Seit Anfang Juli erhalten unabhängige Künstler von Last.fm für jeden gestreamten Track Tantiemen. Ein neues Zeitalter für Musik im Web?

London (mma) - Die nächste mittelschwere Revolution aus London? Es weist einiges darauf hin, dass die Last.fm-Macher nach Einführung ihres On-Demand-Streams wieder einmal den Weg bereiten für einen veränderten Musikkonsum im Internet.

Hinter der neuen Initiative Artist Royalty Program steckt die seit Monatsbeginn praktizierte Idee, Künstler ohne Plattenvertrag für das Streaming ihrer Musik zu entlohnen. Und zwar direkt von Last.fm, ohne zwischengeschaltete Verwertungsgesellschaft, ohne Labelbeteiligung.

Bereits im Januar hatte der Social-Community-Riese den baldigen Start des Programms angekündigt. 450.000 Songs sind seither von 70.000 Künstlern und GEMA-losen Kleinstlabels auf die Webseite des Radioportals hochgeladen worden. Vom ersten Juli an erhalten diese (wie alle künftigen) Teilnehmer für jeden abgespielten Titel des Musikers einen Anteil an den Last.fm-Werbeeinnahmen.

Bis zu 30 Prozent Tantiemen pro Song

Entscheidend für die Höhe der Tantiemen ist die Art, wie der Hörer den jeweiligen Song konsumiert. Wird der Track im Last.fm-Onlineradio gestreamt, erhält der Urheber 10 Prozent, wird er on demand abgerufen, sind es 30 Prozent der Werbeeinnahmen. Die Pressemitteilung verkündet: "Der revolutionäre Service kennzeichnet ein neues Zeitalter, in dem Musiker und Bands, die nicht an ein Label oder eine Plattenfirma gebunden sind, ihr Geld direkt von einer kostenfreien Musikplattform erhalten."

Und Firmen-Mitbegründer Martin Stiksel ergänzt: "Dies ist ein bedeutender Tag für alle "do-it-yourself"-Künstler. Wir passen die Wettbewerbsbedingungen so an, dass alle die gleichen Voraussetzungen haben, mit ihrer Musik Geld zu verdienen."

Junge Musiker, die noch in der Garage probten, sollten die gleichen Chancen haben, durch Last.fm eine Fangemeinde aufzubauen und bezahlt zu werden, wie die neuesten Bands der großen Labels. Gleichzeitig räumt Stiksel ein, dass es wohl eines beträchtlichen Erfolgs bedürfe, bevor das Programm eine Lebensgrundlage für eine Band biete.

Kritik von Plattenfirmenseite

Natürlich agiert das Unternehmen nicht aus reinem Erfindergeist heraus, sondern profitiert selbst von seiner Innovation. Die Teilhabe der partizipierenden Acts bedeutet eine Umgehung von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA. Deren Abgabenregelung (Komponist 30%, Textdichter 30%, Verlag 40%) liegen deutlich über den Last.fm-Tantiemen.

Bezeichnenderweise entfernte das Majorlabel Warner Music erst kürzlich sämtliche Streams hauseigener Künstler von der Seite. Begründung: Konkurrierende Plattformen wie MySpace böten der Plattenfirma höhere Beteiligung an den Werbeeinnahmen.

Die Kritik der Indielabel-Interessengemeinschaft Merlin, die sich selbst gerne als "der fünfte Major" bezeichnet, greift hingegen an anderer Stelle. In einem Rundschreiben an die Mitglieder - 12.000 Labels weltweit – weist der Verein daraufhin, dass das Artist Royalty Program keinerlei Kompensation für den bis dato erfolgten Stream von unabhängigen Künstlern vorsehe.

Dass die Mitbewerber im Kampf um die attraktivste Musikplattform dem Last.fm-Beispiel folgen werden, ist allen Bedenken zum Trotz nicht unwahrscheinlich. Schließlich dürfte ansonsten spätestens beim Geld die MySpace-Freundschaft enden...

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last.fm stellt ab heute seinen kompletten Musikkatalog Free-On-Demand zur Verfügung. Dabei gibt es alle Titel in voller Länge. Des weiteren bekommen labelfreie Bands die Möglichkeit, ihre Songs über den Sender zu verbreiten.

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