laut.de-Kritik
Allein unter Könnern.
Review von Dominik LippeEinst genügte Extremsport, um den den überzuckerten Energydrink zu bewerben. 2007 gründete der mittlerweile verstorbene Unternehmer Dietrich Mateschitz das "Red Bull Media House", um das Fernsehen und YouTube mit zweifelhaften Inhalten zu bestücken. Und auch in der Musik breitete sich der Salzburger Brauseproduzent aus. Die "Red Bull Music Arcademy" veranstaltet Workshops mit Aloe Blacc und Flying Lotus, die "Red Bull Studios" bieten A$ap Rocky und Skrillex Aufnahmemöglichkeiten, und "Red Bull Records" veröffentlicht Alben von Awolnation und Beartooth.
Nun folgt also "Red Bull Symphonic", ein genreübergreifendes Projekt, das Loredana mit einem Live-Orchester kombiniert. Das knapp 90-minütige Konzert fand unter der Leitung von Lillo Scrimali Ende November im Kultur- und Kongresszentrums Luzern statt. Durch seine Mitwirkung an allerlei Casting-Shows oder Unheiligs "MTV Unplugged: Unter Dampf - Ohne Strom" hat besagter Arrangeur einige Erfahrungen darin, popkulturellen Produkten einen E-Musik-Anstrich zu verpassen. Er habe versucht, "orchestrale Intros zu schreiben, dass die Nummer auch filmisch dargestellt" werde.
Das lässt sich deutlich heraushören. Mit großer Ernsthaftigkeit spielt das Orchester in der "Ouvertüre (Intro)" auf. Wortloser Klagegesang des Background-Trios und eindringliches Orgelspiel umhüllen die eintreffende Loredana mit einer mystisch überhöhten Aura. Dazu erklingt ein Sample von Al Pacinos Synchronsprecher aus "Der Duft der Frauen", in dem von Frauen als den "göttlichen Wesen" die Rede ist. Den auf "No Rich Parents" verarbeiteten Beziehungsausbruch mit dem Trennungs-Trap "Immer Wenn Es Regnet" mit Mozzik rücken die Musiker mit erhabenen Sounds in ein positives Licht.
Um in diesem Setting zu bestehen, benötigt eine Vokalistin Kraft und Kontrolle. Loredana fehlt es an beidem. Wenn sich das Orchester in "Keine Rosen" mit Klarinetten- und Harfen-Einsatz bemüht, Leichtigkeit zu erzeugen, shoutet die Rapperin dagegen an. Eine noch größere Kluft öffnet sich zwischen Musik und Text. Der elitäre Kunstanspruch beißt sich massiv mit ihrer ordinären Geisteshaltung. "Du willst echte Gefühle, dann geh' auf YouPorn!", blökt sie und lässt die Backing Vocals das Videoportal extra betonen. Ohnehin gilt grundsätzlich: "Meine Gefühle sind echt, aber nur für mein Cash."
Fast im Stil des Film noir hält das Sinfonieorchester "Sonnenbrille". Zwei Minuten lang verbreiten die Streicher Suspense, bis die Rapperin einsetzt. Aber statt die Femme fatal zu geben, gesteht sie: "Ich kauf' Louis Vuitton ohne Sinn." Für "Milano" ersetzt Lillo Scrimali erfolgreich das Spieluhr-Instrumental mit den passenden Klängen zur thematisierten Amour fou. Und als echtes Highlight entpuppt sich "Hit Em Up" mit einer Thriller-Atmosphäre. Doch während die Musiker ins Zwielicht entführen, präsentieren Loredana, EAZ und Xen einen Representer für Rap auf schweizerdeutsch.
Gelegentlich greift das Orchester daneben. Die Boderline-Thematik zwischen Liebe und Krieg von "Rosenkrieg" übersetzt es allzu sorglos und leichtfüßig. In "Genick" und "Hana" treffen sich Verse und Noten auf Augenhöhe im Seichten. Vor allem letztgenannter Song fällt unangenehm auf. "Für mich zählt nur Familie und der Rest ist mir egal", behauptet Loredana heuchlerisch, um sogleich zu betonen, mit einem Ferrari Testarossa in den Sonnenuntergang zu brausen. Zumindest bleibt in der Audio-Version verborgen, dass sie ihre dreijährige Tochter für das Werk auf die Bühne holte.
Sie habe "den leichtesten Job" gehabt, gab die Rapperin in der dazugehörigen Dokumentation zu und hob ihren Respekt vor den Instrumentalisten hervor. Bei der ehrlichen Erkenntnis, allein unter Könnern aufzutreten, hätte sie es belassen können. Stattdessen unterstrich sie hochmütig: "Ich bin Musikerin, ich bin Künstlerin und keine Rapperin mehr." Unbegründet wertete sie sich selbst auf und ihr angestammtes Genre ab. So räumt Loredana die These aus der Review zu "Mann Im Haus" ab, sie gehöre zu den Künstlerinnen, "die im Grunde kaum Prätentionen auf Kunstkacke haben."
6 Kommentare mit 10 Antworten
HipHop können die da oben nicht mehr verbieten! #onelove
...und DAS als Kommentar zu einer Rezension über jemanden, der mit Geldscheinen wedelt und mit einem Ferrari Testarossa angibt...finde den Fehler.
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
@ mort76: Man sieht, daß du keine Ahnung von HipHop hast. #onelove
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Du musst so oder so blasen, also was soll's?
Eh alle Fagotts.
Hehehe, Blasinstrumente-Jokes. Alle Bläser, die noch keinen Ständer haben, gehen jetzt nach oben und holen sich einen runter.
https://www.youtube.com/watch?v=9bfBBofOMAw
Das ist the magic of hiphop! Auch die taffen Girls von der Straße müssen sich nicht hinter prätentiösen Musikanten verstecken!
Willkommen in einer Welt, in der symphonische Klassik jemanden wie Loredana BEGLEITET, weil ihr künstlerischer Mehrwert ja so viel größer ist.
Das war schon bei diversen Rock-Bands eine beknackte Idee, aber bei Deutschrappern? Großes Uff
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
Leider erfahren wir in der Rezi nicht, welche Kombo die "Künstlerin" da begleitet.
Aber wer immer für dieses Orchester verantwortlich ist, an dem ist auf jeden Fall ein Zuhälter verloren gegangen.
Props dafür ein Live-Album rauszubringen. Zeigt schon, dass sie in ner anderen Liga unterwegs ist als so manch anderer in DACH. Nazibrause natürlich dennoch wack af.
Jupp. Servus TV für die Blase
https://twitter.com/erkanundstefan/status/…
seit diesem tweet trinke ich literarisch nix anderes mehr