laut.de-Kritik
Mit dem Wolf tanzt du zu Roots-Rock.
Review von Ulf KubankeLeute, ihr habt euch nicht verlesen. Es handelt sich bei diesem Werk tatsächlich um das Debüt-Album des Wolftänzers. Wer nun glaubt, das sei mal wieder so eine egozentrische Möchtegern-Schallplatte eines gelangweilten Filmstars, der irrt.
Costner hat sich sein Leben lang mit Musik beschäftigt und startete bereits in den frühen 80ern eine semi-professionelle Laufbahn in einer mit Freunden gegründeten Rockband. Zu Beginn seiner Hollywoodkarriere legte er die Band aus Zeitgründen auf Eis. Gemeinsam mit seinem alten Kumpel und damaligen Mitstreiter John Coinman hat sich der Schauspieler nach mehr als zwei Jahrzehnten nun aufgerafft, Songs geschrieben und mit einem halben Dutzend weiterer Kumpel eingespielt.
Das Ergebnis "Untold Truths" malt ein akustisches Bild, auf dem sich Licht und Schatten die Waage halten. Stilistisch bestehen die zwölf Tracks ausnahmslos aus US-typischem Midwestern Roots-Rock mit einem folkigen Country-Einschlag. Diese Musik ist seit frühester Kindheit die Passion des Schauspielers. Den Enthusiasmus und Spaß am rocken hört man der Truppe in jeder Sekunde des Albums an.
Die Lieder sind überwiegend im Midtempo gehalten. Costners recht hohe, leicht rauchige Sandpapierstimme klingt ideal für dieses Genre. Sein Gesang kommt in den härteren Passagen energisch fordernd, an den ruhigen Stellen warm und leidenschaftlich rüber. Die Arrangements geraten allesamt recht traditionell aber glücklicherweise nicht eintönig. Mal rockt es etwas schleppend wie eine Light-Version von Neil Youngs Crazy Horse. Dann wieder straight forward in der Art schnellerer Tom Petty-Tracks. Zwischendurch mischt die charismatische Country-Violine Bobby Yangs alles folkig auf.
Dennoch überzeugt der Erstling nicht über die komplette Distanz. Songs wie z.B. "Leland Iowa" oder "Gotta Get Away" sind dermaßen durchschnittlich geraten, dass die Melodien entweder gar nicht erst im Ohr bleiben oder den Hörer schon beim zweiten Durchgang eher langweilen.
Der Funke springt einfach nicht über. Solcherlei Schlichtheit sollte bei einem Mann, der alle zeitlichen und finanziellen Mittel für eine vernünftige Qualitätskontrolle hat, doch zwingend durchs Raster fallen. Andererseits ist das Gros der Lieder eben auch nicht schlechter, als alles, was Genrekollegen wie Petty oder John Mellencamp in den letzten 20 Jahren verzapft haben.
Der herausragende Hit des Silberlings ist sicherlich das engagiert wütende "5 Minutes From America". Hier rechnet Costner mit dem totalen Versagen der U.S.-Administration bei der Überschwemmung von New Orleans ab. I'm just 5 minutes from America. I see it very clear. Just 5 minutes from America. But I can't get there from here. Ansonsten sind die Texte so staubig wie die Highways im Mittleren Westen.
Es wehen die Haare im Wind, das Chrom blitzt; Einsamkeit und Sehnsucht nach der Liebsten treiben den Asphaltcowboy an, auf der Suche nach einem erfüllten Leben. Das mag für Europäer kitschig wirken, ist aber authentisch geschrieben und tief verwurzelter Teil der amerikanischen Kultur. Auch wenn der Wolftänzer den Stein der Musikweisen sicherlich nie findet, macht dieser gesellig frühlingsbeschwingte Folkrock beim Bierchen nebenbei doch Spaß.
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