21. Juni 2010

"Ich bin froh, dass es vorbei ist"

Interview geführt von

Muss man verstehen: Miley Cyrus, das US-Teenie-Phänomen mit Franchise-Produkten bis zur Zahnbürste, will auch mal ernst genommen werden. Mit ihrem neuen Album soll dies gelingen.Die dafür vorgesehene Optik: lange Rockermähne, Lederklamotten, nackte Haut. Der Slogan: "Can't Be Tamed". Obacht: Miley ist von nun an unzähmbar wie ein wildes Tier. So weit, so nachvollziehbar.

Nur ihr Management kämpft noch mit den Nachwehen ihres früheren Kinderstar-Lebens und macht klare Ansagen bezüglich eines Interviews. Fragen zu Mileys Privatleben oder sonstigen 'Gossip'-Themen sind verboten, ausdrücklich werden Medien bevorzugt, bei denen positive Berichterstattung zu erwarten ist.

Für amerikanische Management-Verhältnisse ist das nicht unüblich. Schließlich ist Miley Cyrus in den USA ungefähr so bekannt wie die Barbie-Puppe, die sie ja nun nicht mehr sein will, weil: siehe oben. Unser Telefon-Interview mit ihr wird schließlich keine fünfzehn, auch nicht die versprochenen "mindestens zehn", sondern sieben Minuten dauern. Die Nachfrage.

Die 17-Jährige selbst macht einen beängstigend routinierten Eindruck. Ihre Stimme klingt monoton wie die eines programmierten Roboters oder einfach wie die eines Kinderstars, der seit gut fünf Jahren praktisch täglich fremden Menschen Rede und Antwort stehen muss.

Miley, es ist Freitag Nachmittag und du bist gerade in London. Was hast du heute schon gemacht?

Ich gebe schon den ganzen Tag Interviews und habe mein Hotel noch nicht verlassen. Ich bin um sieben Uhr aufgestanden und war im Fitnessraum. Work-Out and work, das ist alles.

Okay. Gibt es Fragen, die du nicht beantworten willst?

Äh, nein. Ich glaube, ich habe schon alle Fragen beantwortet, die es auf der Welt gibt. Also leg los.

Aber es gibt doch sicher Fragen, die du nicht mehr hören kannst?

Naja, alle Fragen wiederholen sich irgendwann. Wenn Leute Fragen mit negativem Grundton stellen, bin ich nicht sonderlich begeistert. Andererseits ist es wiederum okay, denn dann kannst du gewisse Dinge ein für allemal klarstellen.

Du warst bisher als schauspielernde Pop-Sängerin bekannt. Dein neues Album "Can't Be Tamed" soll dein Image nun radikal umkehren, hin zu einem erwachseneren Ansatz, für das du dich auch in schwere Lederklamotten wirfst. Wie fühlt sich das an?

Es fühlt sich gut an, sagen zu dürfen, was man denkt. Ich muss jetzt nicht mehr im Hinterkopf haben, was zum "Hannah Montana"-Image passt und was nicht. Es fühlt sich gut an, die Möglichkeit zu bekommen, ein bisschen erwachsen zu werden und Leuten zu zeigen, wer man wirklich ist. Ich bin nicht dieses durchkommerzialisierte Franchise-Produkt, ich bin ich.

Heißt das im Umkehrschluss, dass du dich vor ein paar Jahren unwohl gefühlt hast in deiner Rolle als Vorzeige-Teeniestar?

Ich bin froh, das nicht mehr machen zu müssen. Es ist vorbei. Es war Unterhaltung für Kinder, die es toll fanden, sich zu kleiden und zu singen wie Hannah. Es ging immer darum, so zu sein wie ich. Jetzt ist es mir wichtig, mich als Person in den Vordergrund zu stellen und Alben zu verkaufen.

"Der Käfig steht symbolisch für die Gefangenschaft"

In deinem "Can't Be Tamed"-Video tanzt du mit gefiederten Flügeln und viel nackter Haut in einem Käfig. Nach deinen Worten handele es sich dabei nicht einfach um ein weiteres sexy Video, das sich nur um die Frage drehe, wer am wenigsten Klamotten trägt. Sexy ist es aber trotzdem, oder?

