Das große Rechnen geht weiter. Zuerst feierten alle eine Revolution im Musik-Business. Jetzt zeigen neue Zahlen jedoch die harte Realität auf: Die Ergebnisse des freien Preissystems sind eher ernüchternd.
London (juk) - Nachdem Radiohead mit ihrem Verkaufexperiment wochenlang die Schlagzeilen beherrschten, sind nun ernüchternde Verkaufszahlen heraus gekommen. Es existieren sehr unterschiedliche Angaben bezüglich der Klickzahlen: ComScore vermeldet 1,2 Millionen im ersten Monat. Nach Berichten im Internet, die sich auf die Band berufen, seien es allein 1,3 Millionen Besucher in der ersten Woche gewesen. Die Internet-Marktforschungsfirma ComScore behauptet weiter, dass 62 Prozent der Downloader nichts bezahlten. Nur zwei von fünf überwiesen Geld aufs Konto der Band. Was aber ankam, ging dank Onlineverkauf nicht hauptsachlich an ein Label oder einen Vertrieb.
ComScore funktioniert ähnlich wie die Messung der Fernseheinschaltquoten. Weltweit sammelt die Firma Daten des Nutzerverhaltens von über zwei Millionen Menschen. Statistiker Andrew Lipsman meint, die Zahlen der paar hundert beobachteter Radiohead-Klicker seien sehr sicher und die Studie sei kein Auftrag gewesen, sondern aus reinem Interesse durchgeführt worden.
Über 60 Prozent zahlten demnach überhaupt nichts, doch ob sie in einem Plattenladen Geld gelassen hätten, bleibt ebenso fraglich. Zumindest besitzt die Band nun deren E-Mail-Adresse für zukünftige Promo. Die meisten, denen "In Rainbows" etwas Wert war, zahlten weniger als vier Dollar. Immerhin jeder achte Nutzer kaufte für acht bis zwölf Dollar das Album, also etwa zum Ladenpreis einer CD. Die Zahlungsverweigerer eingerechnet, ergibt das einen Durchschnittspreis von 2,26 Dollar. Hätten also wirklich über eine Million diesen Preis gezahlt, hätten Radiohead in einem Monat mehr als zwei Millionen Dollar verdient.
Die Band möchte öffentlich nichts zu ihren Einnahmen sagen, berichtet MTV. Musikbusiness-Anwalt Peter Paterno erklärt dort zudem, dass Radiohead mit einer normalen Veröffentlichung des Labels auch nur 2-2,50 Dollar erhalten hätten. Viele Beobachter der Plattenindustrie betonen derweil die Einmaligkeit der Aktion, da nicht jede Band eine so breite Fanbasis und solchen Presserummel erwarten darf.
'Echte MP3-Piraten' klauen "In Rainbows" übrigens am liebsten bei den einschlägigen Tauschbörsen, obwohl es umsonst ist. Allein am ersten Tag nach VÖ wurde das Album schon 240.000 Mal von BitTorrent-Seiten wie The Pirate Bay oder TorrentSpy heruntergeladen. Kenner der Szene deuten das auch als Hinweis darauf, dass die Benutzerfreundlichkeit der von Radiohead eingerichteten Download-Seite noch verbesserungsfähig ist.
Ganz traditionell wird "In Rainbows" demnächst beim Sub-Label XL Recordings der Beggars Group erscheinen. Im Dezember veröffentlicht ihre frühere Plattenfirma EMI die bisherigen sieben Platten des Back-Katalogs als Box. Wer will, kann das Paket übrigens für die digitale Sammlung als 4 GB USB-Stick kaufen.
19 Kommentare
hahaha ich kauf den USB-Stick
ich hab auch nix gezahlt..
werde mir aber nach meinem Umzug die Platte gönnen.
@ei0r (« ich denke, dass der anteil an leuten, die "nur mal reinhören wollen", bei dieser aktion nicht zu unterschätzen ist. ich setze ihn einfach mal bei 30% an. und diese menschen hätten sonst eh nie etwas dafür ausgegeben. »):
Joah, ich hätte den Prozentsatz höher angesetzt. Neugierige, die einfach mal wissen wollten, ob es a) wirklich nix kostet und b) wie denn das Album an sich so klingt und c) vielleicht vorher noch nie was von Radiohead gehört haben und einfach mal probehören wollten; vielleicht noch ein paar Doppeltsauger ... 50%.
Ich würde die Zahl nicht so pessimistisch sehen - eher im Gegenteil.
Gruß
Skywise
vinyl und cd kommen am 28.12. bei xl raus. grade kam ne mail rein.
@ Para: ich wollte damit jetzt nicht die Musik von Radiohead explizit verunglimpfen. Sondern meinte, dass man für dieses genre, ohne extreme Frequenzbereiche bzw. leise/laute Töne. Ich verwende beispielsweise AAC 128kb und muss sagen, dass es mir bisher nur in extremen Ausnahmefällen bei "normaler" aktueller Musik auffällt, dass es eine vermidnerte Qualität besitzt (ja, ich ebsitze durchaus auch CDs...) nur in klassischen Stücken merkt man vermerkt, dass tiefe Pauken und hohe Geigen recht schlimm klirren.
@Anonymous (« .. manche leute hören eben nur über den pc musik und wissen garnicht, was man auf einer cd alles entdecken kann. »):
Was da wäre?
@Jacques666 (« wenn ich die-hard-radiohead-fan wäre würde ich glaube trotzdem eher das album als scheibe vorziehenen - wie gut der einfall auch ist - da hat man wenigstens was in der hand..
ich bin nicht gutmensch genug um glauben zu können, dass sich dieses prinzip im mainstream
profitabel durchsetzen könnte »):
100% agree. Wenn ich nen Band mag und deren Platte stark is, wird se als CD gekauft und plakativ ins Regal gestellt
Mp3s sind für en Autoradio mit USB Anschluss (wie meins) ganz nett da man keine Mp3-CDs brennen muss und so Kram.
Die CDs stehen bei mir eigentlich eh die meiste Zeit um Regal. Mp3s sind da deutlich bequemer, aber CDs sind einfach cooler
Ergo, kauf ich CDs, rippe se als Mp3 und fertig.
Nachdem mir auch mal das Auto ausgeräumt wurde und etwa 5 CDs im Sumpf des Verbrechens verschwanden, nehm ich eh keine "originalen" CDs mehr mit ins Auto.
Und ich schätze viele werden es ähnlich machen. Wenn dann wird die CD gekauft und in Mp3 konvertiert. Mp3s kaufen erachte is als Schwachsinn. Schon weil das Booklet fehlt.