Musik für Seefahrer ist das erste Mal seit dem 17. Jahrhundert wieder im Mainstream. Sogar Nickelback profitieren.
Backbord (ynk) - Man mag von den TikTok-Gezeiten halten, was man möchte, aber man muss sie dafür respektieren, wirklich überhaupt nicht vorhersehbar zu sein. Was auch immer ihr auf dem Zettel hattet: Seemannslieder dürften es wohl kaum gewesen sein. Ehrliche Frage: Warum auch? Die längste Zeit war die einzige Zielgruppe, die sich ernsthaft mit dem antiquierten Musikstil auseinandergesetzt hat, die schräge Welt des Piraten-Metals. Aber seit letzten Frühling der Song "Wellerman" veröffentlicht wurde, ist ein Trend entstanden, der alle interessiert:
Die Style-Remixes gehen indes schon eine ganze Weile steil. Auf YouTube und anderen sozialen Medien findet man seinen Lieblings-Hit der letzten zwanzig Jahre wahrscheinlich in jeder Form. Ariana Grandes "Into You" als 80er Disco-Banger? Bitte. "Somebody That I Used To Know" in Vaporwave? Gerne. Shakiras "Hips Don't Lie" als Song mittelalterlicher Barden? Wir haben hunderte. Da leuchtet es ein, dass auch der Seemanns-Stil nur darauf wartet, ausgeschlachtet zu werden.
Während also "Wellerman" auf TikTok immer höhere Wellen schlägt und schon ganz alte Kamellen wie "What Shall We Do With The Drunken Sailor" aus der Traufe gehoben werden, um das Meme zu befrieden, knüpfen weitere an. Die Band Lottery Winners zum Beispiel nimmt eine Version von Nickelbacks "Rockstar" auf. Das gefällt nicht nur den Ironie-Vollprofis im Internet auf Anhieb, auch Nickelback selbst greifen sofort zum Hörer, immerhin vermarkten die sich in diesem Jahrzehnt gefühlt exklusiv auf Basis von Selbstironie. Chad Kroeger springt auf den Remix und einen Tag später knackt der TikTok die Millionenhöhe.
Aber man sollte vielleicht nun auch nicht missverstehen, welche Rolle der Erfolg von "Wellerman" spielt. Es ist ein kurzes, erfrischendes Interlude, das zwar monetären Erfolg einfährt, aber eigentlich mehr ein Meme als ein musikalischer Trend ist. Ähnlich wie Powfus "Death Bed" oder Surf Mesas "Ily" dient es auf TikTok vor allem als sehr spezifisches Stimmungsbild, hier eher für einen Witz als für eine Atmosphäre. Dass Künstler wie "Wellerman"-Macher Nathan Evans jetzt von großen Labels aufgegriffen werden, wird kaum langfristig Bestand haben.
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