grischa: Eigentlich war geplant, dass er nach Deutschland kommt. Letztendlich war ich aber während wir hier noch aufgenommen haben für ein paar Tage in London und hab dort den Demented-Gitarristen Stan besucht. Der hat so ein kleines Homerecording-Studio und da hat Sparky das auf die Schnelle eingesungen. Den Rest haben wir dann bei uns im Studio erledigt und fertig war der Song.

Und wie läuft das mit Demented Are Go und dir jetzt weiter? (Grischa ist seit Mitte des Jahres Live-Basser der Band)

Grischa: Pfff, keine Ahnung, spielen und dann sehen wir weiter (lacht). Ne konkrete Zukunftsplanung gibts da nicht. Ich spiel so lange bei denen mit, bis ich was anderes höre. Wir treffen uns irgendwo in Europa, machen zusammen ne Show, haben nen schönen Abend. Das ist schon ok.

Rocco: Wenn unser Zeitplan das zulässt, dann wollen wir mit Demented im nächsten Jahr ne Split-EP mit denen machen. Wir fahren ja jetzt erst einmal ein paar Touren, aber wenn das zeitlich eben klappt, dann wollen wir jeweils zwei Songs pro Band haben, wo dann die Musiker untereinander ausgetauscht werden oder die eine Band nen Song von der anderen spielt, was auch immer.

Wenn alles wirklich so klappt, wie wir uns das vorstellen, wären wir damit nächstes Jahr wohl auch so im September am Start. Du siehst, wir arbeiten hart (lacht). Wir sind sogar jetzt schon wieder dabei, Songs zu schreiben, oder wie unser Produzent sagt: Den Kanal leer zu machen. Also die Restideen, die man alle noch im Kopf hatte.

Da ist so ein kleines Tonstudio im Proberaum natürlich ne verdammt feine Sache.

Rocco: Ooooh ja. Da muss ich nur aufs Knöpfchen drücken, dann rauscht das Band mit und ich misch das alles in Ruhe ab, dass man sich auch was drunter vorstellen kann.

Eure erste Tour zum neuen Album startet in zwei Wochen?

Rocco: Richtig, das geht am 2. Oktober mit der Release-Party im Zwischenfall in Bochum los und endet zum ... äh ... 700. Mal in Berlin im Wild At Heart. Ich weiß nicht, wie oft wir da schon gespielt haben, aber da freuen wir uns richtig drauf. Wir kommen da mal wieder ganz in Europa rum.

Mongolei, eure größte Fanbasis östlich von Brunsbüttel wird auch bedient?

Rocco: Natürlich, aber erst später im Jahr (lacht). Im November stehen dann noch so vier, fünf Einzelgigs an und im Dezember gehts nochmal richtig rund. Danach hoffen wir auf diverse Festivals für den Sommer. Da werden wir dann mal hoffentlich ein paar Leute erreichen, die uns bis dahin noch nicht bemerkt haben.

Dan: Yeah!

Schönes Schlusswort ...

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