laut.de-Kritik

Vielseitige Coverversionen von Outkast, Blur und Talk Talk.

Review von

Wenn die großartige Sängerin Joan Wasser ein Coveralbum aufnimmt, kann ja gar nichts schief gehen. Längst steht die frühere Freundin von Jeff Buckley und Violinistin bei Antony And The Johnsons auf eigenen Beinen und lieferte mit dem souligen Folk-Juwel "Damned Devotion" 2018 ihr vorläufiges Meisterwerk ab. Joan As Police Woman verzeiht man daher alles, auch ein "Kiss"-Cover.

Schwer zu sagen, warum Joan ausgerechnet diesen Song auswählte, zumal der Purple One für sie doch "der beste Gitarrist, Bassist, Pianist, Sänger, Tänzer und Entertainer ist, den ich jemals gesehen habe", wie sie kürzlich gestand. Den überhörten 80s-Heuler holt sie jedoch geschickt in ihr Sounduniversum aus leiser Orgel und akustischen Gitarren, addiert neue Akkorde und Gesangslinien, wodurch man schon mitten im Song erahnt, zu welchen Leistungen sie erst bei spannenderen Tracks imstande ist.

Der Blick auf die Tracklist verrät die stilistische Offenheit und innige Beschäftigung der Amerikanerin mit Musikgeschichte. Sich von Neil Young ausgerechnet den pechschwarzen Titeltrack des unkommerziellen Albums "On The Beach" (1974) vorzuknöpfen, zeugt außerdem von Mut. Aufs Piano transferiert und dort auch die Gitarrensoli ersetzend, wirkt Joans Version aber zu kopflastig. Die düstere Wehmut des sanften Original-Flows verwandelt Joan in eine unruhig flirrende Jazz-Struktur.

Viel besser gelingt ihr Blurs "Out Of Time", das nebenbei wie für ihre Stimmlage geschrieben ist. Den Strokes-Song "Under Control" von "Room On Fire" kleidet sie als Piano-Ballade, bevor die Band später hinzukommt, was der Version deutlich zugute kommt.

Michael MacDonalds 80er-Hit "I Keep Forgettin'" ist hier kaum wieder zu erkennen, Joan entzieht ihm jeglichen Disco-Appeal, so dass er praktisch als glasklare, atmosphärische JAPW-Nummer durchgeht. Ab und an traut sie sich auch an Beats: Dem aufbäumenden Outkast-Track "Spread" nimmt sie sein rasendes Gerüst, entschleunigt ihn auf einen Beatbox-Rhythmus, während die Bassistin Meshell Ndegeocello die Raps von Andre 3000 rezitiert.

In Talk Talks "Life's What You Make It" schwingt die Ehrfurcht vor dem Original am auffälligsten mit: Die 49-Jährige ändert nichts am beispiellosen Drum- und Bass-Groove der Briten, den markanten Gitarrenausbrüchen und dem tonnenschwer grundierenden Klavier. In der zweiten Strophe überrascht dann Gastsänger Justin Hicks, dessen dramatisches Organ die Stimmung leider nicht zum Besseren wendet. Dafür gelingt dem Duo die Integration einer interessanten neuen Melodie im Outro.

Besteht die Intention eines Coveralbums auch darin, die eigenen Fans auf vergangene Songwriting-Glanztaten anderer hinzuweisen, macht Joan Wasser wenig falsch. Zumal ihre Vielseitigkeit begeistert: Die Grease-Hymne "There Are Worse Things I Could Do" funkelt bei ihr in düsterem Licht, und selbst einen Spoken Word-Track von Gil Scott-Heron hievt sie auf ein neues Level. Die vorliegende Songpalette wollte Joan Wasser in diesen Tagen mit Schlagzeuger Parker Kindred und Bassist Jacob Silver auf Tour in Europa vorstellen. Bislang sind keine Ersatztermine bekannt.

Trackliste

  1. 1. Kiss (Prince)
  2. 2. Spread (Outkast)
  3. 3. Under Control (The Strokes)
  4. 4. Not The Way (Cass McCombs)
  5. 5. I Keep Forgettin' (Michael MacDonald)
  6. 6. Life's What You Make It (Talk Talk)
  7. 7. Out Of Time (Blur)
  8. 8. On The Beach (Neil Young)
  9. 9. There Are Worse Things I Could Do (Warren Casey and Jim Jacobs)
  10. 10. Running (Gil Scott-Heron)

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