laut.de-Kritik
Wenn Musik wie Gebäck ist, sind Jimmy Eat World das Croissant.
Review von Dominik KalusWenn Musik wie Gebäck ist, dann entsprechen Pop-Schnulzen aus dem Radio diesen bunten Muffins aus dem Supermarktregal. Viel zu süß, viel zu klebrig, viel zu künstlich. Aber irgendwer scheint sie trotzdem zu kaufen, sonst lägen sie da nicht so provokant. Die Musik von Jimmy Eat World gleicht dagegen dem Croissant des heimischen Bäckers: Leicht, nicht zu überladen, einfach die perfekte Mischung – eine süße Nachspeise gleichwohl.
Den Dreijahres-Rhythmus für ihre Releases erhalten die Amerikaner nun schon seit 15 Jahren aufrecht, "Integrity Blues" ist das insgesamt neunte Studioalbum – je nach Zählweise. Die rohe Unbekümmertheit der ersten Jahre ist natürlich längst flöten gegangen, aber der softe Rock mit Händchen für große Melodien ist noch derselbe. Die Produktion ist sehr poppig: Die Songs stützen Synthie-Loops, gedoppelte Vocals und lang gezogene "Ahhhhs" im Hintergrund. Auch Pianos verzieren den Sound, den Verse bei "It Matters" trägt neben Bass zum Beispiel nur ein Klavier-Motiv. Auf dem an sich schon leckeren Gebäck prangt sozusagen jetzt eine zusätzliche Zuckerglasur, um bei der Metapher zu bleiben.
Auch das Songwriting selbst präsentiert einige Pop-Parallelen. So erinnern manche Parts an Maroon 5, die Bridge bei "Pretty Grids" könnte auch einen Radiohit wie "I Follow Rivers" einleiten. Und die Hook beim Opener "You With Me" klingt doch tatsächlich ein bisschen wie "Dilemma" von Nelly feat. Kelly Rowland (wem der Titel allein nichts sagt, schnell googeln).
Die Gitarren kommen auf "Integrity Blues" eher kurz, Indierock-Riffs wie im Intro von "Through" bleiben eine Ausnahme. Das Gitarrensolo lässt dafür den Glanz alter Tage wieder ganz hell strahlen. Ausfälle sind das Electric-Lounge-Experiment "Pass the Baby" (inklusive völlig deplatzierter Stonermetal-Gitarre am Ende) und das sehr simpel gestrickte "Get right".
Auch wenn der große Hit fehlt – die Mischung passt und Songs wie "Sure And Certain", "It Matters" oder "You Are Free" verkörpern genau diese lockere, selbstbewusste und kitschlose Ästhetik, für die wir Jimmy Eat World lieben.
6 Kommentare
"Integrity Blues" ist sicher kein Meisterwerk, gehört aber ganz sicher mit zum Besten was JEW seit der "Stay on my side tonight"-EP veröffentlicht haben. Eine Review in der lieblosen Form hätte man sich getrost schenken können...
Nach mehrmaligem Hören würde ich das neue Album vor Damage und Invented klassieren, jedoch hinter Chase This Light (um nur die aktuellsten Veröffentlichungen mit einzubeziehen - Bleed American und Clarity sind sowieso über jeden Zweifel)
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
Das Beste was die Jungs seit der Stay on my side EP gemacht haben. Kommt nicht an Futures, Bleed American oder Clarity ran, aber Songs wie The End is Beautiful, Through und Pol Rogers gehören doch mit zu dem Besten was die Jungs rausgebracht haben.
Freu mich schon auf's Konzert am 7. November.
Ein sehr harmonisches und rundes Album.
Auf jeden Fall besser als die 3 Vorgänger.
4/5
Gelungenes Review! Allein der Vergleich zum Gebäck passt.
Man sollte es öfter und durch hören. Das Croissant öffnet sich auch noch