laut.de-Kritik
Inspiration wächst auch in New York nicht am Baum.
Review von Daniel StraubEr ist einer der angesagtesten DJs: der Düsseldorfer Loco Dice. Viele nennen ihn in einem Atemzug mit Ricardo Villalobos und Luciano, die ja ein geradezu messianischer Ruf umweht.
Ob Loco Dice endgültig zu diesem erlauchten Kreis gerechnet werden darf, hängt nicht zuletzt von seinem Albumdebüt als Produzent ab. "7 Dunham Place", nach einer Adresse in Brooklyn, ist der Longplayer ganz pragmatisch betitelt. Die neun Tracks erscheinen auf Loco Dice' eigenem Label Desolat.
Es ist sicher keine leichte Aufgabe gewesen, mit derart viel Vorschusslorbeeren bedacht, einen Erstling einzuspielen. Schließlich hat Dice in den vergangenen fünf Jahren eine beachtliche Karriere hingelegt. Releases auf Josh Winks Ovum Recordings, Väths Cocoon-Label, Richie Hawtins Minus-Imprint und dem Luciano-Label Cadenza hat er in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht. Darunter sind einige Perlen wie die vier Tracks der "Harissa" EP oder "Orchidee" von der Min2Max-Compilation.
Vielleicht hat sich Loco Dice deshalb entschlossen, gemeinsam mit seinem Co-Produzenten Martin Buttrich, Europa für einige Monate den Rücken zu kehren und sich in New York einzurichten. In Brooklyn unweit des East River ist "7 Dunham Place" während der zurückliegenden Wintermonate entstanden. Das mag ein Grund sein, weshalb sich das Album von Beginn an betont unprätentiös gibt und eine Zäsur zu seinen bisherigen Releases markiert.
Die Scheibe verzichtet größtenteils auf allzu barocke Detailarbeit wie er sie bei seinem Cadenza-Release beispielhaft vorgeführt hat und die "Harissa" zu einem großen Stück elektronischer Clubmusik gemacht hat. Einzig das atmosphärische "Black Truffles In The Snow" steht in dieser Traditionslinie und gehört gerade deshalb zu den besten Tracks des Albums. Selbiges gilt für "M Train To Brooklyn", mit dem Dice das Album beschließt. Die Stärke des Tracks ist seine große visuelle Energie. Davon hätte man sich mehr gewünscht.
Leider können die übrigen Tracks dieses Niveau nicht halten. Beinahe schüchtern und zaghaft sind sie angelegt, lassen im entscheidenden Moment die richtige Idee vermissen. Klar, alles sind gute Entwürfe, die mitunter auch Futter für die Tanzfläche bieten. Im Vergleich zu früheren Dice-Releases wirken sie aber roh, unfertig und manchmal gar ein wenig langweilig.
Das große Debütalbum ist "7 Dunham Place" nicht geworden. Dafür hat Loco Dice mit seinen bisherigen Releases die Messlatte zu hoch gehängt. Vielleicht war das Konzept, in einem halben Jahr in New York ein Album einzuspielen, einfach zu ambitioniert. Die Inspiration wächst eben auch im Big Apple nicht am Baum.
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