laut.de-Kritik
"Die effizientesten Waffen aus unserem Arsenal" (Dave Mustaine).
Review von Olaf SchmidtAn einem ganz normalen Montagmorgen irgendwo in den USA schlurft Dave Mustaine schlaftrunken in die Küche. Er nimmt eine Schüssel aus dem Schrank, füllt diese mit Cornflakes und dreht sich zum Kühlschrank um. Doch sacre bleu, was ist das? Keine Milch mehr da! Und auch kein Geld dafür! Griesgrämig bellt Mustaine den Hund an und entschuldigt sich innerlich umgehend bei Gott für seine Verfehlungen. Da kommt ihm eine Eingebung, ein genialer Plan: Eine neue Megadeth-Best-Of muss her! Süffisant lächelnd bedankt sich der Gitarrist beim Höchsten und küsst sicherheitshalber das Trump-Porträt, das auf dem Esstisch steht.
Nur: Braucht die Menschheit tatsächlich eine neue Best Of, wenn es schon vier andere gibt, die letzte sogar erst aus dem Jahr 2014? "Warheads On Foreheads" bietet zumindest Neueinsteigern in den Kosmos der Thrash-Legende einen gelungenen Überblick und deckt alle Phasen ihrer Karriere ab. 35 Songs sind zwar eine Menge, verteilt auf drei CDs aber dann auch nicht überambitioniert. Die 35 Nummern bezeichnet Mustaine als "die effizientesten Waffen, die wir in unserem Arsenal haben". Warum er dabei auf seinen Hit "Peace Sells" verzichtete, müsste aber noch geklärt werden.
Die Anthologie folgt dem Songkatalog chronologisch. Die von Mustaine persönlich ausgewählten Stücke beginnen beim 1985er Debüt "Killing Is My Business ... And Business Is Good" und enden beim noch aktuellen Album "Dystopia" aus dem Jahr 2017. Überraschungen ausgeschlossen, vielleicht gefällt dem ein oder anderen Sammler die Inklusion von "Angry Again". Dieser Song stammt vom Film-Soundtrack "Last Action Hero", erschien allerdings auch schon zig Mal an anderer Stelle. Das umstrittene Album "Risk" wird mit einem Song bedacht, der 2013-Stinker "Super Collider" ebenfalls.
Das Booklet reiht leider nur nüchterne Fakten und Namen aneinander, wo ein paar Worte zur Entstehung der Songs interessant gewesen wären. Auch die Texte hätten hier ihren Platz verdient, glänzen Mustaines Songs doch oft mit beißender Gesellschaftskritik. Alle Songs liegen in den remasterten Fassungen vor. Ich muss zugeben, dass ich inzwischen den Überblick verloren habe, wie viele Mixe es von den diversen Stücken gibt. Im Falle des Frühwerks ist das durchaus sinnvoll, die neueren Abmischungen klingen druckvoller und einfach besser. Speziell der Sound des 1988er Albums "So Far, So Good ... So What" bretterte mit verhalltem Gematsche derart unhörbar daher, dass erst das Remaster die wahre Qualität mancher Stücke zutage förderte. Leider greift "Warheads On Foreheads" nur auf zwei Songs aus dieser Ära zurück.
Bei allen Alben ab dem Klassiker "Rust In Piece" hätte ich die ursprünglichen Fassungen bevorzugt. Sie sind einfach zu gut im Ohr, so dass alle Abweichungen sofort auffallen. Denn Megadeth haben bei vielen Songs nicht nur ein Remaster, sondern gleich einen richtigen Remix vorgenommen. Etwas grotesk gerät beispielsweise "Skin O' My Teeth" vom 1992er Brecher "Countdown To Extinction". Der Sound der Originalaufnahme passt, in der Neufassung jedoch verkommt das Stück zu einem Komprimierungsdesaster mit clippender Bassdrum. Der Fachmann nennt das Verschlimmbessern.
Letztlich ist "Warheads On Foreheads" eine gute Übersicht auf Megadeths Werk, das nebenbei auch ihr gefühlt immer gleiches Liveset der letzten Jahrzehnte abbildet. Was neu hinzugestoßene Fans ja eventuell interessieren könnte.
3 Kommentare
»Peace sells …« fehlt? Vielleicht weil es nicht so recht zu dem martialischen Cover passen wollte? Aber dann ist das auch nicht mein Best-of-Album. Und so warte ich jetzt lieber auf Neues, das da noch in diesem Jahr kommen soll …
"Skin 'o my Teeth" und "Train of Consequences" sind bis heute, meines Erachtens, unerreicht...
Oh, cool, eine weitere Compilation. Ich lege sie zu dem Rest auf dem Haufen unnötiger Releases.