laut.de-Kritik
Epische Pop-Perlen vs durchgenudelte Foxtrott-Ergüsse.
Review von Kai ButterweckSicherlich dürfte eine weitere Mike Oldfield-Best Of nicht ganz oben auf der Wunschliste von Freunden progressiver Pop-Klänge stehen. Doch im Falle von "Two Sides" macht ein erneutes Öffnen des Portemonnaies durchaus Sinn.
Denn neben altbekannten Gassenhauern wie "To France", "Five Miles Out" oder der Über-Foxtrott-Perle "Moonlight Shadow" präsentiert der britische Multiinstrumentalist - fein säuberlich getrennt auf einer zweiten CD - die wirklichen Perlen seines Schaffens.
Der Protagonist selber scheint den künstlerischen Gehalt von Stücken wie "Tubular Bells (Part One)", "Crisis" oder "The Lake" ebenfalls höher anzusiedeln als den von oben genannten Chart-Hits, denn die klassischen Extended-Ergüsse finden sich allesamt auf CD 1 zusammen, während die zahllosen Airplay-Dreiminüter ihr durchgenudeltes Dasein auf CD 2 fristen.
Die Auswahl lässt jedenfalls auf beiden Scheiben kaum Wünsche offen. So freut sich der Tiefengourmet über epische Pop-Meisterwerke wie das zweigeteilte "Amarok" oder "Supernova", während sich der Wochenend-Party-DJ mit den Gaststimmen von Bonnie Tyler, Roger Chapman und Maggie Reilly vergnügt.
Der Albumtitel hätte nicht passender gewählt werden können, denn Zeit seines künstlerischen Daseins pendelt der Altmeister stets zwischen süffigem Mainstream und pompös verschachtelter Einzigartigkeit hin und her. So schlägt das Album letztlich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen dient CD 2 als perfekter Einstieg für Neuankömmlinge, während sich CD1 als musikalisches Festmahl für Eingefleischte präsentiert.
Für Unersättliche bietet CD 1 auch noch den Zugriff zu kostenlos downloadbarem Bonusmaterial. Um das Ganze abzurunden, macht sich Mike Oldfield im Booklet die Mühe jedem einzelnen Song mit einigen geschriebenen Sätzen, die Ehre zu erweisen. Zusammengestellt, eingetütet und Bändchen drum: kann man so machen.
9 Kommentare
Zweifellos ein großes Genie, das nach dem überraschenden Erfolg seines virtuosen Debüts "Tubular Bells" und dem anschließenden Medien-Trubel leider nie mehr die Zeit hatte, eine ähnlich großartige Komposition zu schaffen. Parallel zu diesem Release bietet sich doch die Meilenstein-Rezi zu TB jetzt wirklich an.
Die Pop Sachen finde ich auch nicht schlecht, vor allem "Crime of Passion".
@DocGutmann (« Die Pop Sachen finde ich auch nicht schlecht, vor allem "Crime of Passion". »):
.... du bist der erste, von dem ich das seit drei0ig jahren mal höre....crime of passion ist ein so dermaßen perfekter song. ich danke dir. seh ich seit 1982 genau so.
@Santiago:
Wie man's nimmt - ich persönlich halte das '90er Opus "Amarok" für eine echte Großtat, die nicht unbedingt hinter "Tubular Bells" zurückstecken muß. Herrlich in sich verschachtelt mit skurrilen Ideen und ein paar Motiven, die immer wieder auftauchen und einen roten Faden bilden, an dem man sich bis zum pompösen Finale entlanghangeln kann. Okay, ich kann jeden verstehen, der das Album nicht ausstehen kann, weil es ziemlich allein auf weiter Flur steht und nur wenige Bezüge zu anderen Oldfield-Alben aufweist (wenn überhaupt, dann zu "Ommadawn") und die Themen weniger ausgearbeitet sind als in seinen frühen Alben, aber in kreativer Hinsicht ist es ein mächtiges Aufbäumen gewesen, wenn Oldfield danach auch leider in den Bann der elektronischen Musik und ihren Hilfs- und angeblichen Allheilmittelchen geraten ist, was sich nicht gerade förderlich auf die Qualität bzw. Originalität seiner Veröffentlichungen ausgewirkt hat ... Nach "Music Of The Spheres" hoffe ich allerdings wieder ein wenig, daß er sein Pulver doch noch nicht ganz verschossen hat. Muß ja kein "Tubular Bells" mehr kommen - mir würde auch ein Album auf dem Level von "Hergest Ridge" oder "Incantations" völlig genügen.
Gruß
Skywise
Ein Grund, warum ich kein Radio höre. Ich lass mir von Sendern nicht die Freude an Musikstücken vermiesen. Mein Tipp, so wenig wie möglich die Songs hören, umso schöner ist es, wenn man sie hört. Als Teenager war ich viel zu Fuß unterwegs, dann hatte ich meist den Walkman dabei. Im Winter Exposed und Five Miles Out zu hören, und durch die Schneelandschaft zu stapfen war ein absolutes Erlebnis. Mein Favorit heute ist Platinum. Selbst der Songs of distant earth kann ich noch so einiges abgewinnen. Und was mich sehr gefreut hat, er spielte bei der Eröffnungsfeier der Olympiade in London. Man hat ihn also doch nicht ganz vergessen.
@dein_boeser_Anwalt (« der ist ein nervlich angeschlagener mann, der ja mitunter sehr mit blockierenden depressionen zu kämpfen hat. bezeichnenderweise ging oldfields singlesorgie ja auch erst los, als prozac und co so richtig bei uns ankamen. abgesehen davon empfinde ich seine popsongs auch als herausragend. dass das abgenudelt wurde, kann man dem komponisten ja schlecht vorwerfen. »):
Vielleicht sollte man ihm mal wieder seine Pillen abnehmen, wer weiß, was da noch kommnen würde
Im Ernst: Also ich finde Platinum (Seite 1) auch sehr gelungen, passt mir heute meist öfter rein als Tubular Bells - und zugegeben: Selbst Arrival von QE3 fand ich mal ziemlich gut. Zumindest gibt es nach Tubular Bells noch ein paar gute Alben, zumindest Stücke. Habe vorhin eine Remix-CD gesehen - eine Rezi davon würde mich interessieren!