laut.de-Kritik

Hart feiern, weich fallen.

Review von

"Wir haben das vor allem gemacht, weil wir Bock drauf hatten", erklärt Miss Platnum im Interview mit 16bars die Motivation hinter dem Projekt "Lila Wolken". Eigentlich ein schöner Anlass, sollte man meinen. Dennoch hinterlässt die EP, wenn überhaupt, einen faden Nachgeschmack.

Gerade einmal fünf Tracks hat die Zusammenarbeit von Marteria, Yasha und Miss Platnum ausgespuckt. Die werden jetzt aber mit aller Promo-Macht beworben, als kündige sich in Form von "Lila Wolken" der nächste heißeste Scheiß an. In den grünen Rauchschwaden, die nach Marsimotos Triumphzug durch den Festivalsommer noch in der Luft hängen, lässt sich sicher auch noch ein bisschen Material seiner Parallelexistenz absetzen.

Dabei bergen die "Lila Wolken" keinerlei Überraschung. Das Potenzial des Zusammenspiels der unterschiedlichen Stimmen von Marteria und Yasha hat bereits die gemeinsame Single "Verstrahlt" ausgereizt. Auch auf "Lila Wolken" passt Yashas angenehmer, unaufgeregter Gesang prächtig zum wahrhaft markanten Organ seines Kollegen, erreicht aber nicht mehr die frühere Ohrwurm-Qualität.

Miss Platnum bekommt - mit einer Ausnahme - erst gar nicht die Bühne, die ihre ansonsten übersprudelnde Präsenz, das ungebärdige, unbändige Temperament, das sie üblicherweise zur Schau trägt, zur Geltung brächte. Zurückgenommen und verträumt wirkt sie blass und beinahe ein bisschen träge. Schade.

Erst im abschließenden "Autoboy" läuft sie als zündelnde, rachsüchtige, anarchische Furie über schabendem, scheuerndem Beat zu altvertraut greller Hochform auf und lässt Marteria an ihrer Seite beinahe zum verzichtbaren Featuregast verkümmern. Holla, die Waldfee!

Dabei füllt Marteria die Hauptrollen-Position sonst vollstens aus. Wenn er in "Feuer" als Pyromanenpräsident mit rußgeschwärzten Schuhen einreitet, zerbröselt jeder Zweifel an seinem Herrschaftsanspruch: Er verkörpert "Mr. Lavaman", der Typ ist heiß.

Kein Wunder, dass der Papst sein Logo als Branding auf dem Arm zu tragen wünscht. (Herr Ratzinger, klagen Sie bitte jetzt!) Trotzdem: Für meinen Geschmack gerät der Countdown in "Feuer" zu reißerisch kalkuliert und im krassen Gegensatz dazu die allgegenwärtige melancholische Note zu aufdringlich.

Die raumgreifenden Beats, ob - wie der Titeltrack - von Kid Simius oder aus den mittlerweile schwer bewährten Reglern der Krauts, fangen die beschworenen Stimmungen, etwa die üppige kulturelle Vielfalt von "Kreuzberg Am Meer", zwar so perfekt ein, wie die Figur des Bruce Wayne die Zerrissenheit zwischen glamouröser Fassade und rastlos dahinter umher mäandernder tiefer Traurigkeit verkörpert.

Der Wunsch, zwar hart feiern, aber danach doch bitteschön weich fallen zu wollen, kommt mir trotzdem irgendwie feige vor. Nicht konsequent, wie "Lila Wolken" insgesamt. Aber da es sich dabei ohnehin nur um ein Appetithäppchen handeln sollte, warten wir lieber entspannt die angekündigten Solo-Alben der Beteiligten ab. Da muss doch deutlich mehr drin sein.

Trackliste

  1. 1. Lila Wolken
  2. 2. Bruce Wayne
  3. 3. Feuer
  4. 4. Kreuzberg Am Meer
  5. 5. Autoboy

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24 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Also "Feuer" ist zu reißerisch präsentiert und die restliche Melanchonie zu aufdringlich? Sind das jetzt Kriterien mit den man Musik bewertet?! Naja...

    Aber zu meiner Meinung: EP ist sehr gut geworden. Vor allem die Beats sind Bombe. Yasha und Marteria passen, wie in der Review schon beschrieben, stimmlich super zusammen und ergänzen sich auch hervorragend auf der EP. Auf Miss Platinium hätte ich verzichten können, zumal auch "Autoboy" in meinen Ohren unhörbar ist.

    Mein Fazit zu der Lila Wolken EP: Das Volk benötigt ein Marteria Yasha Kolloba Album in Zusammenarbeit mit den Produzenten von "Zurück in die Zukunft" und "Grüner Samt". Mehr noch als das Kollabo Album namens Xavas.

  • Vor 12 Jahren

    Also "Feuer" ist zu reißerisch präsentiert und die restliche Melanchonie zu aufdringlich? Sind das jetzt Kriterien mit den man Musik bewertet?! Naja...

    Aber zu meiner Meinung: EP ist sehr gut geworden. Vor allem die Beats sind Bombe. Yasha und Marteria passen, wie in der Review schon beschrieben, stimmlich super zusammen und ergänzen sich auch hervorragend auf der EP. Auf Miss Platinium hätte ich verzichten können, zumal auch "Autoboy" in meinen Ohren unhörbar ist.

    Mein Fazit zu der Lila Wolken EP: Das Volk benötigt ein Marteria Yasha Kolloba Album in Zusammenarbeit mit den Produzenten von "Zurück in die Zukunft" und "Grüner Samt". Mehr noch als das Kollabo Album namens Xavas.

    4/5

  • Vor 12 Jahren

    4/5 liegen drin. Einziger "Ausfall" ist Autoboy. Ansonsten höchstes Niveau an Styles, Beats und Texten. Vier von fünf Tracks sind gut, also 4/5 Punkten.