Ich habe nie gesagt, es sei nicht sexy. Aber dem Video liegt ein klares Konzept zugrunde: Es geht um den mitunter langen Kampf, sich nicht nach den Vorstellungen anderer Leute zu verhalten, sondern seine eigene Persönlichkeit zu finden. Der Käfig steht symbolisch für die Gefangenschaft, für die Urteile anderer, aus dem man ausbrechen muss. Natürlich ist der Clip auch sexy, aber keinesfalls substanzlos.

Vor kurzem bist du in Portugal auf einem Rock Festival neben Bands wie Rammstein und Muse aufgetreten. War es einer deiner schwierigsten Auftritte?

Im Gegenteil, ich hatte einen Riesenspaß. Die Zuschauer wollten einfach nur Party machen und waren wegen der Musik da. Junge und alte Fans standen Seite an Seite und ich konnte gut mit ihnen interagieren.

Glaubst du, es waren auch "Hannah Montana"-Fans dort?

Ich denke schon, aber mehr ältere Fans, die wohl wegen meinen neuen Songs gekommen sind.

Hast du auch Bands backstage getroffen? Vielleicht Rammstein?

Rammstein nicht, aber ein paar andere. Ich weiß leider nicht mehr, wie man sie ausspricht. Es war lustig.

Für mächtig Wirbel in den Online-Foren sorgte danach eine Songansage von dir, die weithin als Liebesgeständnis für Nick Jonas gedeutet wurde. Hast du ...

(harsch) Es war kein Liebesgeständnis an Nick. Ich habe ihm das Lied auch nicht gewidmet, ich habe lediglich gesagt, es geht um ihn. Und wenn man den Text genau anhört, merkt man, dass er nicht ausschließlich eine Liebesgeschichte erzählt. Es geht um das Gefühl, einen Menschen zu lieben und gern zu haben, was nicht automatisch bedeutet, dass man mit dieser Person liiert sein muss.

"Die Fans dürfen ruhig was wissen, aber bitte nicht alles!"

Wie nimmst du es wahr, was über dich im Internet geschrieben wird?

Ich vertreibe mir meine Zeit nicht in Online-Foren. Kommentare zu lesen ist Zeitverschwendung. Ich finde es schwach, wenn man nichts anderes zu tun hat, als irgendwelche negativen Kommentare zu posten. Viele Fans schreiben mir Briefe oder Messages an mein Mileyworld-Board. Das ist okay.

Ich finde es interessant, dass du eine der wenigen jungen Künstler bist, die Social Networking-Seiten wie Twitter ablehnen. Justin Bieber zum Beispiel tweetet 20 Kommentare pro Tag.

(stöhnt) Ich weiß, bei ihm dreht sich alles nur darum. Vor kurzem haben wir uns in L.A. zum Essen getroffen und er war ständig nur mit dem Ding beschäftigt. Ich bin froh, dass ich damit nichts zu tun habe.

Findest du die Idee langweilig oder unnötig, deine Fans 24 Stunden am Tag mit Infos aus deinem Privatleben zu versorgen?

Die Fans dürfen ruhig was wissen, aber bitte nicht alles. Die Paparazzi machen sowieso ihre Bilder und einmal die Woche kann man sich ruhig auch auf der eigenen Homepage äußern. Alle zehn Minuten ist aber vielleicht etwas übertrieben.

Es gibt gute und schlechte Vorbilder früherer Disney-Stars, die versucht haben, auf eigenen Füßen zu stehen. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Regeln, an die du dich nun halten musst?

Ich glaube es gibt keine. Ich sollte das tun, was ich gern mache und versuchen, der Künstler zu sein, der ich sein möchte. Und hoffentlich gefällt das dann auch meinen Fans.

Die Label-Dame meldet sich zurück: Okay, one last question please!

Ok. Miley, du hast kürzlich behauptet, du würdest privat überhaupt keine Popmusik hören. Stimmt das?

Ja, das ist so. Aber eine Ausnahme gibt es: Lady Gaga. Ich liebe sie einfach.

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