Mit zwei Ami-Rapperinnen ging sie auf die Eins - und schaffte es kurz darauf kaum mehr in die Top 100.

Berlin (ynk) - Ein bisschen Ehre gebührt Katja Krasavice ja schon dafür, dass sie den ersten ganz weiblichen Ami-Rap-Song seit Salt-N-Peppa auf die Eins gehievt hat. Andererseits fragt man sich: Seit wann haben die Amerikanerinnen denn Support aus Deutschland nötig? Doja Cat und Saweetie hatten, wie es aussieht, denn ohne Katjas Remix wäre ihre Nummer "Best Friend" in Deutschland sicher nicht auf die Eins gegangen.

Ob der Hype aber so organisch ablief, wie es letzte Woche noch aussah, darf man heute schon wieder bezweifeln: Gerade mal sieben Tage später plumpste "Best Friend" ordentlich. Nicht nur ein paar Plätze, nicht nur aus den Top Ten - diese Woche hielt sich der Song mit Müh und Not auf Platz 92 der Single-Charts. Wie kam dieser schräge Chart-Run zustande?

Es sind nicht unlautere Methoden wie Klickkauf oder dergleichen, wie man vorschnell urteilen könnte. Der punktuelle Erfolg des Remixes hat vor allem zwei Gründe. Einmal - seine Neuheit: Es passiert einfach selten, dass deutsche Rapper den Amis als Feature dienen. Es ist zwar kaum davon auszugehen, dass Saweetie und Doja Cat wirklich großes künstlerisches Interesse an Katja haben, sie wurde aber trotzdem als perfektes Remix-Target für den hiesigen Markt identifiziert, der für Amirap mit wenig melodischen Zügen oftmals eine harte Nuss darstellt.

Da wird man schon mal neugierig, ist Katja als Featuregast gelistet und Saweetie kommentiert auf Instagram. Dazu kommt, dass sie sich auf dem Remix gut schlägt. Für das sonst recht lieblose Remix-Genre klingt ihr Verse wertig abgemischt und fügt sich sehr smooth ein. Auch die Flows und die Betonungen setzt sie ganz im Geiste des Originals, sie wirkt so tatsächlich ein wenig wie das deutsche Äquivalent dazu. Natürlich zeigt gerade Doja Cat noch deutlich mehr Stimmfarbe und Persönlichkeit am Mic - Katja fügt dem Song trotzdem etwas hinzu.

Am Ende des Tages bleibt "Best Friend" aber ein Track, der trotz positivem ersten Eindruck, nicht nahe genug an deutschen Hörgewohnheiten stattfindet. Er ist perkussiv, raplastig und abgebrüht, gerade die Leichtfüßigkeit beißt sich ein bisschen mit einem deutschen Mainstream, der im Zweifel Melodien, Pathos und Schwulst bevorzugt. Das dürfte auch der Grund sein, warum die Chartspitze davor und danach vom furchtbaren "Wellerman" geschluckt wurde. Muss man nicht verstehen, diesen deutschen Musikgeschmack.

Dass "Best Friend" überhaupt ganz nach oben kam, war aber doch mehr als nur ein Hype. Denn in Sachen Klicks steht die Nummer gar nicht so stattlich da: Knapp über einer Million auf YouTube, auf Spotify sind die sieben Stellen auch zwei Wochen später noch nicht geknackt. Effektiver war da vermutlich das Bundling, das Katja ziemlich aggressiv beworben hat:

Denn packt man Shirts und sonstiges Merchandise mit der Single zusammen, ist das ein todsicherer Weg, physische Verkaufszahlen in den Super-Sayajin-Modus zu heben. Es wird nicht gemogelt, aber doch ein bisschen geschönt, veröffentlicht man ein 'streng limitiertes Shirt-Angebot' für die eigene "krasseste Community". Teufel-Emoji, Teufel-Emoji. Und fallen die limitierten Sonderverkäufe in der Woche darauf weg, zeigt sich, dass gar nicht so viel immenser Hype hinter der Nummer steckte. Es bleibt nur der solider Remix eines soliden Songs übrig, der zur richtigen Zeit richtig promotet wurde, kurz danach brach der Traffic schon wieder ein.

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1 Kommentar mit 4 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    Für mich immer noch ein Rätsel wie diese Copy-Paste-3D-Print-Bitches a la Katja Krasavice, Loredana, Shirin David und wie sie alle heißen, so einen Erfolg genießen.

    Währenddessen eine Haiyti mit ihrem neuen Werk, dass so nah an einem Future und Travis Scott Album ist und dabei immer noch was eigenständiges hat, völlig untergeht.

    Da stellt sich mir die Frage ob es für den kommerziellen Erfolg als Female Rapper in Deutschland doch entscheidender ist, halbnackt den Big Booty in die Kamera zu strecken anstatt musikalisch zu glänzen?

    • Vor 2 Jahren

      naja, haiyti ist halt doch zu viel kunst und polarisiert durch ihre stimme, die man nachvollziehbar als ziemlich kratzig/rau empfinden kann. dazu schreit sie auch noch viel und ihre collabos mit joey bargeld geben dem ganzen den rest. ich finde beide super. shirin und co. hingegen kommen ja auch gar nicht dezidiert aus dem rap, sondern haben rap später als ein zusätzliches spielfeld für sich entdeckt. wer schon mit tausenden oder sogar millionen fans ins game einsteigt, den kann man halt auch schlecht mit leuten wie haiyti, die außer paar leuten und dem deutschen feuilleton keiner kennt (woher auch?), vergleichen. wenn christiano ronaldo morgen anfängt zu rappen hat er sicher auch bessere verkaufszahlen als 95% der deutschen rapper.

    • Vor 2 Jahren

      Hast vollkommen recht. Habe vergessen dass Shirin & Co. vorher auf YT, Insta undwatweißich unterwegs waren und da ordentlich ihre Reichweite ausgebaut haben.

      Erklärt das Ganze und ist wieder ein schöner Indikator für: Erfolg ungleich Qualität

    • Vor 2 Jahren

      Feier Hayiti tot, aber ihre stimme und der krächzende stimmeinsatz ist doch null geeignet für den mainstream.