laut.de-Kritik

Electrofunk, Disco-Jazz und Neo-Soul: kraftvoll, krächzend, crazy.

Review von

Artists fragen selten, wie es uns geht, wenn wir ihre Musik auflegen. Die höfliche Frau Kennedy ist so ein Fall und erkundigt sich gleich im "Intro": "Hey, how are you?", und räumt ein, dass seit dem letzten Mal viel Zeit vergangenen ist, sechs Jahre seit dem Debüt. Dann wünscht sie allen eine gute Zeit mit "Second Term". Im "Outro" bedankt sie sich sogar fürs Zuhören.

Für die gute Zeit mit ihr hat sie housigen Electrofunk mit je einer Prise R'n'B und Acid-Jazz im Gepäck sowie knallenden Dancefloor-Funk mit Hip Hop-Einlage ("Be Your Lucky Number ft. Peter Gunz") und zweckdienlichen Gettin-in-the-mood-Lyrics bzw. Abzählreimen. Außerdem gibts ruhig Pulsierendes ("Runway, Gate, Taxi"), einen Remix ("Let's Party (Lex Sadler Remix)"), Abwechslungsreiches von sanft bis tanzbar, Funk-Glamrock ("After All These Lies") und Disco-Jazz ("Everyday Thank You").

In ihrer Gesamtheit eignet sich die Platte für Fans der Brand New Heavies (siehe "Best Is Yet To Come"), zumal die Administration den Akkordwechseln und rhythmischen Breaks der Heavies nahekommt, derweil die reizvoll kratzigen Kieks- und Krächz-Momente in Kennedys Stimme gut zu dieser Dynamik passen. Der rhythmische Dreh mancher Tracks, zum Beispiel "Addicted 2 Addictions", sollte auch dem Jamiroquai-Publikum gefallen.

Das ruhige "Butterfly in Chains ft. Keyon Harrold" mit schmalzig geblasener Trompete und Streicher-Sektion fällt dagegen etwas aus dem Rahmen. Blechbläser Keyon Harold stammt aus der Band von Gregory Porter. Mit beiden wiederum arbeitet Kennedy-Keyboarder und Produzent Ondre regelmäßig zusammen. Dieser sehr weiche Jazz-Ausflug besticht durch den Kontrast einer betont rauen Art zu singen und der anschmiegsamen Instrumentierung. Dabei borgt sich der Song ein bisschen etwas vom Neo-Soul Celestes aus.

Im Unterschied zum ersten Album von 2017 fehlen diesmal aber die richtig starken Songs mit eleganter Jazz-Aura und Pop-Melodien. Am besten gelingt das sehnsüchtige "Tuesday Feelings". Die Bandbreite ist jetzt größer, und "Second Term" zeichnet sich durch die witzig übersprudelnde Präsenz von Latoya Kennedy und ihren Skits aus: Von der Flug-Durchsage ("Announcement (Interlude)") bis Essensbestellung ("K&A Burgers (Interlude)") und energiegeladenen Konzertansagen ("Batumi (Interlude)", "Groove (Interlude)") bilden die Sequenzen den roten Faden.

Über dieser Platte hängt keinerlei (Post-)Pandemie-Trauerflor, Kennedy punktet mit Elan und Humor. Manchmal wirkt sie funky ausgeflippt wie Bootsy Collins, hört man die steilen Basketball-Beats und den kratzigen Kreischgesang in "Addicted 2 Addictions".

Auch auf visueller Ebene bevorzugt es die New Yorker Gruppe quirlig. Der Clip zu "Runway, Gate, Taxi" verwebt reales Bewegtbild mit der Sängerin auf Monitoren in schrägen Blickwinkeln und teils schwarz-weiß, mit Zeichentrick in leuchtenden Farben und in kleiner Schrift durchs Bild ziehenden Lyrics, Grafik-Effekten und optischen Tricks. Schaut bunt und lebhaft aus - ein gelungener Hybrid aus verschiedenen Musikvideo-Techniken.

Die Administration sind im Kern der 39-jährige Tscheche Ondřej Pivec, und Kennedy, 35, die aus Detroit stammt. Man traf sich in der Bronx. Wechselnde Bassisten und Drummer aus dem Fusionjazz- und Urban-R'n'B-Umfeld stoßen hinzu. Die Platte gibt aber leider nicht die prickelnde Intensität wieder, die die Band live ausmacht. Speziell dem mitreißenden "Addicted 2 Addictions" sollte aber jeder Offbeat-Fan eine Chance geben!

Manche Stücke dienen hingegen kaum mehr denn als Aufwärmübung für die anderen Tracks auf dem Album, für sich alleine funktionieren sie nicht so recht. Was auf "Second Term" dennoch sehr gut rüberkommt, sind die extrem präsente Personality der Vokalistin sowie die hohe Elastizität der Bubble-Grooves.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Be Your Lucky Number ft. Peter Gunz
  3. 3. Berlin (Interlude)
  4. 4. Addicted 2 Addictions
  5. 5. Announcement (Interlude)
  6. 6. Runway, Gate, Taxi
  7. 7. Groove (Interlude)
  8. 8. Butterfly In Chains ft. Keyon Harrold
  9. 9. Best Is Yet To Come
  10. 10. Tuesday Feelings
  11. 11. K&A Burgers (Interlude)
  12. 12. After All These Lies
  13. 13. Everyday Thank You
  14. 14. Batumi (Interlude)
  15. 15. Let's Party (Lex Sadler Remix)
  16. 16. Outro

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