Geschmackskonventionen ändern sich. Was vor 32 Jahren offensichtlich von der FSK abgesegnet wurde, gilt spätestens 2008 als Kinderpornografie.
Hannover (thk) - Das Cover des vierten Scorpions-Albums "Virgin Killer" von 1976 alarmiert derzeit die Sittenwächter. Stein des Anstoßes ist die Abbildung eines nackten, zwölfjährigen Mädchens in äußerst fragwürdiger Pose. Der Schambereich des Kindes wird auf der provokanten Darstellung lediglich durch einen Glassprung verdeckt.
Auf Anregung der britischen Internet Watch Foundation (IWF) wurde der englischsprachige Wikipedia-Eintrag zum Album "Virgin Killer" vergangenes Wochenende blockiert, da die Kontrollbehörde die Darstellung als kinderpornografisch einstufte.
Der Artikel landete daraufhin auf ihrer Index-Liste für verbotene Webseiten, woraufhin die größten Internetprovider in Großbritannien den Zugang zur Wikipedia-Seite sperrten.
Pose oder Porno?
Auch in Deutschland diskutiert man nun über eine nachträgliche Indizierung des Covers, nachdem die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Anbieter (FSM) ein Verbot der Darstellung bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien angemahnt hat.
Laut FSM-Geschäftsführerin Sabine Frank handele es sich bei der Abbildung zwar nicht um Kinderpornografie im eigentlichen Sinn, jedoch um ein "Posenbild", dessen Publikation hierzulande verboten sei.
"So etwas würden wir nie wieder machen"
Die Scorpions selbst zeigen sich angesichts des späten Wirbels peinlich berührt und bemühen sich darum, die Wogen zu glätten. "So etwas würden wir nie wieder machen", räumte Gitarrist Rudolf Schenker am Montag gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ein.
Das Cover sei seinerzeit vom Kreativteam der Plattenfirma erstellt worden. Als Teil der Band-Vergangenheit sei es aber unlöschbar. In späteren Album-Editionen hatten die Scorpions ein neutrales Bild gewählt, das die Band beim Posieren zeigt.
"Das Mädchen hatte kein Problem damit"
"Hör dir den Text an, dann weißt du, um was es hier geht. Wir benutzten das Bild nur, um Aufmerksamkeit zu erregen. Als wir das Mädchen 15 Jahre später wiedertrafen, hatte sie überhaupt kein Problem mit dem Cover", kommentiert Schenker die umstrittene Darstellung in besagtem Wikipedia-Artikel.
In der Zwischenzeit rudert auch die Internet Watch Foundation zurück. Nach Meldungen des IT-Blatts Network World werde die Blockade der Seite in Kürze wieder aufgehoben. "In Anbetracht des Umstandes, dass das Bild bereits seit geraumer Zeit präsent und weit verbreitet ist, haben wir uns dazu entschlossen, die fragliche Seite wieder aus unserer schwarzen Liste zu streichen", so das Statement der IWF.
42 Kommentare
Wow die bewegen was ...das Theater hilft dem gerade misbrauchten Kind wenig, schlimmer noch, es wird es vielleich sogar verletzen. Schaumschlägerei ist halt billig und populär geworden.
Die Sache ist jetzt nen Scherz oder?
geschmacklos isses, das cover
@BzR («
Vielem stimme ich zu.
Übrigens bezweifle ich ausdrücklich, dass das Anschauen von Kinderpornos (oder anderen für entsprechend veranlagte Menschen erotisch stimulierenden Materials) tatsächlich eine Auswirkung darauf hat, ob sich der Mensch später auch in der Realität an einem Kind vergreift.
Eine solche Wirkung traue ich Pornos einfach nicht zu. Ich gehe ja auch nicht los, und vergewaltige eine Frau, bloß, weil in Pornos alle Frauen Schlampen sind, die alle doch nur drauf warten, mal wieder richtig gefíckt zu werden...
Ich gehe davon aus, dass die meisten pädophil Veranlagten ansonsten halbwegs normale und intelligente Menschen sind, die durchaus diesen Abstraktionsschritt vollziehen können, vom Medium zur Realität.
Insofern finde ich diese Hysterie, die tatsächlich oft an Prüderie grenzt auch etwas albern.
Ich sehe an fiktiven Pornos mit Kindern zwar eine Geschmacklosigkeit, aber kein wirikliches Verbrechen, solange nicht im Zuge der Herstellung ein Verbrechen stattgefunden hat. Sprich, ein realer Missbrauch abgebildet wurde, der extra zu diesem Zweck durchgeführt wurde.
Solange bei der Produktion keiner zu Schaden kam, sehe ich nichts Verwerfliches dabei.
Aber da bin ich vermutlich mal wieder einer der Wenigen. »):
Wie man dazu steht ist eine Sache, aber ich wollte dir nur mal meinen Respekt zollen, dass du so eine heikle These einmal ansprichst.
Das Problem ist doch die ganze Stigamtisierung des Themas.
Es gibt zahllose Fallbeispiele bei denenunschuldigen Menschen der KiPo-Sticker aufgedrückt wurde. Und dass am Ende nur heiße Luft herauskam bemerkt im Nachhinein niemand mehr und der Betroffene ist sein leben lang gebrandmarkt.
Ich finde das Cover als Kunstwerk sehr stilvoll. Im Kontext der Zeit sogar in keinster Weise verwerflich. Also: den Ball flachhalten, dass durch diese Diskussion auch nur ein Kind geschützt wurde, wage ich zu beszweifeln...
@BzR (« @Fireball (« @BzR (« Ohne die Platte würd ich mir das Cover sofort ins Regal stellen. Aber Scorpions gehen musikalisch halt mal gar nicht. »):
Kennst du überhaupt etwas von den frühen Scorpions? Wer die Band nur auf "Winds Of Change" reduziert, hat keine Ahnung. »):
Jo, ich hatte so mit 23 oder 14 mal ne Phase, wo ich derartige Musik gemocht hab, und hatte mal ein paar Sorpions-Platten auf Vinyl. Und auch so Zeugs wie Accept und Iron Maiden... »):
Na da war doch zumindest temporär bei dir nicht immer Hopfen und Malz verloren.