laut.de-Kritik

Euphorie und Zweifel? Nur zu verständlich.

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"All songs written, performed, recorded, mixed and mastered by Lenny Wolf": nach vierjähriger Full-Length-Neuware-Abstinenz bewirbt sich das Kingdom Come-Oberhaupt mit "Outlier" abermals für den Titel des musikalischen Multitasking-Heavyweight-Champion-of-the-World:

"Insgesamt eineinhalb Jahre Kampf und Wahnsinn liegen hinter mir. Eine Zeit, in der ich durch die üblichen Wechselbäder aus Euphorie und Zweifel gegangen bin", beschreibt der Alleinunterhalter die Entstehung des Albums. Auch wenn sich das komplette Werk erst nach mehreren Durchläufen erschließt, so nickt man bereits während der ersten Hörprobe zustimmend mit dem Kopf.

Euphorie und Zweifel? Nur zu verständlich. Während treibende Hardrock-Nummern wie "Let The Silence Talk" und "The Trap Is Alive" mit hölzernem Charme beeindrucken, sorgen experimentelle Industrial-Ausflüge à la "Rough Ride Rallye" oder "When Colors Break The Grey" beim Hörer eher für heruntergezogene Mundwinkel.

Der Drang, bei erwähnten Stücken möglichst hurtig die Skip-Taste zu drücken, liegt aber weniger am grundsätzlichen Versuch des Verantwortlichen, über den Tellerrand zu blicken, sondern vielmehr an der doch arg zwiespältigen Umsetzung des Ganzen. So flirren permanent erschreckend gehaltlose The Dome-Synthies umher, während Lennys melancholisches Glenn Hughes-Tribute-Organ krampfhaft versucht, sich mit überschärften Distortion-Sounds zu vereinen. Muss nicht sein.

Weitaus besser funktionieren atmosphärische Balance-Reisen zwischen Vergangenheit und Gegenwart ("God Does Not Sing Our Song", "Such A Shame"). Hier begegnen sich kernige Altlasten und moderne Schnappschüsse zur musikalischen Vermählung. Zwar trifft der schluchzende Barde in punkto Eingängigkeit nur selten ins Schwarze, doch stimmt hier wenigstens das Gesamtpaket.

Mit der obligatorischen Led Zeppelin-Verneigung "Skip The Cover And Feel" präsentiert sich letztlich der einzige Song des Albums, auf dem Lenny Wolf so ziemlich alles richtig macht. So halten sich Licht und Schatten die Waage - wobei die Glanzlichter des Albums des Öfteren lediglich im Energiespar-Modus flackern.

Trackliste

  1. 1. God Does Not Sing Our Song
  2. 2. Running High Distortion
  3. 3. Rough Ride Rallye
  4. 4. Let The Silence Talk
  5. 5. Holy Curtain
  6. 6. The Trap Is Alive
  7. 7. Skip The Cover And Feel
  8. 8. Don't Want You To Wait
  9. 9. Such A Shame
  10. 10. When Colors Break The Grey

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