laut.de-Kritik
Auch im Akustik-Punk gilt: It’s a long way to the top!
Review von Tom KüppersWer nicht zu den ausgesprochenen Fans von Nathan Gray zählt, kommt hinsichtlich seines Schaffen abseits der immer mal wieder reüssierenden Hauptband Boysetsfire schnell durcheinander. Wir helfen gerne.
Zunächst hat er nach dem ersten Abgesang von BSF The Casting Out ins Leben gerufen, sich dann mit seinem Sohn zusammen als I Am Heresy an Metalcore versucht, danach im (mehr oder weniger) Solo-Kontext als "Nthn Gry" eine EP und mit dem Nathan Gray Collective Anfang 2017 das elektrolastige "Until The Darkness Takes Us" abgeliefert. Alles klar soweit?
Der Protagonist preist "Feral Hymns" nun als sein erstes 'richtiges' Soloalbum an, die Plattenfirma wirft sogar mit "Meilenstein" und "Die Erfüllung seines Traums" um sich. Nun ja. Auf seinem neuen Werk präsentiert sich Gray ziemlich reduziert, setzt hin und wieder zwar die E-Gitarre ein, verlässt sich aber sonst auf eine eher spärliche Begleitung aus Cello oder Klavier.
Damit ist er beileibe nicht der erste Musiker aus der Punk- und Hardcore-Szene, der versucht, sich in einem solchen Gewand neu zu erfinden. Chuck Ragan (Hot Water Music) hat es seinerzeit mit Bravour vorgemacht, dann kamen Dave Hause (The Loved Ones), Brian Fallon (The Gaslight Anthem) und, und, und. Doch auch im Akustik-Punk gilt: It’s a long way to the top.
Im Vergleich mit seinen Zeitgenossen schneidet Gray deutlich schlechter ab. Das Hauptproblem ist, dass die paar Titel, die in irgendeiner Weise haften bleiben, sich aus dem bereits bekannten Gray-Œuvre bedienen. "Across Five Years" ist von Boysetsfire, der The Casting Out-Katalog wird mit "Alone", "Quixote’s Last Ride", "Ebbing Of The Tide" referenziert. Geile Songs, gute Versionen, überhaupt keine Frage. Aber das war es dann im großen und ganzen auch schon an Höhepunkten.
Der Großteil von "Feral Hymns" klingt zu bemüht, zu überambitioniert, gelegentlich sogar merkwürdig kalkuliert. Wie die Neueinspielung von "Wayward Ghosts" (von der "Nthn Gry"-EP) , die nach BSF Ausschussware riecht. Je öfter man diese Platte hört, desto mehr regt man sich über derartige Langeweiler auf.
Die Abiturjahrgänge der Jahre 1997 - 2004 geraten über das hier möglicherweise in kollektive Ekstase, es handelt sich ja schließlich immer noch um den Nathan von ihren Boysetsfire. Und ja, einen guten Song kriegt natürlich nichts kaputt. Aber davon hat "Feral Hymns" schlicht und ergreifend einfach zu wenige.
4 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Zumindest seinen Namen könntet ihr richtig schreiben... aber bei der Bewertung bin ich bei euch.
Man hat immer das Gefühl dass Gray bei seinem Nebenprojekten unter seinen Möglichkeiten bleibt...schlecht ist das Album nicht, aber auch kein Brüller...schade...
Großartiges Album! Für mich eine der Entdeckungen des Jahres bisher. Bei den ersten Durchläufen fehlt einem
zwar irgendwie die Band, aber dann... große Songs. Wie man das jetzt mit Chuck Ragan oder Brian Fallon vergleichen kann, erschließt sich mir nicht.