laut.de-Kritik
Geschepper und viel Action machen noch keine Dramaturgie.
Review von Philipp KauseDie Nacht hat ihre eigene Energie. Lacuna Coil zeichnen das Dunkle keineswegs einseitig: Nicht nur apokalyptische Stimmungen interessieren, sondern die Zeitlosigkeit der Nacht. Nicht wenigen ist die dunkle Seite des Lebens die essentiellere, denn man ist dem "never ending universe" viel näher als am Tage.
"Anima Nera" pulsiert zu beginn lautmalerisch elektronisch. Melodiöse Klavieranschläge bauen eine ruhige Ambient-Atmosphäre auf. In diese platzt "Sword Of Anger", das "Schwert des Zorns".
Wie nicht anders zu erwarten, kracht der am Thrash Metal orientierte Track mit dem heiseren Geschrei Andrea Ferros enthemmt los. Sängerin Cristina Scabbia hat ebenfalls ihren Auftritt. Inhaltlich geht es darum, sich frei zu machen, dabei aber niemals den eigenen Weg zu verlassen. Dank einer höheren Macht sind wir dabei auch niemals alleine.
"Reckless" klingt amerikanisch, nach Alternative-Metal, und lässt die Saiten glühen. Die Single "Layers Of Time" fällt mit ihrem hohen Tempo etwas aus dem Rahmen, hat aber mit am meisten Biss. Der Hymnencharakter des Songs dürfte sich live auszahlen. Im Mittelteil bekommt die Nummer noch eine Symphonic-Schlagseite.
Knochenhart und trocken führt "Now Or Never" in den Strophen auf den symphonisch melodiösen Refrain hin. Ziemlich depressiv und zugleich majestätisch wirkt der Albumhöhepunkt "The End Is All I Can See". Vorm Verrücktwerden will sie beschützt werden, so Cristina. Zuweilen denkt man an Tiamat.
Starke Momente gibt es auch in "Apocalypse", wenn Lacuna Coil die Revolution ausrufen oder mit einem Hammergitarren-Solo "celebrate your life" fordern. Das pathetische "Save Me" sowie die Bonustracks, das sakrale "Black Feathers", das elegische "Through The Flames" und das zutiefst hymnische "Black Dried Up Heart", sind ebenfalls auf der Habenseite.
Gleichwohl schwächen einige zu arg nach Genrestandard gestrickte Songs die beabsichtigte Gesamtwirkung als Konzeptalbum. Geschepper und viel Action machen noch keine Dramaturgie. Den Gothic-Ansatz der mitunter wenig tröstlichen Texte konterkarieren Lacuna Coil derweil recht clever mit dem vorwärts stürmenden Sound. Einen gefühlvollen und energetischen Eindruck hinterlässt die Platte auf jeden Fall.
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