laut.de-Kritik

Eine Band jagt sich selbst durch den Fleischwolf.

Review von

Die Gruppe Messer hat sich selbst durch den Fleischwolf gejagt. Einer ausgiebigen Tour zum letzten Langspieler "Die Unsichtbaren" folgten unter anderem Projekte wie das Vertonen der Tagebücher von Romy Schneider. Anschließend verließ Gründungsgitarrist Palle Schaumburg die Band. Mit dem Multi-Instrumentalisten Milek und dem bisherigen Tour-Perkussionisten Manuel Chittka stießen zwei fixe Mitglieder hinzu.

Entwarnung für alle Zweifler: Messer haben sich nicht vollkommen von jenen Vergleichsobjekten der Vergangenheit, Fehlfarben, DAF oder Joy Division, entfernt. Doch die Herren aus Münster erscheinen auf "Jalousie" grundsätzlich weit weniger brachial und viel filigraner produziert, was zusätzliche perkussive Elemente oder die Breite der Instrumentierung angeht.

Das Album öffnet sich mit einer tiefen, schweren Orgel und elektrischem Rauschen, in dem sich Otrembas Stimme langsam wiegt. Harmonika und in der Ferne eine Marimba mischen sich darunter, bis sich Stella Sommer dazu gesellt und beide singen: "So Sollte Es Sein." Ja, verdammt!

Irgendwo steht Micha Acher mit seiner Trompete im Raum, der im Laufe der Platte noch in mehreren dunklen Ecken des Albums erscheint. Nicht nur, weil sie offensichtlich können, sondern weil es maßgeblich zum neuen, in mechanischer Feinheit ausgearbeiteten Messer-Sound passt, tragen mit Jochen Arbeit und Katarina Maria Trenk (Sex Jams) zwei weitere wohlklingende Namen zur Platte bei.

Schrieben Messer nicht nach wie vor fast ausschließlich Songs, die sich jeder greifbaren Struktur und jedem Versuch, die Hooks beim zweiten Mal mitzugrölen entziehen, sie könnten eine grandiose Festivalband sein, so sehr halten sich Melodien und düstere Töne die Waage. Doch Otrembas Texte unterwerfen die Songs. Eine durchdachte Symbiose: Seine Art, Beobachtungen in assoziativen Bewusstseinsströmen zu verarbeiten, erinnert streckenweise an Rainald Goetz oder William S. Burroughs. "Die Sonne schmilzt den Schnee weg / zu zweit spazieren gehen / eine Frau mit Cello in Aufruhr habe ich heute gesehen", quillt es aus Otremba neben dunkler Post-Punk-Atmosphäre in "Niemals" heraus.

Mehr elektronische Beats, mehr Orgeln, weniger Gitarren und weniger offensive Aggression. Ebenso oft als Abgesang auf eine Band formuliert, bedeutet das hier etwas Gegenteiliges: Messer geben sich sensibler als noch zuvor. Auf "Jalousie" reißt die Gruppe all ihre Sinnesorgane auf, nimmt wahr und verarbeitet. Während sich Einiges wie die negative Deutschland-Reflektion "Schwarzer Qualm" vermeintlich einfach dechiffrieren lässt, gibt Anderes wieder lange Rätsel auf. Denn soweit bleiben die neuen Messer dann doch ganz wie die alten: eine gern und viel diskutierte Rockband.

Trackliste

  1. 1. So Sollte Es Sein
  2. 2. Der Mann Der Zweimal Lebte
  3. 3. Detektive
  4. 4. Der Staub Zwischen Den Planeten
  5. 5. Meine Lust
  6. 6. Im Jahr Der Obsessionen
  7. 7. Niemals
  8. 8. Die Hölle
  9. 9. Die Echse
  10. 10. Schwarzer Qualm
  11. 11. Schaumbergs Vermächtnis

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