Ein Postraub machte ihn 1963 berühmt: Später kollaborierte Biggs mit den Sex Pistols und den Toten Hosen.
London (alc) - Ronald Biggs ist tot. Der bekannteste Räuber, den das Vereinigte Königreich nach Robin Hood jemals hervor brachte, starb vergangene Nacht im Alter von 84 Jahren.
1963, vor einem halben Jahrhundert, gelang es Biggs mit 14 Komplizen, einen Postzug auszurauben. Dabei erbeutete die Gang nach heutigem Wert ca. 47 Millionen Euro. 1964 wurde er gefasst und zu 30 Jahren Haft verurteilt, 1965 konnte er jedoch aus dem Gefängnis fliehen.
Seine Popularität als 'Gentleman-Räuber' stieg immer mehr, je länger er sich der Strafverfolgung der britischen Behörden entzog. Seine Flucht führte ihn über Paris und Australien nach Brasilien, wo er sich letztendlich niederließ. Nach Großbritannien konnte er nicht ausgeliefert werden, da er eine Brasilianerin heiratete, mit der er ein Kind hatte.
Im südamerikanischen Exil pflegte Biggs sein Image als cleverer Gangster, der der Polizei geschickt ein Schnippchen geschlagen hatte. Gegen Entgelt konnte man mit ihm frühstücken, seine Telefonnummer stand sogar im Reiseführer Lonely Planet.
Biggs' Beliebtheit erfuhr einen weiteren Schub, als er 1978 mit den Sex Pistols den Song "No One Is Innocent" und die Provo-Nummer "Belsen Was A Gas" (eine Anspielung auf das KZ Bergen-Belsen) aufnahm und in der Doku "The Great Rock'n'Roll Swindle" auftrat, in der er sich selbst spielte.
Etwas weniger provokant war seine Zusammenarbeit mit den Toten Hosen, mit denen er 1991 "Carnival In Rio (Punk Was)" eintrötete. Mit Campino und Co. verband ihn seitdem eine Freundschaft, die auch Bestand hatte, als er wieder ins Gefängnis musste. "Du hast genug gelitten", begnadigte Campino den Briten 2001 in einem Interview.
Der Meinung war wohl auch Biggs, als er sich im selben Jahr aus gesundheitlichen Gründen dazu entschloss, doch nach England zurück zu kehren. Dort wurde er umgehend verhaftet. Sage und schreibe sechzig Scotland-Yard-Beamte benötigte es, um den mittlerweile 71-Jährigen nach seiner 35 Jahre andauernden Flucht einzubuchten. Der britische Staat verstand auch nach so langer Zeit keinen Spaß. Erst als Biggs schon sterbenskrank war, nicht mehr laufen, sprechen und essen konnte, begnadigte man den greisen Gentleman-Räuber doch noch.
3 Kommentare mit 19 Antworten
Der Räuber hat sich nur in Brasilien komplett ausnehmen lassen von derlokalen Mafia. Deshalb konnte man gegen Geld mit ihm frühstücken und weil er kein Geld mehr für medizinische Behandlung mehr hatte, kroch er wieder auf den Schoß von Mutter Britannia.
An dem Typ ist nichts sonderlich schlau oder toll. Der Mann war einfach nur ein Dieb und dazu noch einer der sich hinterher die Beute abnehmen ließ.
Deswegen findet ihn Campino wahrscheinlich so toll
dieser allerletzte absatz des artikels hat es in sich und zeigt die erbärmlichkeit des staates an sich - hie wie dort!
es ist typisch, dass eine feige und unversöhnliche exekutive, die keinen arsch in der hose hat, wenn der dümmliche heugabelmob asige "london riots" startet
(oder bei uns den bürger nicht vor parallelgesellschaftsmafia und bikergangs beschützen kann), die supershow abzieht, wenn ein alter, gebrochener mann heimkehrt! "helden" in unifrorm....bäh!
es ist ebenso typisch, dass dort wie hier echte gewalttaten mit echter verrohter und verwerflicher gesinnung meist mit wenigen jahren oder bewährung abgehen. aber wehe es geht den staat an sein säckel. vermögensstrafen werden oft so verhängt, dass man gar nicht oder als greis herauskommt und die verjährung wird ausgehebelt. ergebnis: schläger rennen auf den strassen herum und jemand, der exolizit darauf achtete, niemanden ernsthaft zu verletzen, während man das spielgeld mitnimmt, ist am arsch.
mit gerechtigkeit, souveränität oder "größe zeigen" hat das staatlicherseits nichts, aber auch gar nichts zu tun. humanismus geht echt anders.
bei solchen meldungen freue ich mich immer sehr, nie staatsanwalt geworden zu sein. typen wie biggs haben mehr charakter als das macimal entfremdete justizsystem.
es muss natürlich "vermögensdeliktsstrafen" heißen.
Ob die 60 Polizisten wirklich nötig gewesen wären (vermutlich wollte jeder dabei sein bei dieser "Legende") sei mal dahingestellt.
Aber im Grunde war es doch in Ordnung. Er bekam die medizinische Behandlung die er in England wollte und man hat ihn sogar begnadigt. So rachsüchtig kann die englische Justiz dahingehend ja wohl nicht gewesen sein.
ich habe nicht den eindruck, dass du die kritik meines textes am grundsätzlichen mechanismus verstanden hast.
bigg ist ja nur ein symbol - von popkultur ideaslisiert und von staatlicher seite dämonisiert.
mir geht es in erster linie um aufklärung über die struktur, die ich obig beschrieb.
