laut.de-Kritik
Angriffslustiges Debüt des Crippled Black Phoenix-Nebenprojektes.
Review von Toni HennigJohnny The Boy entstanden aus einer simplen Idee, entwickelten sich über die Jahre jedoch zu einer vollwertigen Einheit. Den kreativen Kern dieses Projekts bilden die beiden Crippled Black Phoenix-Langzeitmitglieder Justin Greaves (Gitarre, Drums) und Belinda Kordic (Gesang) sowie Live-Bassist Matt Crawford. 2018 brachten die drei ein gemeinsames Demo heraus, auf dem sich schon der Song "No Regrets" befand, ein Bonus Track der Vinylversion des aktuellen Crippled Black Phoenix-Albums.
"No Regrets" stellte eine Warnung vor der kommenden Dunkelheit dar. Im Gegensatz zur Hauptband bekommt man es bei Johnny The Boy nämlich mit rohen und ungestümen Klängen zu tun. Die bewegen sich irgendwo zwischen rauem Black Metal, vernichtendem Sludge und lärmendem Rock'n'Roll, wie das nun veröffentlichte Debüt "You" beweist.
"Die Already" macht es sich zunächst instrumental zwischen groovigen, treibenden Rhythmen und postmetallischen, melodischen Riffs bequem, während Belinda, die mit ihren garstigen Shouts gegen Diktatoren anschreit, das Geschehen beherrscht. Mit dieser Art von Gesang fing sie ursprünglich mal in ihrer ersten Band an, verrät sie im Pressetext.
Auch im weiteren Verlauf begegnet man politischen Tönen. In "Druh" verneigt sich das Projekt beispielsweise vor dem polnischen Offizier und Widerstandskämpfer Witold Pilecki, der während des Zweiten Weltkrieges freiwillig in die Gefangenschaft des Konzentrationslagers Auschwitz ging, um die westlichen Alliierten der Anti-Hitler-Koalition über die Gräueltaten der Nationalsozialisten zu informieren. Aber auch andere Themen stehen auf der Agenda. In "Crossings" geht es darum, dass niemand allein sterben sollte. "Without You" handelt, wie auch so manch anderer Song von Crippled Black Phoenix, vom Verlust einer geliebten Katze.
"Grime" gerät um Einiges midtempolastiger, aufgrund der aggressiven Vocals und der noisigen Drum- und Saitenausbrüche aber nicht weniger angriffslustig als der Opener. Doomig gloomige Töne hört man anschließend in "He Moves", was atmosphärisch an Converges aktuelles Album "Bloodmoon: I" erinnert. Dabei streut Belinda auch mal kurz mysteriösen Klargesang ein. Die Sludge-Keule packt das Trio danach in "Endlessly Senseless" aus, das ab der Mitte eine intensive Steigerung erfährt. Mehr an den Sound der Hauptband knüpft "Crossings" mit wogenden Rhythmen und gespenstischen Vocals zum Schluss an, während gelegentliche Blastbeats das melancholische Klangbild ein wenig auflockern. Ein betörend schöner Trip mitten in das Herz der Dunkelheit.
Rotzig schrammelige Töne serviert das Projekt in "Druh" und in "Wired". Der erstgenannte Track hat einen peitschenden Chorus, während "Wired" mehr von alternativerockigen Gitarrenmomenten lebt. Das abschließende "Without You" fällt zu Beginn mit krächzendem Klargesang Belindas recht gewöhnungsbedürftig aus, wartet gegen Ende jedoch mit einem packenden Post-Rock-Finale auf, das genau die hymnische Saitenarbeit bietet, die man als Crippled Black Phoenix-Anhänger erwartet.
Trotz aller Eigenständigkeit und Weiterentwicklung lassen sich die Talente aller Beteiligten ganz klar heraushören. Fans der Hauptband dürfen also bedenkenlos zugreifen, genauso wie Leute, die für diverse Post-Spielarten im Metal etwas übrig haben.
1 Kommentar
"Fans der Hauptband dürfen also bedenkenlos zugreifen, genauso wie Leute, die für diverse Post-Spielarten im Metal etwas übrig haben."
Als Fan der Hauptband kann ich sagen, dass das nicht zutrifft. Außer man kann auf die schönen atmospährischen Melodien verzichten und steht auf Growls. Beides geht für mich nicht, daher bleibe ich gespannt auf die weiteren Werke von Crippled Black Phoenix.