laut.de-Kritik

Der Interpol-Sänger fährt im ersten Gang durch den Regen.

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Der Begriff "Supergroup" gaukelt Sensation vor. Die Besten der Besten kommen zusammen, um die ultimative Musik aufzunehmen. Muzz, bestehend aus Paul Banks (Interpol), Matt Barrick (The Walkmen) und Josh Kaufman (Bonny Light Horseman), erfüllen die offensichtlichen Merkmale einer "Supergroup". Musikalisch untertreiben sie es allerdings mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum. Hier treffen sich keine Stars, sondern alte Schulfreunde, die endlich Zeit für eine gemeinsame Platte gefunden haben.

Entsprechend handzahm geht es auf "Muzz" zu. Keiner der drei New Yorker drückt sich in den Vordergrund. Stattdessen plätschert der radiotaugliche Indie-Rock dahin, klingt aber niemals beliebig. Der verträumte Opener "Bad Feeling" fährt die Hörerinnen und Hörer im ersten Gang durch den Regen. Aufregung erwartet dabei niemand. Wenn Trompeten die herrlich trübe Stimmung im letzten Viertel des Stücks befeuern, zeigt sich allerdings die Klasse des Albums. Trotz eines zusammenhängenden Sounds stechen immer wieder überraschende Elemente heraus.

"Broken tambourine / It's inside all my futures / Slowing everything", singt Banks mit monotoner Stimme. In anderen Liedern flüstert er fast. Sein Organ hat Grenzen, die weibliche Backing-Vocals vernebeln. In die Stimmung der Musik passt das. Zerbrechlich und verletzlich wie der Gesang klingen auch die Texte: "Years on the road I was taught / Impossibly it's perfect."

"Knuckleduster" drückt erstmals aufs Gaspedal. Das Schlagzeug taktet schneller, die E-Gitarre muss richtig arbeiten. Synthie-Sounds und ein funky Basslauf begrüßen in "Evergreen" dagegen wieder zum Sitztanz. Ein einminütiges Piano-Intro eröffnet "Broken Tambourine" und unterstreicht einmal mehr den zurückgelehnten Vibe der Platte. Folk, Americana, Indie-Pop oder etwas ganz anderes: Muzz lassen sich in keine Schublade stecken.

Banks, Barrick und Kaufman haben ohne Druck gearbeitet. Zumindest klingen die zwölf Stücke so. Unaufgeregt, aber mit viel Spielfreude zeigen Muzz, dass eine Supergroup nichts mit Blockbustern zu tun haben muss. Dieses Album stellt eine solide Grundlage für ein (hoffentlich) langlebiges Nebenprojekt dar.

Trackliste

  1. 1. Bad Feeling
  2. 2. Evergreen
  3. 3. Red Western Sky
  4. 4. Patchouli
  5. 5. Everything Like It Used To Be
  6. 6. Broken Tambourine
  7. 7. Knuckleduster
  8. 8. Chubby Checker
  9. 9. How Many Days
  10. 10. Summer Love
  11. 11. All Is Dead To Me
  12. 12. Trinidad

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4 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    5/5. Und - weil der Vergleich naheliegt - sehr viel schöner als die reichlich belanglose Interpol-A-Fine-Mess-EP vom letzten Jahr.

  • Vor 3 Jahren

    Wirklich ein sehr schönes Album! So schön unaufgeregt klang schon lange nichts mehr, ohne an der Belanglosigkeit zu kratzen. Banks Stimme ist ein zusätzliches Pfund.

  • Vor 3 Jahren

    Ich finde leider, dass die Scheibe nach den tollen drei Stücken zum Auftakt ein bisschen nachlässt und in ihren schwächsten Momenten (Summer Love) eben doch ein wenig vor sich hin dümpelt. Aber schon hübsch zu hören, gerade Knuckleduster und All Is Dead To Me gefallen mir neben dem erwähnten Einstieg sehr.

    Bin unterm Strich näher an 3 als an 4 von 5 schätze. Für noch mehr Begeisterung hätte es bei mir vermutlich öfter den zweiten Gang gebraucht, um eine Formulierung des grundbesten hrvorragend von anderer Stelle aufzugreifen. Aber die kann man auf jeden Fall mal im Auge behalten, sofern das Projekt denn weitergeführt wird.

    • Vor 3 Jahren

      Erstmal :*

      Dann hast du natürlich schon ein bisschen Recht. Der Platte geht nach hinten raus auf hohem Niveau die Luft aus und Numbered Days und Summer Love können das Level der ersten Hälfte nicht halten. Ich fands trotzdem spannender als alles was Banks in den letzten 14 Jahren veranstaltet hat und das obwohl die Rap-Rock Scheibe mit dem RZA ein heimliche Guilty Pleasure von mir ist :D

      Hat mich auf jeden Fall davor bewahrt, mich mit den Lockdown Alben von Taylor Swift beschäftigen zu müssen ;)

    • Vor 3 Jahren

      Ich mag ja die, wenngleich damals hier vll. etwas überschwänglich besprochene, Julian Plenti is Skyscraper von 2009 wirklich noch sehr gerne. Aber sind erstens auch schon 12 und zweitens gebe ich dir, zumindest in Bezug auf die Hauptband, schon recht, OLTA war die letzte Großtat.