laut.de-Kritik

Volle Möhre 80er und die übliche Portion Melodram.

Review von

Mesh sind nun schon mehr als zwei Jahrzehnte im Elektropop-Zirkus dabei. Immer noch nehmen die 2009 zum Duo geschrumpften Briten gern und häufig den Epigonenzug in Richtung Depeche Mode-Gedächtnisband mit mittelschwerem Ultravox-Einschlag.

Wie die deutschen Kollegen De/Vision oder Janosch Moldau haben auch die Jungs aus Bristol ein Händchen für eingängige Popsongs. Das rettet ihr zwölftes Album hier und da vor dem Sturz in die Plagiatsabteilung der ewig berüchtigten Gruselmarke "The Great Comandment" (Camouflage).

Für Genrefans funktioniert "Automation Baby" extrem gut. Volle Möhre 80er mit ein paar Tupfern Futurepop und einem gelegentlichen Rock-Touch. In diesem Gemäuer kennt die Band sich aus. Mehr noch als in der Vergangenheit setzt man auf totales Schwelgen in Harmonie und Melodie.

Nahezu jeden Track als chartstauglichen Singlehit zu komponieren, birgt jedoch immer auch die Gefahr des schnellen Überhörens. Diese Klippe umschiffen Mark Hockings und Richard Silverthorn geschickt. Immerhin ist das Melodram ihre Hauptdomäne. Langeweile kommt selten auf. Und das ist im Segment Synthiepop nun wirklich nicht gerade eine Selbstverständlichkeit.

Lieder wie das zaghaft Apoptygma Berzerkernde "Just Leave Us Alone" oder das Titel gebende "Automation Baby" sind in punkto Pointiertheit echte, kleine Popjuwelen und kein Plastikschmuck. Bei "Adjust Your Set" greifen sie dagegen sehr arg in den verführerischen Midge Ure-Honigtopf.

Das zwischen Selbstironie und zarter Melancholie pendelnde "Never Meet Your Heroes" räumt endgültig auf mit der ewigen Illusion des Fans nach Superstar-Übermenschentum: "So you got to this place / They can see the disappointment written clear across your face / I'm telling you, cause I've done it too / Never meet your heroes / cause they are just like me and you."

Mit "When The City Breathes" lassen sie zum Ende noch mal eine Art Industrial-Pop-Schmeichler von der Leine, der geradezu dafür gemacht scheint, den Leuten auf dem Gig den Kopf weg zu blasen. So liefern Mesh eine gute Popcorn-Platte für den sich zierenden Frühling 2013 ab.

Trackliste

  1. 1. Just Leave Us Alone
  2. 2. Taken for Granted
  3. 3. You Want What's Owed to You
  4. 4. Automation Baby
  5. 5. AB Incidental No.1
  6. 6. This Is the Time
  7. 7. The Way I Feel
  8. 8. Adjust Your Set
  9. 9. Born to Lie
  10. 10. AB Incidental No.2
  11. 11. Flawless
  12. 12. Never Meet Your Heroes
  13. 13. When The City Breathes
  14. 14. You Couldnt See This Coming

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LAUT.DE-PORTRÄT Mesh

Mesh sind eine Combo aus dem englischen Bristol. Gegründet wurde sie von den Keyboardern Neil Taylor, Rich Silverthorn und Mark Hockings. Neil und Rich …

6 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Stimme der Bewertung der einzelnen Tracks zu, finde aber noch immer nicht, dass sie wie Depeche Mode klingen, auch wenn ihnen das schon ewig nachgesagt wird. Abgesehen davon klingen die 80er-Elemente viel moderner als bei anderen Bands, bei "Just leave us Alone" gibts sogar ein wenig Dubstep. Wenn man noch die großartige Produktion hinzurechnet wären 4 Punkte angemessen ;).

  • Vor 11 Jahren

    Naja, das ist also das Album, das alle entäuschten DM-Fans immer und immer wieder rezitieren. 3 Punkte finde ich eher zuviel; 2,5 Punkte würden es auf den Punkt bringen; aber gut, da hat der Rezensent sicherlich aufgerundet. Das ist Musik, die sicherlich nett ist, aber auch niemanden auf die Füße tritt, wodurch eine gewisse Beliebigkeit entsteht, weil: Melodik ist das Eine, aber durch diese melodische Eingängigkeit entsteht ein Flachheit, die sicherlich zum Abschalten ganz gut funktioniert, aber keinen wirklichen Mehrwert aufbietet. Die Melodien sind süß, schmecken gut, was dann auch das Problem auf den Punkt bringt: Zuviel Zucker macht dick!

  • Vor 11 Jahren

    bei 2,5 würde aus gründen der punkteskala immer gerundet. :)
    bei mir gibt es aber eh nicht so den notenfetisch. ist ja keine schule hier. der text an sich ist wichtiger, johnboy

  • Vor 11 Jahren

    Ja klar, wenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich tendentiell auch aufrunden. Zum Thema Text: Musik unterscheidet sich nunmal durch normale Lyrik dadurch, dass mit Hilfe des Klangs Inhalt transformiert wird, deshalb finde ich es schon wichtig, dass es da eine Einheit gibt. Hier hätten wir dann zwar gute Texte, die aber durch die Melodik teilweise unterlaufen werden, die eher ein ein Gefühl vermitteln, dass alles in Ordnung ist. Wo sind die Störgeräusche dessen, was die Mechanisierung des Menschen mit sich bringt. Da finde ich die Art von DM konsequenter, die sich ja ebenso ständig mit der Thematik "Mensch-Maschine" befassen. Bei Mesh hört sich dieser Konflikt wie eine harmonische Reise an, was das Nachdenken schließlich erschwert, weil man sich der Melodik hingibt. Sozusagen konsumiert man eher; macht also eigentlich eher genau das, was von den Texten problematisiert wird.

  • Vor 11 Jahren

    Ich verstehe die Einwände, sehe das aber trotzdem völlig anders. Gerade aufgrund der eingängigen Melodie, die mich emotional anspricht, fange ich erst an, mich mit dem Inhalt zu beschäftigen. Das neue DM-Album ging musikalisch derart spurlos an mir vorüber, dass mir die Texte eigentlich egal sind.

  • Vor 11 Jahren

    IMHO eine der schwächsten weil eurodiscoiden Scheiben von MESH. Alles Zugekleistert mit Synth Pads, dazu wabbernede bummbumm Rhytmen (das war live grauenhaft und hat jeden Song zertrümmert) und die permanente Variation ein und derselben drei bis 5 Noten...MESH waren schon mal deutlich (DEUTLICH) besser -- 1 bis 2 Punkte