laut.de-Kritik
Ein versoffener Abend klingt definitiv anders.
Review von Andreas DittmannDas deutsche Irish-Folk-Rock-Publikum scheint ein genügsames, jedoch unbarmherziges Publikum zu sein, das genaue Vorstellungen davon hat, wie das Genre klingen soll. Wer da reinpasst, wird dann auch über alle Maße geliebt. Anders ist es einfach nicht zu erklären, dass zum Beispiel Fiddler's Green seit Jahren immer wieder das gleiche Album veröffentlichen – und damit auch noch Erfolg haben.
Mr. Irish Bastard wollten eigentlich einen anderen Weg gehen, eben keine Klischees bedienen. "The World, The Flesh And The Devil" ist bis auf ein paar Ausnahmen aber genau das typische Irish-Folk-Album geworden, das es nicht sein wollte. Der Erfolg ist also praktisch vorprogrammiert.
Was braucht man für solch ein Album? Trinklieder, die das Gemeinschaftsgefühl stärken und vom Zusammenhalt an der Theke und dem üblen Hangover am nächsten Tag handeln. Banjo, Mandoline, Tin Whistle, Quetsche und Geige dürfen auf keinen Fall fehlen und hauen ihre beschwingten Melodien rein, sobald grad keiner singt. Und vor allem braucht es in fast jedem Song den Polka-Off-Beat, damit das tanzwütige Volk ordentlich abgeht. Denn wenn das Publikum tanzt, hat die Band gewonnen. Dann ist es auch egal, ob alle Songs ähnlich klingen.
"Kingdom Of The Sun" ist kein besonders spektakulärer aber funktionierender Anfang - ein typischer Mr. Irish Bastard-Song. "Drink Another Day" und "Ballad Of A Workshy Man" schlagen in eine ähnliche Kerbe. "Monsters In The Light" versucht dann erstmals mit Diskobeat und Dissonanzen aus dem Genre-Korsett auszubrechen, zündet aber einfach nicht und zieht sich unnötig lange hin. Bei "Black Island Ferry" wird ordentlich geschunkelt, "Captain O Captain" wird von der Mandoline über die Planke gejagt.
Alles soweit okay, aber eben nicht herausragend. Selbst wenn ein Song interessant anfängt, wie zum Beispiel "Fuck You My Darling" mit tiefem Gegrummel und Gepfeife, verziehen sich die Bastards schließlich doch wieder in altbekannte Folk-Punk-Gefilde. Das machen sie zugegebenermaßen nicht schlechter als die Tossers, die Porters, die Killigans und wie sie alle heißen – bester Beweis dafür ist "Evil Ways". Besser oder anders klingen die Bastards aber eben auch nicht. Dem Genre haben sie kaum etwas hinzuzufügen.
Es gibt aber auch Ausnahmen: "Don't You Walk Away" zum Beispiel stampft über Fingerpicking-Gitarre und Rock'n'Roll-Riff. "All The Time In The World" beginnt mit Chor, hat eine feine Melodie und genug Abwechslung, um über vier Minuten die Spannung zu halten. Bei "Drink Another Day" fetzt ein feines Mando-Solo rein, die sollte es ja generell öfters geben. Es sind diese kleinen Momente, die einen dann doch wieder aufhorchen lassen. Viel mehr davon wäre schön gewesen. Aber Mr. Irish Bastard ruhen sich ein wenig zu sehr auf dem Party- und Festivalband-Status aus.
Die Produktion ist auch noch unglaublich glatt und schwachbrüstig geraten, ein versoffener Abend klingt definitiv anders. Das schmutzige "A Handful Of Dirt" wäre hier ein guter Ansatzpunkt gewesen. Nicht nur vom Sound. Was gestern noch lustig und spaßig war, ist heute irgendwie schal und abgestanden. Das können die wenigen Songperlen auch nicht mehr rausreißen.
3 Kommentare mit einer Antwort
Die waren doch noch nie gut. Hab die vor Jahren mal live in Hamburg gesehen und da haben die auch schon derbe enttäuscht.
Ist genau wie mit den Mahones, können an sich nich wirklich was, schreiben immer den selben Song, aber das Publikum is zu besoffen ums zu merken.
Naja, ich bleib bei Irish Folk Punk dann doch lieber bei Blood or Whiskey.
man sollte generell nicht solche musik machen. außer man ist shane macgowan
Dem würde ich herzlichst wiedersprechen, gibt genug klasse Bands in dem Genre.
Ist doch egal, nach dem fünftzehnten Pint kann man Musik und das Kotzgeräusch des Sitznachbarn sowieso nicht mehr unterscheiden.