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Frauenquote auf Festivals?

Ist eine Frauenquote im Musikbusiness sinnvoll?

Andre Lieberberg, Live Nation (Rock am Ring/Rock im Park):

Sowohl vor als auch hinter den Kulissen ist eine Erhöhung des Frauenanteils extrem wichtig, nicht nur aus ökonomischer Hinsicht, sondern auch aus einem kulturell-sozialem Blickwinkel betrachtet.

Heike Kaufmann (poolbar-Festival):

Ja und nein. Es ist außerordentlich wichtig, dass eine gewisse Frauenpräsenz im Musikbusiness angestrebt wird, einfach weil dieses so eklatant männerlastig ist. Dieses völlige Unverhältnis gehört zurechtgerückt, und zwar dringend und weil man davon überzeugt ist - was Notwendigkeit und Freiwilligkeit impliziert. Alles, was Zwang beinhaltet, ist andererseits nicht ehrlich. Also ist eine Frauenquote, die fremdbestimmt auferlegt wird, nicht sinnvoll.

Timo Kump, Karakter-Live (Maifeld Derby):

Ich bin allgemein kein Fan von Quoten. Wir haben schon immer eine vergleichsweise hohe Frauenquote, in Relation auch auf Headliner Ebene. Aber darüber haben ausschließlich Inhalte entschieden, und es war nie eine bewusste Entscheidung pro Quote. Wir hatten schon so großartige Künsterinnen wie Roisin Murphy, Wallis Bird, Daughter, Warpaint, St.Vincent, Sophie Hunger, Amanda Palmer oder Julien Baker zu Gast, aber dennoch lag die Frauenquote im Schnitt vermutlich eher so um 20 Prozent.

Das finde ich auch wenig, aber es entspricht im Verhältnis dem Angebot der für uns relevanten KünstlerInnen (Genre, Exklusivität, Qualität, Verfügbarkeit etc.). Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal keinen weiblichen Headliner, und das ist keine Haltung. Eine Forderung nach 50:50 erachte ich daher noch als übertrieben, aber es geht zunächst ja auch erst mal darum, Bewusstsein zu schaffen. Dass diese in dieser Form notwendig ist, habe ich auch erst dadurch zur Kenntnis genommen. Insofern unterstützte ich zwar die Kampagne aus vollster Überzeugung, aber nicht doch die Quote. Basisarbeit, Geduld und Selbstbewusstsein werden dafür sorgen, dass der Frauenanteil auf den Festivalpostern weiter ansteigen wird.

Jonas Rhode, FKP Scorpio (Southside/Hurricane u.a.):

Natürlich ist es sinnvoll, auch und vor allem langfristig, weibliche Künstlerinnen gezielt zu stärken, die sich in vielen Genres derzeit in der Unterzahl befinden. Ob dafür aber eine starre Quote das richtige Instrument ist, halten wir für fraglich.

Letztendlich werden die Weichen jeder Karriere schon sehr früh gestellt, das fängt schon bei der Musikinstrumentenwahl und gesellschaftlichen Konventionen an, von denen Musikgenres ja auch immer ein Ausdruck sind. Das spricht dafür, dass wirkliche Gleichberechtigung ein langer und gesamtgesellschaftlicher Prozess sein muss. Und das erfordert abseits einer bloßen Quote für Festivals vor allem einen kulturellen Wandel, wenn die Veränderung wirklich nachhaltig sein soll.

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