19. Januar 2017

"Die Kleidung stinkt immer noch"

Interview geführt von

Die bayerische Alpen-Jazz-Techno-Band LaBrassBanda veröffentlicht am 24. Februar ihr viertes Album "Around The World".

Noch bevor ihr neues Album "Around The World" erscheint, gehen LaBraddBanda auf eine ausgiebige Welttournee von Honululu bis Tokio. Viele Gigs sollen spontan stattfinden. Das passt zu der Band, die stets versucht, die Dinge etwas anders als gewöhnlich anzugehen. Wie Daft Punk sie beeinflusst haben, was sie von der Welttour erwarten und was das bayerische Lebensgefühl für sie bedeutet, erzählt die Band im Geplauder am Telefon.

Die erste Single aus dem kommenden Album heißt "Indian Explosion (Bauwagen)" und lässt sich wohl als Vorgeschmack auf eure Welttour verstehen. Steht das ganze Album "Around The World" unter diesem Zeichen?

Auf alle Fälle. Die Welttournee ist für uns natürlich ein Ziel der letzten zehn Jahre, auf das wir hingearbeitet haben. Jede Band, die Touren und Konzerte außerhalb von Deutschland spielen darf, möchte irgendwann mal eine Welttour machen. Und so ist es bei uns auch. Die Lieder sind angelehnt an das ganze internationale Ding und wir freuen uns schon riesig.

Ist der Titel eine Anspielung auf den Song von Daft Punk? Der Track "Frankreich" auf dem Album "Europa" geht ja auch in diese musikalische Richtung, und gecovert habt ihr den ja auch schon.

Ganz richtig. Wir haben auch schon versucht "Around The World" auf die Platte "Europa" zu bringen. Das hat damals nicht so hingehauen, aber wie gesagt, ist das eine super Live-Nummer von uns, die wir eigentlich seit Anbeginn spielen. Das ist so ziemlich eine unserer ersten Coverversionen, und klar hat das miteinander zu tun. Den Song haben wir damals schon als so unglaublich bunt und lustig empfunden, auch das Video und so weiter hat uns alle sehr geprägt.

Hat euch "Around The World" auch musikalisch beeinflusst? Man bezeichnet eure Musik ja auch als 'Alpen-Jazz-Techno'.

Ja, sicher hat uns das musikalisch beeinflusst. Anfangs haben wir oft nur in Clubs gespielt und Dance- und Techno-Nummern nachgespielt oder den DJ begleitet. Deswegen ist das sicher eine von den wichtigen Inspirationen. Und gerade der Track lässt sich da super umsetzen mit Tuba, Posaune und Trompeten.

Was war euch bei dem neuen Album besonders wichtig? Gibt es besondere Unterschiede zu den Vorgängern? In der Entstehung oder auch musikalisch?

Wir machen alle drei oder vier Jahre ein neues Album. Und man lässt sich da schon sehr viel Zeit, weil es einfach was Besonderes ist. Das Publikum, das uns auf den Konzerten hört, möchte nicht, dass man einfach so zwischendrin ein Album herausbringt, sondern die erwarten auch, dass man sich da wirklich Gedanken macht und mal ein Jahr Pause einlegt, um sich reinzuhängen. Deswegen ist das Album für uns jetzt schon sehr besonders. Wir haben zehnjähriges Jubiläum, und das ist erst unser viertes richtiges Album. Das ist jetzt schon so ein kleines Baby, das auf die Welt kommt und für uns musikalisch was ganz Besonderes.

Aber musikalisch geht es nicht in eine andere Richtung, ihr bleibt also eurem Stil treu?

Wir persönlich würden sagen ja, aber unser musikalischer Stil ist glaube ich sehr vielfältig. Von der Polka-Nummer über französische Weltmusik bis hin zu Balladen - wir probieren immer viele Sachen aus und das hört man glaube ich auch auf dem Album. Für uns selbst ist es total unser Stil, aber ich glaube, wenn es jemand hört, der uns jetzt noch nicht so gut kennt, der wird schon sagen 'warum macht ihr so viele verschiedene Musikstile?'. Hast du das Album schon gehört oder kennst du bisher nur die Single?

