laut.de-Kritik

Trotz guter Trap-Ironisierung teilweise zu diffus.

Review von

Im besten Song auf "Emuna" passiert gar nicht viel. Dezente Synthie-Loops und eine flaumig-entspannte Drum-Machine prägen "Du", was für viele heutige Acts produktionstechnisch ausreichend wäre, bevor sie ihre prahlerischen Texte von der Kette lassen. Doch dann kommt Moses Pelham, gibt zu, dass er nicht weiß, wie er es am besten machen soll, und unkt in "Wunder": "Das hier muss scheitern / schon an Begrifflichkeiten / denn ich hab keine Peilung / was die Kids grad fragen / meinst du, die meinen was ich meine / wenn sie Hip Hop sagen?"

Was Pelham selbst 2020 damit meint, reicht von der klassischen 90er-Vermählung housiger Melodie-Passagen mit Rap im alten Stil in "Backstein" bis zu getragenen R'n'B-Chorälen a la "Lala". Ein bisschen Cloud-Rap-Ästhetik in "Wunder" trifft nun auf das Zerfließen der Grenzen zwischen Pop und Boom Bap-Design in "Der Mond Hört Mir Zu (feat. Majan)". Gast Majan inspirierte da gewiss: Es ist sein besonderer neuer Stil. Jedoch hört man seine Stimme zwischen den dicken Kickdrums kaum, nur ein bisschen Background steht ihm zu. Die Platte lässt keinen rechten Platz für Gäste - seltsam, dass sie dann doch ohne Stringenz auseinander bröselt.

"Emuna" gewinnt zunächst dadurch, dass hier ausgerechnet die seit 1988 aktive Rödelheimer Kultfigur des Deutsch-Rap das Genre öffnen will. Aber um jeden Preis? Wenn er Dubstep mit der leidenden Stimme von Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß kreuzt? Dickes Fragezeichen.

Auf "I Love You (feat. Vega)" fühlt man sich in den Dream-Drum'n'Bass von Faithless zurückversetzt. In "Notaufnahme" hämmern und pumpen die Taktschläge so offbeatlastig und bouncen so luftig gelungen, dass man sich kurz im Trip Hop wähnt. Der Song bebt vor Verbaldramatik ("Wenn die Kacke am Dampfen is'", "Wenn der Strick um deinen Hals is' / Und die Schlinge sich schließt").

Schon vor Veröffentlichung kannte man zwei Klavierballaden als Singles: "Weiße Fahne" mit kantigem, "Juli" mit eher kryptischem Text. Beide Songs zusammen ziehen das Album weit in den Deutsch-Pop hinein und gleichzeitig auf ein feierlich-sakrales Niveau. Die Trap-Ironisierung in "Backstein" gelingt ihm. Dort kehrt die Kraft alter Songs wie "Für Die Ewigkeit" weitgehend zurück. Den alten, subtilen Acid-Jazz-Anstrich aus RHP-Tagen ("Höha Schnella Weita") führt Moses perfekt mit heutigen Peitsch-Beats zusammen, die er rund um einen Dialog mit dem Frankfurter "90ies Kid" Namika schlagen lässt. "Äää!!!111" lautet der coole Songtitel. Originelle oder zumindest sehr angenehme Einzelmomente finden sich etliche.

Dabei schien doch der Glaube, betont durch den hebräischen Albumtitel, schon als roter Faden ausgemacht. Doch selbst mit viel Sympathie für Gospel und einer Affinität zu selbstreflektierten Lyrics lässt sich hier wenig Magisches ausmachen. Bis auf "Du", das so startet: "Du bist wie du bist wie du bist wie du bist gut / du bist mein Blut / du bist gut / und keine andere keine andere keine andere ist wie du (...) / ich schätz du hast noch gar nicht gerafft, wie du strahlst, wenn du lachst / dass jede Farbe verblasst und wie das sympathisch macht / mit welcher magischen Kraft / gleich welcher Lage / du was Überragendes hast." Für solche Zeilen geht die Goetheplakette der Mainmetropole völlig in Ordnung.

Trackliste

  1. 1. Notaufnahme
  2. 2. Wunder
  3. 3. Weiße Fahne
  4. 4. Der Mond Hört Mir Zu (feat. Majan)
  5. 5. Du
  6. 6. Backstein
  7. 7. Lala
  8. 8. Äää!!!111
  9. 9. Juli
  10. 10. Emuna (feat. Stefanie Kloß)
  11. 11. I Love You (feat. Vega)
  12. 12. Emuna (akustisch) (feat. Stefanie Kloß)

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