In diesem Kontext möchte ich auch anprangern, dass so einer wie Biggs als Popstar gefeiert wird, weil er den Staat beklaut hat und ein Uli Hoeneß hier zum Monster in Menschengestalt stylisiert wird.
Biggs wird als Popstar gefeiert: ja. Hoeneß zum Monster in Menschengestalt stilisiert: nope. Dieser uneinsichtige Wurstkasper wird bei der Sache fein rauskommen und hat dafür lediglich etwas mediale Schelte kassiert.
stimm dem Anwalt prinzipiell zu...
allerdings nur mal (etwas klugscheißerisch) zur Erinnerung: der Staat ist kein monströse, abstruses Gebilde sondern immer noch wir Menschen (Staatsangehörige), sicherlich sind wir (der Staat) in weiten Bereichen fremdgesteuert...
Es nervt aber irgendwie, dass jeder meint seinen Egotrip schieben zu können und den Staat zu verteufeln, aber wenns hart kommt wird dann wieder nach der Gemeinschaft (dem Staat) geheult
ich weiß Anwalt, du meint das gewiss nicht so, dies ist eher ne generelle gesellschaftliche Kritik...
ja, man sollte da nicht mit zweierlei mass messen. was anfang 60er der postraub war kann heute genausogut die steuerhinterziehung sein. für mich beides schlimm und in keinster weise irgendwie heldenhaft oder "punkig".
du kritiierst vorurteile und ein nebulöses feindbild - zu recht, harry.
ich hingegen strukturen der repräsentanten und urteile. das ist schon was anderes. der obige vorwurf ist ja nachprüfbar und nicht nur meine privatmeinung.
Dragnet: Ich meine ja medial und auch bei der deutschen Neidgesellschaft.
Ok Anwalt, stimm dir absolut zu.
Der Anwalt hat sehr recht.
Ich frage mich auch bis heute, wer es warum so gedreht hat, dass Eigentums- so viel strenger als Personendelikte bestraft werden.
Gewalt gegen Polizisten (wobei wir hier jetzt nicht von härteren Fällen sprechen) kann in einem Jahr Gefängnis enden - Polizeiauto-Demolierung dagegen in fünf.
Erklär' mir das mal bitte einer.
das kommt noch aus dem 19 jh, als man stgb und bgb erdachte. da hat das bürgertum sich gedacht: "ok, wir leben ja nicht im milieu. soll sich der pöbel in seiner gosse ruhig gegenseitig dezimieren. aber lass uns mal ein stoppschild aufstellen, wenn die jene rote linie zu uns überschreiten, um unsere kohle und wertgegenstände zu klauen."
gesetze per se sind ja nix dolles oder moralisches, wovor man nen heidenrespekt haben müsste. sie sind immer der zeitgeschichtliche gemeinsame minimalkonsens der herrschenden klasse und ihrer (schmalspur)juristen - je nach politischer macht des jeweiligen lagers.
das war nur einmal in der deutschen historie anders im sinne von besser und entwickelter: als man das tolle grundgesetz ersann.
da waren wirklich coole und fähige leute beteiligt, denen es nicht um interessensicherung ging, sondern um die gemeinschaft in einer gerechten republik mit ihren minderheiten und mehrheiten.....lang, lang ist's her....
eigentumsdelikte sind in der justiz gern gesehen. da gibts ne menge paragraphen und alles lauft im gerichtssaal ab, wie an der schnur gezogen.
es gibts zwar für alles eine versicherungspolice, die den schaden ersetzt, aber es geht den "enteigneten" wohl auch ums prinzip, um die erhaltung des dominanzgefüges.
eigentumsdelikte müssen bestraft werden, sonst gibts tohuwabohu. aber die relationen zu verbrechen an "leib und seele" passen nicht.
anwalt, ich hoffe, ich habe dich so oder ähnlich verstanden. wenn ja, dann stimme ich dir zu.
und wer nochmal die geschehnisse um den postraub im einzelnen mitverfolgen möchte, da habe ich noch eine krimi-empfehlung.
"die gentlemen bitten zur kasse" heißt der ard-dreiteiler aus den sechszigern mit u.a. horst tappert, günther neutze,gritt böttcher,siegfried lowitz. (in schwarz-weiß)
ja, so ähnlich meine ich das. deshalb auch der vergleich zu parallelgesellschaftsmafia und bikergangs. da bekommt man das dominanzgefühl aus mangel an eern und willen nicht mehr hin.
anwalt, beim letzten halbsatz hab ich noch empfangsschwierigkeiten
ok: mutig bei dieben und feige bei organisierter kriminalität und gangs. schau dir doch nur hannover, berlin und co an....
biggs is schon kewl gewesen. aber ich sympathisiere mehr mit dem guten alten charly bronson http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Brons… der mann wurde wegen dem überfall auf eine post vor 100 jahren verhaftet und sitzt seitdem ein, weil er der härteste häftling in uk is. heil charly bronson. heil!!
mit der darstellung hat tom hardy sich auch ein ewiges künstlerisches denkmal gesetzt.
was für eine verwandlung....
Der Refn-Film ist einfach arschgut.