laut.de-Kritik
Notwendige Verjüngungskur für die Volksmusik.
Review von Amelie Köppl"Volkslied? Volksgut? Volksstimme?" Diese Fragen stehen am Anfang des neuen Langspielers der Jazz-Rap-Formation aus Braunschweig. Nachdem sie bereits Heavy Metal-Klassiker mit einem Augenzwinkern unter ihre groovenden Fittiche genommen haben, sind jetzt Volkslieder an der Reihe.
Was mit ihrem vorletztem Album "Hell's Kitchen" im Vergleich zu Hellsongs eher in die Hose gegangen ist, versuchen die Niedersachsen im 20. Jahr ihres Bestehens mit volkstümlichen Klängen wieder gut zu machen.
Wanderlieder, Kinderlieder, aber auch politische Gesänge wie "Die Gedanken Sind Frei" sind vertreten. Auch das Allerweltsthema Liebe kommt nicht zu kurz. Zusammen mit Autor Peter Schanz wird aus "Wenn Ich Ein Vöglein Wär" eine wunderbar humorvolle Version eines Träumers: "Wenn du kein Faultier wärst und nicht am Baume hingst ... hing ich an dir."
Was einst als Crossover-Innovation galt, scheint sich leider aber zunehmend mit dem Drang zu vermischen, immer noch Neueres schaffen zu wollen. Sind wir ehrlich: Kinderlieder kann ja jeder - das wirklich Besondere hier ist der Einsatz der hochkarätigen Gäste.
Aber der lohnt sich durchaus. Wunderschöne Stimmen wie die von Pat Appleton von De-Phazz oder Sam Leigh-Brown vom Frank Popp Ensemble ("Hip Teens") erklingen neben den Worten des Rappers Tachi, der seinen türkischen Wurzeln in "Mutter Türkei" nachtrauert. Außerdem hat Nils Landgren, eine der europäischen Jazzgrößen, auf diesem Album mit seiner Posaune zur Jazzkantine gefunden.
Höhepunkte bilden die Versionen von "Es Tanzt Ein Bi-Ba-Butzemann" und "Im Frühtau Zu Berge" von Cappuchino. Was einmal mehr beweist, dass es die großen Stimmen gar nicht braucht, um gute Stücke abzuliefern. Klar ist es toll, sich von souligen Frauengesang berieseln zu lassen. Aber die Jazzkantine muss kein wahnsinnig innovativer Verein sein, um anständige Musik zu produzieren.
Es entspricht wohl der allgemeinen Meinung, wenn man behauptet, Volksmusik hätte eine Verjüngungskur nötig. Die Jazzkantine zeigt leicht verständlich, dass man die Musik seiner Kindheit nicht unbedingt in volkstümlichen Schmalz ertränken muss. Man kann seiner Heimat auch einfach mit nett anzusehender Leichtigkeit seine Liebe bekunden.
2 Kommentare
Das ganze Album-Konzept (inkl. des Covers) ist in meinen Augen Grütze. Auf Grund der nichtvernichtenden Kritik, sowie meiner alten Lieber zur Jazzkantine, werde ich trotzdem mal reinhören....und hoffentlich positiv überrascht.
oh ja, die haben so tolle Leute hervorgebracht wie Cappuccino...