laut.de-Kritik
Magisch, melancholisch, Moldau!
Review von Ulf KubankeJanosch Moldau ist mit "Ghost Tracks" wieder einmal nah am Wasser gebaut. Gemeint ist der Luganersee, sein Lieblingsort zum Aufnehmen feiner Pop-Dramen. Das Ergebnis seiner aktuellen Scheibe lautet einmal mehr: Magisch, melancholisch, Moldau!
Die 15 "Ghost Tracks" verfügen über ein janusköpfiges Naturell, denn es handelt sich hierbei um mehr als nur Remix-Umdeutungen diverser Lieder der letztjährigen Studioplatte "Minor". Vielmehr ist es ein weiteres eigenständiges Studioalbum geworden, ein abgründiges Sequel wie "Der Pate II". Moldau schnappt sich lediglich die Vorlage als Ausgangspunkt und versenkt diese tief im Lago di Lugano, um hinterher etwas komplett Mutiertes heraus zu fischen. Eine Suite gechillten Schwermuts.
Mit frankensteinesker Genauigkeit kreiert das eingespielte Duo Moldau/Potuznik diesen Homunculus. Sie löschen einfach alle Prämissen der Ursprungslieder und legen nur den Kern frei. Moldaus Vocals fungieren zwar noch immer als berauschendes Schmiermittel. Wichtiger jedoch ist der Klangpool, in dem seine Stimme badet. Der Wellengang ist bis auf wenige Ausreißer sanfter als gewohnt. Seine emotional berührende Unterströmung bleibt dennoch unerbittlich.
Die Futurepop-Elemente havarieren in geisterhaften Fetzen. Eine Prise körperloser Trance- und schattenhafter Ambient-Sound schiebt alles mehr denn je in Richtung Mitternachtsblau.
Diese spooky Ausrichtung unterstreichen Moldaus Alternativtitel wie "Lungolago Ghost". Trotz aller ätherischer Stimmung: Es soll bewusst keine Flächenkomposition sein. Beats sind durchaus gelegentlich vorhanden, aber zu animierendem Geplucker herunter gedimmt ("Shiner" inkarniert als "Dogana Svizzera Ghost"). So vertont er den tiefsten Punkt galligen Liebeskummers, den Augenblick jener Verzweiflung, bevor man sich am eigenen Schopfe wieder aus dem Sumpf zieht.
Auch religiöse Momente des Haderns, Fragens und Suchens finden ihre Nische. "We Both Feel Minor (Ghost)" etwa schreitet als angedeuteter Marsch voran. Nicht gebrochen, doch mit leichter Hängeschulter-Attitüde lässt Moldau offen, ob der Weg zum heiligen Gral führt oder doch nur nach Canossa.
"Ghost Tracks" deutet an, dass das Elektropop-Genre ihm irgendwann vielleicht zu eng werden könnte. Besonders die Pianotupfer im Finale "I Want To Find Silence" deuten an, wie gut ihm organische Elemente zu Gesicht stehen.
1 Kommentar mit 2 Antworten
ich mochte moldaus letztes werk und die rezi liest sich auch gut. ich werde reinspotifyen aber wohl erst im november, dann ist meine stimmung passend
"november" ist notiert. ich komme dann darauf zurück.
so. es ist november. ich habe reingehört. wirklich geil! er bleibt der qualität des vorgängers treu. gelunge rezi btw ich muss es noch n paar mal laufen lassen, genau wie die neue covenant aber taugt wirklich!