laut.de-Kritik
Leistungssportler aus der Deathcore-Gruft.
Review von Yan TemminghoffEine noch eher unbekannte Theorie über die Genese des Black Metals besagt, dass diese durchaus unhörbare Spielart aus dem Zwiegespräch von Eltern mit ihren Kindern entstanden ist. Wer die Wut und das hochfrequente Fäuste-auf-den-Boden-Trommeln eines Kleinkindes erlebt hat, für den sind Screams und Blast Beats Musik in den Ohren.
Lorna Shore, die Leistungssportler aus der Deathcore-Gruft setzen ihre Klanggebäude aus folgenden Fragmenten zusammen: Hans Zimmer-Bombast, eine Gitarrenarbeit in Mach-Malmsteen, ein Drummer mit der Frequenz eines Tour de France-Sprinters, dazu gesellt sich die Geräuschekulisse eines Schlachthofs. All das muss selbst in Prog- und Metal-geplagten Hirnen erst einmal ankommen. Man fühlt sich verloren, wie vor einem rotierenden Pfeil stehend, der einem den Weg durch das Genre-Dickicht weisen soll.
Neben den Pandemie-bedingten Einschränkungen mit Konzertausfällen markiert das Jahr 2020 eine Zäsur auf dem Sängerposten. Das Engagement von CJ McCreery, der 2019 Gründungsmitglied Tom Barber ersetzt, entpuppt sich als Zwischenlösung. Immerhin realisieren Lorna Shore mit dem Major-Debüt "Immortal" ein wichtiges Album, das der Band zudem die Dienste von Gitarrist und Songwriter Andrew McConnor sichert. Mit Fronter Will Ramos holt sich die Truppe um Flitzefinger DeMicco die langersehnte Kombi aus Können und Konstanz in das Kollektiv.
Unglaublich, was Ramos seiner Gurgel an unmenschlichen Tönen entlockt. Das 3G-Prinzip aus Grunts, Growls und Gekeife meistert er mit Bravour und dies teils mit abrupten Wechseln versehen. Bestes Beispiel: Die Stimm-Kakophonie in "Sun//Eater", die nah am Wahnsinn gebaut ist und dem Hörer die Ohren lang zieht.
"Pains Remains" klingt einen Ticken strukturierter als die Vorgänger. Das gewachsene Standing möchte der Fünfer weiter ausbauen, bewegt sich dabei längst nicht abseits der Genre-Grenzen wie dies Bring Me The Horizon tun. Der Titeltrack ist eine zwanzigminütige Trilogie und zeigt das Selbstverständnis der versierten Songwriter. Eine simple Synthie-Tonfolge stellt die Basis, über die sich ein Orkan an Riffs und Blasts ergießt, bis ein Refrain der Göteborg-Schule die Hörgänge flutet.
Lorna Shore üben eine ähnliche Faszination aus wie etwa Wilderun. Deren Extrem-Entwurf lebt von der Anbindung an Folk und Pagan, während der Synphonic-Bombast häufig erdrückend wirkt. Das Hörvergnügen fällt somit selektiv aus. Pausen sind erwünscht, sowohl auf Seiten der Rezipienten als auch künftig von Seiten der Band.
5 Kommentare mit 3 Antworten
Lorna Shore sind meine Entdeckung der letzten beiden Jahre - also seit Erscheinen der ...and I return to Nothingness EP. Zumal ich im Deathcore eigentlich gar nicht zuhause bin. Aber die Musik sprengt so dermaßen alle Grenzen dass es echt eine wahre Freude ist. Und die Gesangsleistung von Will Ramos ist einfach nur abartig geil - hammer dass er das auch live bringen kann. Die Pain Remains Trilogie hat mich - gerade in Verbindung mit den Videos und den Lyrics - emotional gepackt wie kein Song im Jahr 2022. 4 Sterne gehen zu 100% in Ordnung, da die Musik auf Albumlänge dann doch - zumindest mir - etwas zu viel wird. Aber das geht bei mir bei jeglichen Black oder Death-Kombos so!
Bisschen repetitiv, dieser 60-minütige Longtrack.
Kirmesmusik.
Ne, hier gehts nicht um Sabaton
Gibt ja immer mehrere Fahrgeschäfte.
Das Linkin Park des Death Cores
Metal ist tot.
Lang lebe der Metal!