laut.de-Kritik

Viel mehr als die brave Schwester von The Notwist.

Review von

Eine knappe Dekade ist es her, dass Michael Acher und Stefanie Böhm ein Album lancierten. "Loom", das neue Werk, macht trotzdem nicht den Anschein, als hätten sich der Notwist-Basser und die Keyboarderin der Münchner Gruppe Couch erst wieder eingrooven müssen. Vom ersten stehenden Synthiebass und der ersten gehauchten Silbe Böhms an zirpt sich der warme indietronische Dream-Pop auf Betriebstemperatur.

Das Feintuning der Arrangements erinnert dabei stets an Achers Stammband. Auch wenn der matte Soundteppich von Ms. John Soda weniger kratzt als die Texturen der Oberbayern. Und doch läuft "Loom" nie Gefahr, zu gefällig zu geraten oder in die Bedeutungslosigkeit wegzuschlummern.

Stattdessen hat einen diese taube Melancholie direkt am Haken. Vielleicht ist es Böhms Gesang, der schwerelos im Raum steht, oder es sind Achers schwelgerische, aber niemals zu düsteren Melodien, die etwa "Hero Whales" so luftig klingen lassen. Insgesamt lassen die fluktuierenden und pulsierenden Sphären und Effektschnipsel viel Platz zur Entfaltung und schieben sich nie vor Böhms Gesang.

Trotz Drive hat auch "Loom" Momente, in denen jeder Trost unendlich fern wirkt. Etwa im tieftraurigen "The Light", das mit Glockenspiel und Klavier-Versatzstücken eine unergründliche Dunkelheit einziehen lässt, ohne dabei an Larmoyanz zu kränkeln. In "Sodawaltz" schafft es das Duo mit zurückgenommener Elektronik, einem Soft-8-Bit-Layer, starr eindringlichem Gesang und sogar einem heimlichen Trompetensolo auf die Tristesse einen Walzer zu tanzen.

Obwohl sich in den Produktionen so viele instrumentalen Sedimente schichten, gelingt es Ms. John Soda, ihre Musik stets schlicht und zu keiner Zeit überladen auszuformulieren. Analoge Riffs bilden eine Symbiose mit artifiziellem Allerlei und überblenden einander, bis aus allen Einzelteilen eine stimmige Einheit erwächst. Und irgendwie haben diese Stücke diese wahnsinnig sympathische Bescheidenheit und Selbstlosigkeit eines kaum beachteten Nebenprojekts.

Genau das macht die große Stärke der Platte aus, die in keinem Takt nach Beachtung giert, sondern einfach nur eine Welt für sich kreiert - eine kleine eigene, einer Schüttelkugel gleich. In "Oh Seven" integriert Böhm eine Art Sprechgesang in ihren sonst so unverrückbaren Gesangsgestus. Dies verleiht dem ambienten Track, der das auf "Loom" bewährte Modell von fluiden Arpeggio-Bewegungen über fast hip-hoppigen Drumbeats fortsetzt, noch mehr Introspektive.

Ms. John Soda respektive "Loom" ist nicht einfach die brave Schwester von The Notwist. Wie ein unangestrengtes Nebenprodukt, das gerade deshalb so frei von jeglichem Druck klingt, weil keiner wirklich darauf gewartet hat. Dabei haben sich die neun Jahre Abstinenz definitiv ausgezahlt.

Trackliste

  1. 1. In My Arms
  2. 2. Hero Whales
  3. 3. Millions
  4. 4. The Light
  5. 5. Sodawaltz
  6. 6. Hi Fool
  7. 7. Sirens
  8. 8. Name It
  9. 9. Oh Seven
  10. 10. Fall Away

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