Ich habe bis jetzt nur die Single gehört. Ich konnte da mehr Rap-Parts als bisher feststellen ...

Ja das war bei der Single so, weil uns das total interessiert. Uns ist schon bewusst, dass wir nicht die besten Rapper sind, aber nur 'Lalala' singen macht halt auch nicht so Spaß.

"Wir lassen uns nicht vereinnahmen."

Ihr habt ja mal eine Tour auf Mopeds und Traktor bestritten. Wie läuft das bei der kommenden Welttour? Habt ihr da ein eigenes Flugzeug?

Wir haben es tatsächlich mit einem eigenen Flugzeug versucht, aber das hat dann nicht so hingehauen. Da ist man als Musiker oft ein bisschen blauäugig und stellt sich das so schön vor. Da hätten wir wahrscheinlich vor zehn Jahren anfangen müssen zu planen, dann hätten wir das mit einem eigenen Flugzeug geschafft. Jetzt haben wir Around-the-world-Tickets gekauft und fliegen damit zu dreizehn Stationen auf dem ganzen Globus. Vor Ort gibt es dann vielleicht einen Bulldogg, der uns zum Konzert bringt ... keine Ahnung.

Ihr habt noch keine festen Locations, an denen ihr spielt? Seit ihr nervös, dass da etwas schief gehen könnte, wenn ihr spontan auftreten wollt?

Das steht natürlich alles schon fest, wird aber geheim gehalten (lacht). Nein, wir haben das bewusst ein bisschen offen gehalten. Es gibt vereinzelt schon Stationen, an denen wir etwas ausgemacht haben und die fix als Anker stehen, aber dazwischen haben wir uns bewusst ein bisschen Freiraum gelassen, damit auf der Tour auch was spontan passieren kann. Das passt zu uns auch super und ist uns am liebsten. Für uns ist die Tour ein Erlebnis und das wollen wir auch genießen. Wenn es vor Ort Sinn macht, am Strand zu spielen und dort mit den Leuten eine Gaudi zu haben, dann ist das viel cooler, als wenn der Gig im Industriegebiet ausgemacht, dann aber keiner im Club ist.

Freut ihr euch auf einen Ort besonders?

Also am Tag davor ist in Truchtlingen der Abschied. Das wird sicher schon mal ganz spannend. Das ist der letzte Platz von daheim, den wir für sechs Wochen sehen. Das ist schon mal cool. Was das Geilste auf der Tour wird, kann man jetzt noch nicht genau sagen. Oft wird es dann ja auch anders, als man denkt.

Ihr wollt das bayerische Lebensgefühl in die Welt tragen. Reist ihr mit einer Ladung Bier und Weißwürsten um die Welt oder was bedeutet das bayerische Lebensgefühl für euch?

Unser bayerisches Lebensgefühl definieren wir eigentlich nur über die Musik. Also nicht so typisch Weißwürste und Blasmusik, sondern Techno, aber auch melancholische Momente. Das ist unser bayerisches Lebensgefühl und das möchten wir wirklich in die Welt hinaustragen. Im Idealfall wollen wir von der Welt auch etwas lernen und die Gefühle, die wir da bekommen und die Sachen die wir mitbekommen wieder nach Bayern hereintragen. Aber das hat glaube ich nichts mit typischen Klischees zu tun. Genau so wenig, wie Bayern nur von den typischen Klischees lebt, leben die Länder, in die wir fahren, auch nicht nur von ihren Klischees. Wenn man hinter den Vorhang schaut, dann wird's erst wirklich spannend.

Der Begriff 'Heimat' taucht bei euch auch immer wieder auf. Den kann man ja im Moment durchaus kritisch sehen. Wie steht ihr dazu bzw. was ist Heimat für euch?

