laut.de-Kritik
Sonnige Reggae-Rhythmen vom Hip Hop-Hippie.
Review von Stefan JohannesbergWer Wind sät, wird Sturm ernten. Im Fall von Mellow Mark sorgten Politiker, Päpste und Proleten für die steife Brise von rechts, die Mark ihnen als "Sturm" zurückschicken möchte. Sein Albumdebüt setzt jedoch nicht auf "stürmische" Punkmusik, sondern auf sonnig-freshe Reggae-Rhythmen. Friedliche John Lennon-Liebe anstatt autonomer Auf's Maul-Rhetorik.
"Ich bin ein Hip Hop-Hippie", singt Mellow Mark in "Einfach", und recht hat er. Irgendwo zwischen Ton Steine Scherben und Freundkreis klimpert der Straßenmusikant auf seiner Wandergitarre und versucht als erster rappender Liedermacher, die Revolution in die Soundsysteme und in die Boxen der Nation zu tragen. Hier muss der Hörer nicht subtil zwischen den Zeilen lesen, sondern bekommt den linken Sachverhalt klar und plakativ um die Ohren gezupft.
Wie im Reggae-Genre üblich, soll hauptsächlich der Rastafari-Glauben beim Kampf gegen das dekadente Babylon der Büsche und Päpste helfen. Auf den halleluja-durchtränkten "Weckruf" folgen in "Dein Wort In Gottes Ohr" u.a. die Neins "zu Bush" sowie "zur Kirche und ihrer Augenwischerschau". Idealistisch auf einer Linie mit den frühen Absolute Beginnern prägt jugendlicher Elan, aber auch ein Schlückchen Naivität die Kunst des Mellow Mark.
Erst appelliert er ans hochverehrte Publikum "Alle aufwachen, alle aufmachen, Alle Mann ja", dann lädt er die Völker mit "Mi Casa Es Tu Casa" ins Eigenheim ein. Hippie Hoppie Hurra, alles wird wunderbar. Leider verlieren die echten politischen Kampfansagen und persönlichen Geschichten in dieser Peace And Love-Atmosphäre an Durchschlagskraft, die auch seine öfter eingestreuten Rap-Skillz nicht wiederbeleben können.
Mellow Mark verpasst somit das in greifbare Nähe gerückte Traumziel in lyrische Regionen eines Rio Reiser oder zumindest eines Max Herre aufzusteigen. Auch wenn engagierte Tracks wie "Revolution" oder das dem G9-Gipfel in Genua 2001 gewidmete "Weltweit" von Produzent Kraans de Lutin variantenreich und zackig in Szene gesetzt wurden, klang der "Sturm" auf die Hütten und Paläste schon mal mitreißender.
Noch keine Kommentare