Die wahre Hölle sind keine Wendler-Rezensionen. In Norwegen verpflichtete man Metal-Promis für ein Game mit deftigem Soundtrack.

Hellsingen (rnk) - Zocken war auch schon mal lustiger. Steigende Energiepreise machen eines der schönsten Hobbies der Welt zu einem Luxusvergnügen, wenigstens heizt der Rechner die Wohnung gleich mit. Ein Umzug in die Hölle bleibt bei den Aussichten auf den Winter fast schon ein verlockendes Urlaubsangebot, also warum nicht bei "Metal: Hellsinger" von der norwegischen Gamerschmiede The Outsiders zugreifen. Die Idee, Metal und Gaming mit der Wohnanlange des Höllenfürsten zu verbinden, ist natürlich nicht neu.

"Brütal Legend" aus dem Jahr 2009 ist nur eines der Beispiele und überzeugte mit wunderbar abgedrehtem Humor, oder natürlich Klassiker "Doom". Die Entwickler ließen sich für Artwork und Sound deutlich bei Pantera und Metallica inspirieren. "Hellsinger" geht ebenfalls den Weg des einsamen Shooters und pro Level bekommt der Spieler Feature-Gesang von Mikael Stanne (Dark Tranquillity), Björn Strid (Soilwork), Randy Blythe (Lamb Of God), Matt Heafy (Trivium), Serj Tankian (System Of A Down), Alissa White-Gluz (Arch Enemy) und Tatjana Shmailyuk (Jinjer). Also Soundbar auf maximales Volumen und ab in die Hölle.

Zu Anfang wählt man zwischen drei Schwierigkeitsgraden. Obwohl ich mich grundsätzlich dank glorreicher Lan-Partys aus den späten 90er gestärkt sehe, entscheide ich mich für das wenig ehrfurchtgebietende "Lämmchen" und nach ein wenig Latenzkalibrierung erfolgt ein Intro, das ziemlich schnell und unspektakulär die Dämonin ”Die Namenlose” und ihre Motivation für ihren Rachefeldzug durch die Höllenschluchten vorstellt. Manowaresken Sexismus vermutet man hier vergebens: Die Dämonin erfüllt weniger erotische Fantasien von Incel-Nerds, sondern kommt der wahrhaftigen Vorstellung eines Höllenwesens nahe. Mit ihren drei Augen und dem rötlichen Hautbild wäre sie wohl kaum das Ideal von Super-Macho Duke Nukem. Die Höllenlevel sehen ungleich unspektakulärer aus. In der Ego-Ansicht hält man Belzebubs unwürdige Sklaven und große, dickbäuchige Behemoth-Wesen vom Leib. Eine pulsierende Zielangabe gibt den Takt vor, im Hintergrund ertönen die harten Riffs, die je nach Rhythmus-Gefühl am Pad aggressiver und lauter werden.

Überhaupt macht das Game erst dann (Ziegen)bock, wenn die Anlage extrem laut aufgedreht das wahre Inferno loslässt. Grafisch wirkt "Metal:Hellsinger" wenig beeindruckend und erinnert fast an Spiele aus den 00er Jahren. Dazu gibt es ähnlich aussehende Schlauchlevel, an deren Ende ein Portal frei geschossen wird. Die Waffen sind für ein Metal-Game auch nicht gerade einfallsreich, da waren die id-Games aus den Neunzigern oder "Dante's Inferno" von 2010 viel weiter. Auch zerfallen die Gegner nur in unansehnliche Pixel-Klumpen, was dann eher Whitesnake als Speed-Metal ist. "Hellsinger" gibt mit einem Preis von knapp 30 Euro zwar eh nicht vor, mehr als ein AA-Titel zu sein.

Trotzdem darf man doch etwas mehr erwarten. Die Lizenzen für die musikalischen Gäste waren wohl doch etwas höher, auch wenn die letztendlich nur die Vorgaben der Soundkomponisten Two Feathers umsetzen. Das Komponisten-Duo entwickelt bereits seit zehn Jahren Videospiel-Scores, mit "Metal Hellsinger" begleiten sie das bisher prestigeträchtigste Projekt. Die herrlich grummelnden Off-Texte spricht Troy Barker, ein mehrfach prämierter Synchronsprecher ("Batman: Arkham Night, Death Stranding"). Seine grummelnde Stimme erinnert etwas an Barry Clayton, der damals das Intro von "Number Of The Beast" von Iron Maiden einsprach.

Aber irgendwie fehlt es ausgerechnet einem Metal-Game an der nötigen Schärfe. So richtig schön abgedrehter Humor wie bei "Borderlands", "Brütal Legends" oder "Rage" fehlt. Man trifft kaum auf Blutregen oder kreative Kills in diesem erstaunlich braven Spiel. "Metal Hellsinger" bleibt damit "nur" ein solides Game, dass mit seinem schlichten Design wenig falsch macht und immerhin ein Nischenthema in der Gaming-Welt nach vorne holt. Die zahlreichen User-Bewertungen fallen bisher positiv aus. Wer überhaupt keine Lust auf Zocken hat: Die Soundtrack-Aufführung lässt sich auf der diesjährigen Gamescom nachholen. Eine sepereate Veröffentlichung außerhalb des Games ist bisher nicht geplant. Ein kürzlich hinzugefügtes Mod erlaubt nun auch Sound-Files. Vielleicht Dua Lipa mit "Hotter Than Hell" oder "All The Good Girls Go To Hell" von Billie Eilish?

"Metal: Hellsinger" ist ab sofort für PC und Konsolen spielbar.

Fotos

Arch Enemy, Lamb Of God und Co

Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Arch Enemy, Lamb Of God und Co,  | © 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