laut.de-Kritik

Die Franzosen nehmen den Fuß vom Gas und haben die Düsternis abgelegt.

Review von

Mit ihrem dritten Album erscheinen Louise Attaque endlich auch in Deutschland. In Frankreich ist die Band seit 1994 unterwegs, ihr selbstbetiteltes Debütalbum von 1997 wurde sofort zum Hit. Ihre Mischung aus wildem Ethnopunk und düsterem Pop verkauft sich in der Frankophonie millionenfach, im Nachbarland östlich des Rheins sind Louise Attaque höchstens dem frankophilen Musikhörer ein Begriff. "A Plus Tard Crocodile" soll das jetzt ändern.

Wer sich allerdings nur das dritte Werk der Franzosen zu Gemüte führt, wird auf eine leicht falsche Fährte geführt. Denn nach dem ungezähmten, rauen Sound auf der ersten Platte und dem 2000er Album "Comme On A Dit" präsentiert sich das Kollektiv wesentlich ruhiger und poppiger. Zugänglich war ihre Musik immer, doch jetzt tragen auch Produktion und Songwriting dem Reifen der Protagonisten Rechnung.

Der quasi-à-capella Opener leitet schön in "Revolver" über, ein langsam groovender Einstieg, der ein unwiderstehliches Violinen-Riff (heißt das bei klassischen Instrumenten auch Riff? - Hier sicher!) enthält, das sich tief im Gehörgang festsetzt. Die Geige Arnaud Samuels, Markenzeichen der Band, deutet an, was der Rest des Sounds ebenfalls sagt: Hier spielen immer noch ganz klar Louise Attaque, aber eben deutlich anders.

Das stampfende, kurze "Shibuya Station" bieten meines Wissens ein Novum: die Franzosen singen einen ganzen Song auf Englisch! Mit seinem eingängigen Gitarrenlick ein instant favourite. Die Akustikgitarre in "Sean Penn, Mitchum" verzückt genauso, die entrückte Stimmung setzt einen harten Kontrapunkt zum vorangegangenen Stück. "Si L'on Marchait Jusqu'à Demain" mit seiner hypnotischen Gitarre zieht das Tempo wieder leicht an, gekonnt wechseln Louise Attaque immer wieder die Geschwindigkeit.

Und in "Si C'etait Hier" ist sie dann wieder, diese Geige. Wenn auch zeitweise atypisch elektronisch verzerrt, hier hören wir einen der typischsten Louise-Songs. In den kurzen Interluden "Oui, Non" und "Oui, Non, Encore" sind sie dann ganz die Alten. Doch auch das Neue an der Gruppe klingt durchaus hörbar. Vor allem in so starken Tracks wie das laute "Nos Sourires" oder dem atmosphärisch dichten "A L'Envers".

Der Titeltrack, im Gegensatz zum Albumnamen englisch, ist keine Coverversion des Rock'n'Roll-Klassikers. Aber auch hier: anglophone Zungen. Leider eher ein schwacher Song. "La Nuit" versprüht den Charme einer südfranzösischen Nacht, vielleicht auf einer Kaimauer am Mittelmeer sitzend. Sitting on the dock of the bay mit savoir vivre. Insgesamt kann man sagen: Louise Attaque sind gereift, nehmen den Fuß vom Gas, und haben die Düsternis abgelegt. Ein durchweg gelungenes Album, das sicher nicht jedem Fan gefallen, aber einige neue finden wird.

Trackliste

  1. 1. La Traversée Du Désert
  2. 2. Revolver
  3. 3. Shibuya Station
  4. 4. Sean Penn, Mitchum
  5. 5. Si L'on Marchait Jusqu'à Demain
  6. 6. Salomé
  7. 7. Si C'etait Hier
  8. 8. Oui, Non
  9. 9. Nos Sourires
  10. 10. Depuis Toujours
  11. 11. A L'envers
  12. 12. Manhattan
  13. 13. See You Later Alligator
  14. 14. La Nuit
  15. 15. Oui, Non, Encore?
  16. 16. Est-Ce Que Tu M'aimes Encore?
  17. 17. La Valse
  18. 18. Ça M'aurait Plu

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11 Kommentare, davon 3 auf Unterseiten

  • Vor 17 Jahren

    Was bin ich erfreut, für einmal eine französische Band auf laut.de anzutreffen. Ich lebe seit 14 Jahren in Frankreich und habe in dieser Zeit die Musik kennen- und schätzen gelernt. Bands wie Noir Desir, Zebda, Les Rita Mitsouko, Telephone, Manau, Yannick Noah (jaja, der Tennisspieler!!!)und viele andere versüssen mir seither meine Zeit. Ganz abgesehen davon, das der französische Rap und Hip-Hop meines Erachtens eh seinesgleichen sucht!
    Nun aber zu diesem Album von Louise Attaque. Nach einem genialen ersten Album und einem etwas entäuschenden zweiten präsentieren sie mit "A plus tard Crocodile" eine etwas mainstream-fähigere Version ihrer Musik. Nach wie vor spielt die Geige eine wesentliche Rolle, doch vermisse ich die schrägen Töne, das Unberechenbare das das erste Album immer wieder höhrenswert macht. Anders ausgedrückt, zwingt einem das erste Album zum Zuhören, so eignet sich dieses als Hintergrundmusik um zum Beispiel diesen Artikel zu schreiben.
    In den Discos hierzulande wird übrigens "Si c'était hier" meist als Mix mit "Sunday Bloody Sunday" von U2 gespielt. Naja, Bescheiden waren sie noch nie, die Franzosen ...
    Also, für alle, die sich mit französischer Musik auseinandersetzen wollen, ist Louise Attaque sicher keine schlechte Wahl. Es lohnt sich vor allem, im Internet nach der Uebersetzung der Texte zu suchen, die Jungs machen nicht nur gute Musik, sie haben auch was zu sagen!

  • Vor 17 Jahren

    @Frenchy24 (« In den Discos hierzulande wird übrigens "Si c'était hier" meist als Mix mit "Sunday Bloody Sunday" von U2 gespielt. »):

    wie darf ich das verstehen? als mashup? will ich hören!

  • Vor 17 Jahren

    Ja genau, als mashup! Ich frag den DJ mal, wo es den Song gibt ... keine Ahnung ob er "offiziell" existiert! Melde mich dann nach dem Wochenende ...