Aktuelle Eindrücke vom Flughafen Tempelhof - mit Deichkind, The Libertines, Chvrches, FFS, Muse, Seeed, Beatsteaks u.v.a.

Berlin (huz) - Das US-Festival Lollapalooza feiert an diesem Wochenende seine Europa-Premiere. Nach dem Original aus Chicago und diversen Ablegern in Südamerika hat das Festival nun den Sprung über den großen Teich gewagt. Und das mit Erfolg, denn die Veranstalter durften bereits im Vorfeld ausverkauftes Haus vermelden. So feierten an beiden Festival-Tagen insgesamt knapp 90.000 Menschen auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof zu Bands wie Deichkind, den Beatsteaks, Seeed und Muse.

Fotogalerie Lollapalooza Berlin

In Puncto Line-Up ließ die Veranstaltung inmitten des Berliner Stadtteils Tempelhof also kaum Wünsche offen. Doch wer am Samstagmittag pünktlich und in Feierlaune das Lollapalooza-Gelände betreten wollte, erlebte mitunter eine Überraschung: Bereits am Eingang stauten sich die Massen, so dass es zu längeren Wartezeiten kam.

Drinnen angelangt offenbarte das Festival weitere Schwächen in der Organisation, was die Anzahl von Toiletten und Essenständen betraf. Dass im Gegensatz dazu die Mobilfunknetze recht gut funktionierten, konnten auch die Veranstalter bald erkennen – die Besucher nutzen ihre Smartphones zur Social-Media-Schelte:



Anstatt sich zu verstecken, gingen die Veranstalter bezüglich der Probleme direkt in die Offensive. Bereits am Sonnabend wurden für den zweiten Tag mehr Toiletten und Essensstände versprochen. Tatsächlich bot das Lollapalooza in diesem Punkt an seinem zweiten Tag weit weniger negative Erlebnisse, so dass die Zeit statt in der Schlange zu stehen vor den insgesamt vier Bühnen verbracht werden konnte.

Ein Hauch "American Spirit" weht durch Berlin

Die amerikanischen Lollapalooza-Erfinder um Jane's Addiction-Sänger Perry Farell holten sich für die Europa-Premiere unter anderem die deutschen Kollegen von Melt Booking (Melt!Festival, Berlin Festival) ins Boot – und sparten nicht an Bombast. Neben den vier regulären Bühnen gab es eine für Kinder ("Die beste in Europa", wie Festival-Booker Melvin Benn wenig zurückhaltend feststellte) und eine Zirkus-Arena ("Lolla FunFair"), in der sich allerhand Schausteller herumtrieben. Das Lolla-Konzept eines familienfreundlichen Festivals fand sich also eins zu eins in Berlin wieder.

Dies hatte, Marketing-Kalkül hin oder her, eher positive Folgen. Anstatt betrunkener und schlammgetränkter Müllsackträger fand man ein äußerst gelassenes und in der Altersstruktur ungewöhnlich gemischtes Publikum vor. "Ich glaube, uns ist es gelungen, den Lollapalooza-Vibe nach Berlin zu transformieren", befand schließlich auch der Meister Perry Farell mit einem stolzen Lächeln.

Wer diesen Vibe nicht schon beim Betreten des weitläufigen Tempelhofer Rollfeldes oder der alten Hangars spürte, der hatte im Rahmen des musikalischen Programms noch jede Chance dazu: Beispielsweise als Hot Chip zum Abschluss ihrer Show LCD Soundsystems "All My Friends" coverten oder Chvrches nur wenig später ihr Publikum in leichter Dämmerung zum kollektiven Dahinschmelzen bewegten.

Rätsel um die Libertines

Das Kontrastprogramm dazu lieferten einmal mehr Deichkind, die uns Durchschnittsmenschen mit ihrer bombastischen Inszenierung den Spiegel alltäglicher Lächerlichkeit vorhielten. Soweit, so gut, aber spielen eigentlich die Libertines – oder sagen sie die Show kurzfristig ab, wie jene an den zwei Tagen zuvor?

Wie immer, wenn Pete Doherty im Spiel ist, musste man sich diese Frage natürlich stellen, bis die Band schließlich die Bühne betrat. Und die vier Briten lieferten – zwar wohl nicht ganz nüchtern, aber dafür erstaunlich gut gelaunt – ein klanglich nahezu perfektes Set ab, während nebenan Fatboy Slim sogar noch mehr Menschen zu deepen House-Klängen zappeln ließ.

Neuauflage für 2016 bereits angekündigt

Lolla-Booker Melvin Benn hatte natürlich nicht Unrecht, wenn er davon sprach, dass man stolz sei, eines der ausgewogensten Line-Ups in Europa auf die Bühne gebracht zu haben. Denn der Sonntag hatte es umso mehr in sich: Run The Jewels gaben ihre erste Berlin-Show überhaupt und nachdem die Beatsteaks die "Main Stage 2" eigentlich schon in Schutt und Asche gelegt hatten, musste man sich zwischen dem Geheimtipp Little Dragon und Bond-Soundtrack-Macher Sam Smith entscheiden.

Im Anschluss war Seeed für die meisten Pflichtprogramm – aber danach lieber zu Muse oder eher zu Tame Impala? Das Lollapalooza hatte immer eine Alternative parat. Und so klingt es ein bisschen weniger wie blankes Promo-Gewäsch, wenn Perry Farell sein Multi-Millionen-Dollar-Franchise so umschreibt: "Egal, wie groß das hier ist – unser Einstellung wird immer etwas alternativ sein."

Wer möchte, kann diese Aussage im nächsten Jahr auf den Prüfstand stellen: Die zweite Lollapalooza-Auflage in Berlin ist für den 10. und 11. September 2016 bereits angekündigt.

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