laut.de-Kritik
Eine Stimme, die Dua Lipa in den Schatten stellt.
Review von Philipp KauseIzo Fitzroy würde man abkaufen, dass sie bereits im Alter von drei Jahren singen konnte wie eine Nachtigall. Was sie auf "How The Mighty Fall" an stimmlicher Modulation vorführt, stellt die in diesen Tagen als Inbegriff der Vokalkunst abgefeierte Dua Lipa weit in den Schatten. Und wo Dua Lipa schon als Abziehbild der 80er aufploppt, kopiert Izo Fitzroy Songmuster, die in den 70ern im Trend lagen.
Die ruhige Klavierballade "Give Me A Moment" der Soul-Pianistin Fitzroy überzeugt da genauso wie der Gospel-Soul in "Purify", der von P-Funk-Bass geerdete Stomper "Slim Pickings" und die lockere 'Disco'-Nummer "Pushing Buttons". Was Stax-Produktionen eigen war, keimt bei "Liftin' Me" wieder auf: sakral und wild zugleich.
Wer Adele für ihre Dramatik bewundert, sollte bei "When The Wires Are Down" die Augen schließen, die Ohren öffnen und sich fragen: Wurde Adele nicht deshalb zum Hype, weil nichts im Drama-Soul-Pop gerade nichts Besseres zu finden war? Izo verwebt Stimmgewalt mit Präzision, Stimmkraft mit subtilem Ausdruck. Sie schmettert ihre Lines und lässt die Vokale vibrieren. Das überraschend düstere und raue Moment in ihrer Stimme beim Opener "Ain't Here For Pleasure" stammt eben nicht aus der Gospel-Kirche in Manhattan oder Detroit, sondern aus Europa.
Im Song "Red Line" rollt Fitzroy, begleitet von einer scharfkantigen Hi-Hat, über die Akkorde und erzeugt den Eindruck, direkt vom Mississippi zu grüßen: Das Siebziger-Soul-Songwriting beherrscht sie. Ihre metaphorischen Texte erschließen sich nicht im Detail, aber motivieren sie selbst offenbar zu Höchstleistungen. "I Want Magic" gerät zur verzaubernden Zeitreise.
Während Dua Lipa beim Nachsingen der hedonistischen Seite der 80er verharrt, lässt sich Izo Fitzroy vom kämpferischen Feeling mancher 70er-Musik anstecken. Zappelnde Orgel, triefender Bass, trockenes Schlagzeug und wehmütiges Saxophon und ihre schneidenden Vocals sorgen für fiebriges "Saturday Night Fever" im 'Studio 54'-Style.
Das abwechslungsreiche Album enthält nur gute bis sehr gute Songs, deren Grundstimmung variiert. Eines hält sie aber beieinander: Da steckt die Wärme einer Aretha drin. In gewisser Weise bringt Izo das Menschliche in die Musik zurück - zwischen all den Plug-Ins und Auto-Tunes.
1 Kommentar
Schöne Stimme. Danke für den Tipp.
Mir ist das ganze etwas zu weichgespült. Ich kann wenig "wildes" finden. Vor allem die Begleit-Arrangements sind 08:15. Der Bass ist kraftlos, die Gitarre professionell banal, das Schlagzeug wenig überraschend. Die zweite Hälfte des Albums gefällt mir etwas besser. Und die Stimme ist wirklich schön, samten belebt, sicher in der Intonation.