Alle Jahre wieder die gleichen vorhersehbaren Preisträger und die üblichen Auftritte der gewohnten Musiker - der Musikpreis Echo bleibt sich treu.
Berlin (mma) - Der Boulevard überschlägt sich Jahr für Jahr mit Lobhudelei. Der Echo sei nach den Grammys der wichtigste Musikpreis der Welt, geben Bild & Co. der Seifenblase ordentlich Luft. Der Blick in die heutigen Feuilletons entlarvt jedoch die wahre Bedeutung des "deutschen Musik-Oscars", der in Berlin zum 14. Mal stattfand. "Echo-Stars im Rausch der großen Gefühle" heißt es zum Beispiel bei RTL und Bild.
Wenn die Musik schon nicht internationale Klasse besitzt, feiert man halt das "Hollywood-Feeling" auf dem roten Teppich. Auf dem seien die Deutschen mittlerweile echt konkurrenzfähig, lautet der Tenor der Presse. Echo-Klatsch, der es neben Papst-Specials in die Zeitungsausgaben geschafft hat: Endlich Liebesglück für Wuchtbrumme Anastacia und MTV-Moderator Patrice? Fällt Moderatorin Yvonne Catterfeld nach der Sendung ihrem Wayne Carpendale in die Arme? Mit wem hält Popdummchen Jeanette Händchen? Letztere nahm den Echo für das beste nationale Video ("Run With Me") in Empfang, was unerfreuliche Rückschlüsse auf das Niveau des Viva-Publikums zulässt.
Aber schließlich feiert sich die Musikindustrie mit dem Echo bekanntermaßen in erster Linie selbst. Die Selbstbeweihräucherung des Verleihers, die Deutsche Phono-Akademie, ersetzt hier nicht vorhandene Pietät. Und wenn die musikalische Messlatte so niedrig liegt, dass Anastacia, De Randfichten und sogar das kleine Krokodil Schnappi mit Abstand reißen, muss eben das Szenegemauschel die Nachricht hergeben.
Oliver Geissen und Yvonne Catterfeld führten nordisch-unterkühlt durch den Abend. Für gewohnt berechenbare Programmuntermalung sorgte Michael Mittermeier mit Witzen aus der Comedy-Ursuppe, und auch die Berufsprovokateure Rammstein ordneten sich letztlich brav in den Konformitätsreigen ein. Die Ansage "Eigentlich sollten wir uns bedanken, aber wir haben keine Lust" von Frontmann Till Lindemann bei der Preisannahme gehört wie die anderen "Auftritte" direkt ins Register Promotion einsortiert.
International sah es für die Echo-Veranstalter noch düsterer aus: Eminem (Bester Hip Hop) disste in einer Videobotschaft die hässliche Echo-Trophäe, Robbie Williams (Bester Künstler) war sich sogar für eine solche Nachricht zu schade. Der Echo 2005 diente mal wieder als Bühne für die üblichen Verdächtigen von gestern (Mariah Carey, Udo Jürgens, Peter Maffay, Nena, Westernhagen) inklusive seelenloser Beigabe von jungem Blut (Yvonne Catterfeld, Annett Louisan). Dass Adam Greens Anwesenheit trotz versammelter Journaille völlig unterging, beweist zu guter Letzt, wie weit der Echo vom Puls der Zeit entfernt ist.
Noch keine Kommentare