Porträt

laut.de-Biographie

Liz

"Warum darf ich als Frau nicht 'Hurensohn' sagen? Warum darf ich als Frau nicht die Packs verteilen?", fragt sich Liz in einem Interview mit ihrer Promoagentur Check Your Head. Führt man sich die Nichtexistenz einer erfolgreichen weiblichen Figur in der männlich dominierten Domäne des Straßenraps vor Augen, scheinen diese Fragen mehr als berechtigt.

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Natürlich: Wieso sollte sie nicht darüber rappen dürfen, was sie tagein tagaus auf den Straßen ihrer Heimat erlernt, und dabei die gleiche asoziale, aggressive Sprache benutzen, mit der Künstler wie Haftbefehl oder Azad sich über die Jahre einen Namen machten? "Ich habe in meinem Leben schon Sachen getan, über die manche Männer noch nicht mal nachgedacht haben", heißt es im Interview weiter.

1998 im Frankfurter Ostend geboren, erlebt Liz alles andere als eine Kindheit aus dem Bilderbuch. Ihre Eltern trennen sich früh. Sie wächst bei ihrer Mutter auf, die sie schon bald mit der Musik ihrer Stadt sozialisiert. Bei Liz zu Hause laufen nicht etwa Kuschelrock oder Radiopop, sondern Moses Pelham und Azad. Aufgrund der Verhältnisse, die sie umgeben, findet sie schnellen Zugang zu den Straßengeschichten und der Tristesse, die sie beinhalten.

Die Musik bewahrt sie letzten Endes aber nicht davor, an einer auch von den schwierigen familiären Verhältnissen begünstigten Depression zu erkranken, die sie in einer Psychiatrie behandeln lässt. "Auch, wenn man das vielleicht nicht denken würde, war es eine gute Zeit", erinnert sich Liz. "Ich habe eine Therapie gemacht und viel über mich gelernt."

Frisch entlassen, fangen die Probleme für die junge Liz jedoch gerade erst an. Drogen, Einbrüche, Straßenkriminalität: Nachdem sie für einige Zeit bei ihrem Vater in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung unterkommt, werden die Straßen von Offenbach ihr neues Zuhause. "Ich habe auch in Frankfurt schon Scheiße gebaut, aber in Offenbach wurde es noch mal schlimmer", erzählt sie rückblickend.

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Wie viele, die vor ihr einen ähnlichen Weg gegangen sind, beschließt sie, diese Erlebnisse zu Papier zu bringen und sie zu vertonen. Lange braucht Liz nicht, um ihren Style zu finden. Nach etwas holprigen melodiösen Gehversuchen, nimmt sie sich schnell den Sound ihrer Kindheit als Vorbild: knallharter Straßenrap, wie man ihn sonst nur von Männern zu hören bekommt. Doch nicht nur das, Liz bringt auch eine Energie mit, gegen die einige ihre andersgeschlechtlichen Kollegen fast schon handzahm wirken.

Der unbändige Hunger, mit dem sich auf ihren ersten Singles "Intro (Bleibe Echt)" und "Mizgeburt" durch Bretter von FNSHRS und Lucry & Suena beißt, stößt die Deutschrap-Szene vor den Kopf. Die Ramo-Kollabo "Reden" setzt dann im Januar 2021 in punkto Aggressivität sogar noch einmal einen drauf.

Schnell werden Vergleiche zu Haftbefehl gezogen. Auch Friedl Achten von der Puls-Musikanalyse kommt da nicht darum herum: "Allein schon dieses Frankfurt-Offenbach-Ding erinnert mich an Haftbefehl, ohne dass sie ihn jetzt kopiert [...] Das Abgehackte, der Sprachenmix, der typisch ist für FFM." So ungern man als Newcomer:in mit bereits etablierten Künstler:innen verglichen wird, so gibt es bestimmt weniger schmeichelhafte Assoziationen als zum wohl musikalisch größten Aushängeschild der Main-Metropole.

Das Liz durchaus andere Talente in petto hat als in die gleiche Sparte zu schlagen wie der Azzlack-Babo, beweist sie mit ihrer Debüt-EP "Bleibe Echt", die im Februar 2021 erscheint. Darauf fährt sie zwar inhaltlich konsequent ihren Gangsterfilm, flirtet hier und da aber auch mit Trap-Instrumentals, etwas mehr Melodik und Autotune.

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Auffällig ist auch, wie konsequent sie mit der misogynen Rollenverteilung dieses Subgenres bricht. Männer werden geschlagen, getreten und an den Eiern gepackt. "Wenn in der Küche, dann nur am Crack kochen", rappt sie. Das macht "Bleibe Echt" auch abseits ihrer Skills und Energie hochinteressant.

Spannend wird es auch, wenn man überlegt, was die Zukunft für die Rapperin bereit halten könnte "Ich weiß, wohin die Reise geht. Für mich gibt es kein Zurück mehr", sagt sie selbstbewusst. Noch im selben Jahr soll ein Album folgen, das dann wohl auch der letzten Schlafmütze die Frage "Wer isses?" beantworten sollte: "Liz izzez!"

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