laut.de-Kritik

Der Sänger der populärsten Oasis-Coverband bedient die Massen.

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In der Nacht vom Nacht vom 28. auf den 29. August 2009 zerfielen Oasis in zwei Teile: in den kreativen und den, der die Vergangenheit weiter glorifiziert und aufrecht erhält. Sehr zum Leidwesen der Besucher des Konstanzer Festivals "Rock am See", auf dem sie einen Tag später spielen sollten. Das auf die Gallaghers wartende Publikum bekam stattdessen Deep Purple vor die Nase gesetzt. (Während ein Teil der laut.de-Redaktion bei der Erinnerung daran noch heute weint, kichert der andere gehässig vor sich hin.)

Für die Fans, die neue Songs am liebsten mögen, wenn sie wie die alten klingen, steht nach dem gefloppten Beady Eye-Projekt Liam Gallagher parat. Auch wenn er auf "C'mon You Know" vorsichtige Erweiterungen seiner Möglichkeiten suchte, bleibt er das Gesicht für die Nostalgiker.

Derweil versucht sich Brüderlein Noel mit seinen High Flying Birds verspielt an allerlei kreativen Schabernack, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Fordert Liam immer mal wieder ein Comeback der alten Band, bedeutete dies für Noel nichts weiter als einen künstlerischen Rückschritt. Nun können alle selbst entscheiden, wem sie lieber folgen möchten. (Es ist gut, so wie es ist.)

Nur logisch, dass es den ehemaligen Oasis-Sänger also im Jahr 2022 zur Feier seines dritten UK-Number-one-Solo-Albums an den Ort des größten Triumphs seiner alten Band zurück zieht: Nach Knebworth, an den Ort, an dem Oasis 1996 am 10. und 11. August an zwei Abenden vor 250.000 Menschen spielten. Diesmal sollten es immerhin 160.000 sein. Im ewigen Wettkampf, wessen Gallagher-Penis nun größer sein mag, hat Liam zumindest live nun die Eichel vorne.

Wobei er sein Triple auf seltsame Art und Weise feiert. Aus seiner Solo-Karriere schaffen es unter die sechzehn Stücke gerade einmal sieben Songs. Neun stammen hingegen aus der Feder seines Bruders. Letztlich gibt Liam den Fans damit, wonach es ihnen verlangt. Seine eigenen Lieder werden freundlich angenommen, doch die Klassiker gefeiert. Die meisten hier kamen für nicht für "The River" oder "More Power" nach Knebworth. Als Sänger der wohl populärsten Oasis-Coverband mit neuen Songs weiß Gallagher das und bedient die Massen. Dabei wird er zur Kopie der Kopie. Was ziemlich traurig klingt.

Aber hier hat er seinen Platz gefunden. Hier fühlt er sich merklich wohl. Die Kraft, mit der er heute "Some Might Say" singt, hätte manch einem Oasis-Gig in der Vergangenheit gut gestanden. Überhaupt spürt man der Aufnahme deutlich an, wie viel ihm dieses Comeback am Ort des alten Zenits bedeutet. Seine bestens aufgelegte Band verleiht sämtlichen Songs eine gehörige Dynamik.

Im Gegensatz zu vielen anderen Live-Aufnahmen fängt "Knebworth 22" all dies ein. Mit Schaudern blickt man auf "Familiar To Millions" zurück. Liams eigene zwei bisherigen Live-Alben "Down By The River" und das dröge "MTV Unplugged (Live At Hull City Hall)" können mit dieser Vitalität nicht mithalten.

Warum es ausgerechnet "Live Forever" nicht auf Album geschafft hat, bleibt ein Rätsel. Zum Ende gibt es das obligatorische "Champagne Supernova", und alle ziehen glücklich von dannen. (Manch eine:r mit der leisen Hoffnung, dass in 26 Jahren der andere wieder dabei ist.) Zu Hause wartet das lästige 2022 auf sie. Aber für einen glücklichen Moment war noch einmal 1996, war noch einmal "(What's the Story) Morning Glory?" und "Definitely Maybe".

Trackliste

  1. 1. Hello
  2. 2. Rock'n'Roll Star
  3. 3. Wall Of Glass
  4. 4. Shockwave
  5. 5. Everything's Electric
  6. 6. Roll It Over
  7. 7. Slide Away
  8. 8. More Power
  9. 9. C'mon You Know
  10. 10. The River
  11. 11. Once
  12. 12. Cigarettes & Alcohol
  13. 13. Some Might Say
  14. 14. Supersonic
  15. 15. Wonderwall
  16. 16. Champagne Supernova

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