Dass Heimat für uns ein großer Begriff ist, wird eigentlich immer nur von der Journalistenseite an uns herangetragen. Klar, die Frage liegt irgendwie nahe, wenn man mit Lederhosen auf die Bühne geht und auch irgendwie für Bayern steht, einfach dadurch, wo man herkommt und durch die Musik, die man macht. Aber eigentlich ist das 0,0 ein politisches Statement. Es geht schon auch irgendwie um eine Herkunft, die man hat, aber Heimat kann bei uns überall stattfinden. Man kann ein Heimatgefühl auch in Ho-Chi-Minh-Stadt oder in Wellington entwickeln, wenn die richtigen Leute um einen herum sind, wenn das mit der Musik hinhaut und man so freundlich und nett aufgenommen wird, wie wir uns das vorstellen.

Ihr seht euch also als unpolitisch. Kommt es dennoch vor, dass eure Musik für politische Zwecke genutzt wird, hinter denen ihr nicht steht?

Es hat von uns noch nie irgendjemand das Wort Heimat in den Mund genommen. Ich weiß nicht, woher das kommt. Von unserer Seite wird damit nicht hausiert. Ich verstehe deshalb auch nicht, was das mit der AfD zu tun haben soll. Wir wollen eigentlich gerade zeigen, dass es uns interessiert, aus Bayern herauszuschauen und dann eben auch die Sachen, die wir da mitnehmen, wieder nach Bayern reinzutragen. Ich glaube, wir stehen für ein sehr weltoffenes Bild und wenn jemand versucht uns zu vereinnahmen, dann sträuben wir uns dagegen. Egal von welcher Seite das kommt.

Wie möchtet ihr eure Erlebnisse wieder nach Bayern reintragen?

Also im Idealfall passiert das ja ganz automatisch. Wir waren in Russland und in Afrika und mit der Band und der Musik passiert das ganz automatisch. Das kann man auch nicht planen und das ist nachher wahrscheinlich auch nicht greifbar. Wenn man so Sachen erlebt und die ganzen Erlebnisse wieder in die Musik fließen lässt, dann entwickelt sich die ganze Band und das komplette Repertoire weiter. Und das ist eben das nicht Greifbare und nicht Erklärbare, aber genau wegen diesem Geheimnis macht man so eine Reise.

"Die Kleidung stinkt immer noch."

Ihr feiert im nächsten Jahr euer zehnjähriges Bestehen. Was war der denkwürdigste Moment in dieser Zeit?

Ich glaube, da hat jeder in der Band seinen eigenen Moment. Das erste Mal in der Olympiahalle ist noch ganz gut in Erinnerung. Das war damals schon ein richtig krasses Erlebnis. Weil das das erste Mal war, dass so eine Masse von Menschen zu einem Konzert von uns gekommen ist und man das erste Mal realisiert hat, dass das eine krasse Geschichte ist. Wir haben damals drei Stunden gespielt und waren hardcore auf Adrenalin. Das ist schon noch gut in Erinnerung.

Das Album "Kiah Royal" habt ihr in einem Kuhstall aufgenommen. Sind in Zukunft noch weitere solcher Aktionen geplant?

Das ist uns auch immer noch gut in Erinnerung. Die Kleidung stinkt immer noch. Ich glaube, das ist auch so ein Ding, das uns ein bisschen abhebt oder auszeichnet. Wir versuchen, immer einen Weg zu gehen, der vielleicht nicht so der geradlinigste, normalste ist. Mit den Kühen haben wir etwas Spezielles gesucht. Keine Ahnung, ob das nächste Album, wenn es wieder ein Unplugged-Album werden sollte, vor irgendwelchen anderen Viechern sein wird. Ich glaube wiederholen sollte man sich auch nicht zu oft, aber wir werden uns sicher etwas einfallen lassen.

So, letzte Frage: Chiemseer oder Tegernseer?

Mhm ... also weder noch.

Sondern?

Was ist denn dein Favorit?

Augustiner würde ich mal sagen.

Ja, da sind wir auch dabei.

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