laut.de-Biographie
Kid Kopphausen
Mit Ex-Fink-Sänger Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen schließen sich zwei der eigenwilligsten deutschen Singer/Songwriter, zwei wahrhafte Originale zusammen. Oder, um es in Gisberts Worten zu sagen: "zwei ziemlich kauzige Schreiber". Doch die Fusion gestaltet sich erfolgreich. 2012 präsentierten die beiden Liedermacher ihr gemeinsames Baby: Kid Kopphausen.
"Aus meiner Sicht ist Nils' Musik im deutschsprachigen Bereich total speziell, weil er mit diesen geilen, dreckigen Sounds experimentiert, die ich einfach sehr mag", erklärt Gisbert im ausführlichen Kid Kopphausen-EPK-Interview - und vergleicht seinen Mitstreiter mit Tom Waits, "der eigentlich recht klassische Songs schreibt, diese aber so seltsam arrangiert, dass sie total interessant werden." Auch von Koppruchs metaphorischen, "filmischen" Texten schwärmt der gebürtige Rheingauer.
Im selben Interview beschreibt auch Nils, wie er sich von Anfang an zu Gisberts musikalischem Schaffen hingezogen fühlte. "Es gibt in der deutschen Songwriter-Szene nicht viele Sachen, die mich berühren. Aber seine Musik hat mich sofort berührt." Das könne nur daran liegen, dass er darin Ähnlichkeiten zu ihm selbst erkenne, es aber trotzdem geheimnisvoll bleibe. "Im Sinne von: Der kann da noch was, was ich gar nicht kann."
Als Konsequenz nimmt er den Nachwuchskünstler 2007 mit auf seine Solotournee. Beide Künstler haben zu dem Zeitpunkt eine Art Neuanfang hinter sich: Nils löste nach zehn Jahren seine Band Fink auf und veröffentlichte gerade sein Solodebüt "Den Teufel Tun". Gisbert legte währenddessen sein in Nimwegen angetretenes Studium auf Eis, um vorübergehend in Hamburg zu jobben und mehr Musik zu machen.
2010 tourt zu Knyphausen - längst etabliert - mit seiner Band und dem Erfolgsalbum "Hurra! Hurra! So Nicht!" durch Deutschland und revanchiert sich bei Koppruch, indem er ihn als Support einlädt. Die beiden lernen sich besser kennen und entwickeln sich schon bald zum Songwriter-Duo.
Für einen Sampler zugunsten der Hamburger Obdachlosenzeitung Hinz&Kunzt entsteht das erste gemeinsame Stück "Knochen Und Fleisch". Der Entschluss, ein gemeinsames Album aufzunehmen, folgt noch auf derselben Tournee in einem Wiener Hotelzimmer.
Die Frage, ob zwei derart gestandene und eigenwillige Künstler wirklich harmonieren, stellt sich natürlich als allererstes. "Wir haben uns erst mal zusammengesetzt und geguckt, wie die Ideen sprudeln", reflektiert Gisbert einige Zeit später im laut.de-Interview. Gleich nach der ersten Session habe er aber nie mehr daran gezweifelt, dass die Zusammenarbeit zwischen Nils und ihm reibungslos funktioniere. So passen die zwei Musiker ihre Zeit- und Zukunftspläne zunächst dem gemeinsamen Ziel an und machen sich ans Schreiben.
Der Pressetext kündigt Kid Kopphausen, "um das gleich mal klarzustellen", ausdrücklich als Band an. "Kein Projekt, kein Experiment, sondern ein merkwürdiges Viech, ein rätselhafter Haufen." Dass sich dieses Statement weniger auf die Lebensdauer der musikalischen Liaison bezieht, stellt Gisbert entschieden klar. Viel mehr wolle man damit betonen, dass sich hinter den zwei Songwriter-Köpfen auch noch drei "Multiinstrumentalisten und Genies" verbergen: Alexander Jezdinsky (Schlagzeug), Marcus Schneider (Gitarren) und Felix Weigt (Kontrabass, E-Bass). Eine vollwertige Band eben.
Im April 2012 schließen sich die fünf Musiker mit Produzent Swen Meyer im Wattnsound Studio im nordfriesischen Emmelsbüll bei Husum ein. Nach intensiven zwei Wochen stehen 15 Songs, von denen es 13 aufs Debütalbum schaffen. Das schlicht betitelte "I" erscheint Ende August über das kleine Hamburger Plattenlabel Trocadero (Olli Schulz, Ulrich Tukur, Pascal Finkenauer). Im Herbst spielt der Fünfer zahlreiche Dates im deutschsprachigen Raum.
Aus Gisberts Sicht haben Kid Kopphausen das Wichtigste schon erreicht: "Das Ziel war, eine Platte zu machen, auf die wir beide stolz sein können - und Spaß daran zu haben. Das haben wir geschafft. Was jetzt alles noch kommt, sind nur die Zugaben."
Doch leider kommt alles ganz anders. Am 10. Oktober verstirbt Koppruch völlig unerwartet im Alter von 47 Jahren. Zwei Wochen später sollte die gemeinsame Tournee in Magdeburg beginnen. Die deutsche Musikszene verliert mit Koppruch einen begabten wie eigenwilligen Texter und Komponisten.
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