laut.de-Kritik
Rauf auf die Bühne, Club zerlegen, Afterparty.
Review von Manuel BergerWer mit Slash, Nickelback und Alice In Chains auf Tour geht, kennt sich mit großen Bühnen aus. Die gesammelten Erfahrungen schlagen sich bei Monster Truck hörbar nieder. Die Kanadier wissen nicht nur, wie man große Bühnen bespielt – sie wissen auch, womit sie diese Bühnen bespielen müssen.
Angefangen bei "Why Are You Not Rocking?" bis hin zum Rausschmeißer "Enjoy The Time" – "Sittin' Heavy", der zweite Longplayer der Band aus Hamilton, reiht Hit an Hit an Hit. Jeder verdammte Song ist eine Hymne, der das Potential hat, Massen zu dirigieren. Monster Truck kochen zwar ganz bestimmt keine besonders neue Rezepturen. Doch ihr Rocklexikon haben sie bestens memoriert. Und können es vor allem auch umsetzen.
70er- und 80er-Flair herrscht, wohin das Ohr sich richtet. Im Jahr 2016 wähnt man sich bestimmt nicht, wenn man dieses Album hört. Dazu abfeiern funktioniert natürlich trotzdem prächtig. Ihren Sound gestalten Monster Truck extrem bluesig, Namen wie Joe Bonamassa, an den Sänger Jon Harvey auch stimmlich erinnert, fallen sofort ein. Oder eben Slash, Lynyrd Skynyrd, Led Zeppelin. Die üblichen Verdächtigen. Dabei legt der Vierer viel Wert darauf, dass die Songs nicht glatt, sondern im Gegenteil leicht dreckig und handgemacht aus den Boxen kommen. Was einem Liveerlebnis ziemlich nahe kommt. Schließt man die Augen, kann man sich die Band problemlos in Aktion vorstellen.
Erst recht, wenn eine Walze wie "The Enforcer" auf einen zukommt. Es fällt schwer, sich einen fordernderen Track als diesen auszumalen. Mitsingspielchen in Arenaausmaß wären damit garantiert kein Problem. Hardrockriffs ebnen den Boden für Jon Harvey, der am Mikro komplett ausrastet. Das Gitarrensolo fügt sich ebensogut ins Bild der Stadionatmosphäre ein.
Obwohl das alles wohl mindestens genauso gut im verrauchten Rockerclub klingt. Denn trotz allem Potential für das ganz Große haftet Monster Truck die lässige, echte Attitüde einer Band an, die zusammengepfercht im Van und einer Bierkiste auf dem Schoß stundenlang zum nächsten schlechtbezahlten Gig gurkt, einfach, um Spaß zu haben.
Dazu passen Songs wie der Opener, die schnell, kraftvoll und ohne überflüssige Schnörkel straight auf den Punkt kommen. Rauf auf die Bühne, Club zerlegen, Afterparty. Das währenddessen angeschlagene Tempo fällt häufig recht hoch aus, langsam können Monster Truck aber genauso gut. Wesentlich besinnlicher als seine Kollegen fällt zum Beispiel "Black Forest" aus. Warm breitet sich die Melodiedecke über den Hörer, Schmusestimmung kommt auf, Jon Harvey zeigt, dass er nicht nur die Röhre drauf hat, sondern auch weich brilliert.
Nichtsdestotrotz bleibt die größte Stärke des Quartetts die Bewegung. Sich dieser bei "Things Get Better" zu entziehen, ist schier unmöglich. Mit Handclaps und Barpiano schwofen sich Monster Truck durch einen Feelgood-Track der Extraklasse. Selbst Rival Sons wären neidisch auf dieses Stück Vintage-Musik.
Apropos Barpiano: Harvey mag dominante Vocallines beisteuern und sein Bass liefert eine fette Basis, Gitarrist Jeremy Widerman kontrolliert die Songs mit seinen Riffs, Drummer Steve Kiely hat Groove ohne Ende – doch das vielleicht wichtigste Soundelement Monster Trucks ist Brandon Bliss. Beziehungsweise dessen Orgel. Jon Lord und Deep Purple lassen grüßen. Die anderen mögen die Struktur vorgeben – Bliss sorgt für die nötige Würze, das Besondere. Das, was dich zu Monster Truck zurückkehren lässt. Das, was dich zur Repeattaste zwingt.
Und hin und wieder gibt dann eben auch mal Bliss den Initiator. Wie zum Schluss bei "Enjoy The Time". Teilweise coexistieren hier nur sein Lullaby-Klang und Jons Stimme. Und dann ist da eben noch die "Sweet Home Alabama"-Gitarre, die das Ganze zur Hymne ausbaut. Womit wir wieder am Anfang wären: jeder Song eine Hymne. Hört euch dieses Album an! Und bleibt ja nicht sitzen!
7 Kommentare mit 2 Antworten
Amtliche Platte, Leude. Wer an Wolfmother & Co Fett und Schweiß vermisst, dürfte hiermit sehr glücklich werden. Dem Indie-Rock-Hipster wird das natürlich alles zu altbacken und zu prollig klingen, aber genau darum gehts hier, und das ist verfickt nochmal gut so.
Das Ding knarst und brettert alles platt ohne Lippenstifft und Schnörkel. Experimente sucht man auch vergebens...gut so.
Rockig, fett, stampfend: Die richtige Mischung für einen trüben Montagmorgen, um in Schwung zu kommen! Perfekt.
Heute ist Dienstag... duuu warst doch gestern auf der Arbeit, oder?
Pommesgabel bis zum Truck!
Das Ding haut wirklich rein. Neben "The Enforcer" finde ich Track Nr. 4 "For the people" einfach genial.
Haut mich jetzt nicht ... aber das ist der genau der Silberling, den ich mir seit über zehn Jahren von Nickelback wünsche. "The Enforcer" ist einfach zu geil, besonders wenn's heißt "...and those teeth you remember..."