laut.de-Kritik

Misslungenes Dubstep-Experiment alternder Rockstars.

Review von

Mit "Korn III: Remember Who You Are" besannen sich Korn noch auf ihre Wurzeln, nun kündigten sie das größte Experiment ihrer Karriere an: ein Dubstep-Album. Alles begann damit, dass die Nu Metal-Vorreiter sich mit dem erfolgreichen Produzenten Skrillex zusammenrauften und den Song "Get Up!" veröffentlichten. Auf den kommerziellen Erfolg der Single hin fackelte man nicht lange, holte sich einen Haufen junger Elektro-Produzenten ins Boot und weitete die gewagte Symbiose auf Albumlänge aus.

Mit "Get Up!" spielen Korn trotz neuartigem Soundgewand all ihre Stärken aus und kombinieren zurückhaltende Strophen mit blanker Aggression und einer großartigen Refrainmelodie. Auch das eingängige "Narcissistic Cannibal" weckte als zweite Vorabsingle leise Hoffnungen, dass den alternden Rockstars mit ihrem Dubstep-Experiment endlich der Befreiungsschlag gelingt. Doch fast alle anderen Tracks klingen ideenlos, langweilig und ersetzbar.

Jonathan Davis' überragendes Emotions- und Tonspektrum versinkt als viel zu leise abgemischtes Element im Getümmel, Fieldys einmaliges Slapbass-Spiel entdeckt man nur an manchen Ecken ("Let's Go", "Get Up!"). Auch die sonst so vielseitigen Rhythmen des versierten Drummers Ray Luzier weichen gezwungenermaßen den simplen, mit Triggern eingespielten Elektro-Beats. Dass Munkys ohnehin mittelmäßige Riffs meistens im Ministry-artigen Industrial-Brei untergehen, stört hier noch am wenigsten.

Aller Nostalgie zum Trotz könnte man all diese Übel zumindest für ein Album verkraften, würde die Band sie mit packenden Songs kompensieren. Schließlich knallt das experimentelle Metal-Dubstep-Gemisch auf seine eigene Art und Weise auch ganz ordentlich wie etwa bei "Bleeding Out".

Tatsächlich hätte mit "The Path Of Totality" ein spannendes Album entstehen können - hätten die drei in die Jahre gekommenen Metaller aus Bakersfield und ihr Drummer Ray Luzier beim Songwriting doch nur ein paar zündende Ideen gehabt.

Doch was die Kalifornier auf ihrem zehnten Studioalbum abliefern, wirkt sowohl in Sachen Riffing als auch melodiös über weite Strecken vollkommen uninspiriert. Neben den beiden Vorabsingles "Narcissistic Cannibal" und "Get Up!" heben sich lediglich der Opener "Chaos Lives In Everything" mit Korn-typisch epischem Chorus und "Kill Mercy Within" mit extravagantem Riff vom einfallslosen bis anstrengenden Rest ab.

Dass Jonathan Davis' Spannweite auch Death Metal-Vocals umfasst, bewies er bereits 2003 auf "Take A Look In The Mirror". Schon damals wirkten derartige Ausbrüche gezwungen brutal, fügten sich aber recht gut in den ohnehin etwas übermotivierten Härtegrad ein. In Kombination mit den verzerrten Synthesizern wirken seine Ausflüge ins brachiale Gebrüll ("My Wall", "Way Too Far") dagegen komplett deplatziert.

Im Vergleich zum letzten Release scheinen dem Sänger die emotionalen Impulse komplett abhanden gekommen. Wut, Trauer, Zerbrechlichkeit und Aggression spornten den Frontmann einst zu gesanglichen Höchstleistungen an, von all diesen Gefühlslagen spürt man beim heute 40-Jährigen nur noch vereinzelte Überreste.

Schon mit "See You On The Other Side" (2005) und dem unbetitelten Studioalbum von 2007 mussten die puristischen Fans erster Stunde manch drastische klangliche Veränderung in Kauf nehmen. Der Sound des vorliegenden Albums jedoch schlägt vielen Korn-Anhängern um einiges härter ins Gesicht.

"The Path Of Totality" markiert das vierte Studioalbum, seit Gründungsgitarrist Brian "Head" Welch vor sechs Jahren aus dem Drogensumpf zum nüchternen Hardcore-Christen aufstieg und seinen Austritt aus der Band verkündete. Nach drei mittelmäßigen Alben mit diversen Hoch- und Tiefpunkten enttäuschen Korn mit ihrem Dubstep-Experiment auf beinahe ganzer Linie. Langsam aber sicher drängt sich der Eindruck auf, die von beiden Seiten immer wieder ins Gespräch gebrachte Wiedervereinigung sei die einzige und letzte Chance, endlich wieder ein starkes Album mit überzeugendem Song-Material aufzunehmen.

Trackliste

  1. 1. Chaos Lives In Everything
  2. 2. Kill Mercy Within
  3. 3. My Wall
  4. 4. Narcissistic Cannibal
  5. 5. Illuminati
  6. 6. Burn The Obedient
  7. 7. Sanctuary
  8. 8. Let's Go
  9. 9. Get Up!
  10. 10. Way Too Far
  11. 11. Bleeding Out

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Korn

Im Alternative-Bereich haben Korn fett zugeschlagen: Steiler Karriereschub, von der Highschool direkt in die Billboards. Zurecht: Im Dschungel der Crossover- …

54 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 12 Jahren

    Hab grad den Stream gehört ... bis auf "Get Up!" ziemlich langweilig.

    Ich würd sagen gerade noch 2/5

  • Vor 12 Jahren

    Lieber Simon,

    mache erst einmal Deine Hausaufgaben, bevor Du falsche Sachen schreibst. "Untitled" ist von 2007. Nur mal so nebenbei....

    Natürlich sind Kritiken immer subjektiv, so auch diese.

    Dass Du schreibst, dass die Lieder des Albums "ideenlos, langweilig und ersetzbar." seien, zeigt entweder Deine mangelnde Ahnung über Musik, Deine mangelnde Fähigkeit "offen" gegenüber Neuem zu sein oder aber dass Du eine gewisse Antipathie gegenüber Korn im Allgemeinen hegst.

    Dass Korn mit diesem Album das Fanlager spalten werden ist klar, aber gerade dass sie darauf pfeifen und ihre Musik mit neuen Einflüssen weiterentwickeln zeigt doch gerade Kreativität und ist alles andere als "uninspiriert".

    Darüber hinaus ist Deine These, dass dieses Album nur aufgrund des kommerziellen Erfolgs von "Get Up" gemacht wurde völliger Blödsinn. Die Jungs fühlten sich vom dubstep inspiriert und haben meiner Meinung nach ein super frisches und experimentelles Werk geschaffen.

  • Vor 12 Jahren

    Yeah, Album des Jahres !!!
    Ich weiß garnicht was der Simon hat das Ding ist doch toll. :D