laut.de-Kritik
JD McPherson ist der Retro-King!
Review von Kai ButterweckViele Bands und Künstler versehen ihre Veröffentlichungen heutzutage mit einem dicken Retro-Button. Mit ein paar alten Gitarren im Gepäck, dem kurzen Schnuppern in der großelterlichen Vinylsammlung und dem Verzicht auf Autotune ist es aber noch längst nicht getan. Um den Schlüssel zur brodelnden Quelle der Antike überreicht zu bekommen, muss man schon zu mehr im Stande sein, als dem bloßen Kratzen an der Oberfläche. Man muss tiefer gehen, sich vollends von allen neuzeitlichen Nebenpfaden verabschieden und so lange in Vergangenem baden, bis auch die letzte digitalisierte Hautschicht abgerieben ist. JD McPherson ist so einer, der lange genug im Sud der Historie gebadet hat.
Der aus Oklahoma stammende Sänger brach bereits vor zwei Jahren ("Signs & Signifiers") auf beeindruckende Art und Weise mit den gängigen Konventionen der meisten aktuellen Vintage-Rock-Projekte. Wie mittelschwere Tornados wirbelten die Songs seines Debütalbums jede Menge Staub in der Szene auf und ließen Rockabilly-Fans, Elvis-Anhänger, Soul- und Blues-Liebhaber sowie Freunde urbaner Country-Vibes gleichermaßen mit offenen Mündern dastehen.
Drei Jahre später bringt der ehemalige Rinderfarm-Experte nun sein zweites Studiowerk an den Start. Und "Let The Good Times Roll" entfacht vom tanzwütigen Ohrwurm-Spektakel des eröffnenden Titeltracks über den groovenden Vibe des Winehouse—Auerbach-Pumpers "Head Over Heels" bis hin zum abschließenden Hinterhof-Rocker "Everybody's Talking About The All American" mehr Feuer als alle Vintage-Produktionen der letzten Jahre.
Hier wird geklotzt und nicht gekleckert. Und zwar mit dermaßen schwungvoller Attitüde und einer Unmittelbarkeit, dass man sich als Hörer fast schon ärgert, nur mit zwei Ohren auf die Welt gekommen zu sein. Jede noch so kleine Nuance im Schaffen der Herren McPherson, Sutton, Smay, Jacildo, Corcoran, Neill und Ford hinterlässt große Spuren. Egal ob das Septett den Gospel-Wurzeln Beine macht ("Bossy"), zwischen den Archiven von Little Richard, Buddy Holly und den Stray Cats hin und her pendelt ("It Shook Me Up", "Mother Of Lies") oder in einem Territorium wildert, in dem Soul, Blues, R'n'B und Rock'n'Roll zu einem dreckigen Ganzen verschmelzen ("Shy Boy", "You Must Have Met Little Caroline?"): Die Hände wollen einfach nicht mehr aufhören zu klatschen.
Ist es McPhersons markantes Organ, das klingt, als hätte man die Stimmbänder von Bill Medley und Screamin' Jay Hawkins miteinander verknotet? Ist es Suttons pumpendes Kontrabass-Spiel, das im Verbund mit Orgel-Keys, trockenen Drums und pointierten Bläser-Einwürfen, einen Background zum Leben erweckt, der Freunden alter Retro-Capitol-Records die Freudentränen in die Augen schießen lässt? Oder ist es die Art und Weise, wie die Verantwortlichen ihre zeitlose Klang-Melange in Form gießen? Was zur Hölle lässt meinen Zeigefinger nach einer kurzen aber gesättigten halben Stunde wie ein Pritt-Stift an der Repeat-Taste kleben?
Keine Ahnung, Leute. Mir aber auch egal. Fakt ist: Ich krieg nicht genug von "Let The Good Times Roll". Punkt. Aus. Ende. Und jetzt noch mal von vorne. Ach, wie genial...
2 Kommentare mit einer Antwort
jo, passt.erinnert mich so bissi an mojo nixon, werd ich mal drann bleiben.
Let The Good Times Roll
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Captain Karlow v. *FAB4FM*®
Als würde einer "FAB4FM" klauen wollen...