laut.de-Biographie
Nichts
"Verschwende Deine Jugend", jener große Doku-Roman über die wilden Anfangsjahre der deutschen Punkbewegung schildert den Bruch der provokanten Düsseldorfer Punk-Institution KFC im Jahr 1981 minutiös. Nach der Veröffentlichung des ersten Albums "... Letzte Hoffnung" war die Band um den streitbaren Sänger Tommi Stumpff auseinandergebrochen.
Michael Clauss und Tobias Brink, die sich bei KFC hinter den Punk-Alter Egos Micki Matchkopf und Fritz Fotze verbergen, bleiben nicht lange untätig und gründen noch im gleichen Jahr die Band Nichts, die mit Brinks Freundin Andrea Mothes am Gesang zu den Mitbegründern der Neuen Deutschen Welle gezählt wird. Dabei will die Band wegen ihrer Punk-Wurzeln zeitlebens nichts mit NDW-Bands wie Ideal oder den Neonbabies zu tun haben.
Der Aufdruck einer Flasche Korn bringt Clauss seinerzeit auf den nihilistischen Bandnamen. Von da an geht es schnell voran. Innerhalb von vier Tagen wird das Debüt "Made In Eile" aufgenommen, das mit "Radio" einen poppigen Punk-Hit abwirft: "Lieber Gott, ich wünsch mir so, meine Stimme im Radio / In den Charts Nummer vier, alle sind so nett zu mir", singt Mothes aufgekratzt.
Über 70.000 Einheiten des Albums verkaufen Nichts auch dank der Musiksendung Bananas - für eine Band mit Punk-Background eine kleine Sensation. Nichts gehen daraufhin auf große Deutschland-Tour, sie treten in der ARD auf und nehmen 1982 mit "Tango 2000" ihr zweites Album auf. Es klettert bis auf Platz 22 der deutschen Charts und hat mit der gleichnamigen Single einen weiteren Hit zum gesellschaftlichen Wertewandel.
"Schaut mich an, ich bin die Schönste / Schaut mich an, ich tanz am besten", einen solch frechen, egozentrischen Refrain zu einem strengen, parodistischen Tango-Beat hatte sich bis dato kaum eine Popband zugetraut. Zur gleichen Zeit schwappt die Neue Deutsche Welle über, mit Ideal und DAF gewinnt die Bewegung an Zulauf, ehe Nena und Co. daraus ein ganzes Lebensgefühl machen.
Nichts müssen jedoch bereits 1982 mit dem Ausstieg von Michael Clauss einen schweren Aderlass verkraften. Nach einer Neubesetzung schleppt sich die Band noch einmal ins Studio und nimmt mit "Aus Dem Jenseits" ein geschickt zitierendes, drittes Album auf, das aber nicht mehr an alte Erfolge anschließen kann. Nichts sind am Ende und lösen sich noch vor einer letzten Deutschland-Tour wegen einer Verletzung Brinks auf.
Vielleicht liegt es daran, dass viele Bands aus den Düsseldorfer Anfangstagen bis in die Jetztzeit musikalisch relevant geblieben sind. Jedenfalls entschließt sich Michael Clauss nach diversen musikalischen Projekten, die Band 2009 mit lokalprominenten Musikern wie dem Bassisten Ufo Walter zu reaktivieren. Brink ist in der Zwischenzeit zum Oberarzt aufgestiegen, er steht wie der Rest der alten Besetzung nicht mehr zur Verfügung.
2011 erscheint nach einigen Konzerten unter dem Titel "Zeichen Auf Sturm" nach 28 Jahren ein viertes Album.
2 Kommentare
"Dabei will die Band wegen ihrer Punk-Wurzeln zeitlebens nichts mit NDW-Bands wie Ideal oder den Neonbabies zu tun haben."
Was haben die denn genommen? Hätte sich die Aussagen auf Klamauk-Acts der späten NDW a la Markus, Kiz, Frl. Menke bezogen, ok. Pioniere wie Ideal und die Neonbabies zu dissen, deren frühe Alben weitaus mehr Punk-Spirit geatmet haben als "Nichts" das jemals taten, ist allerdings reichlich lächerlich. Abgesehen vom "Deutschen Lied", das sicherlich alles war, aber kein Punk. Anyway, für den einen oder anderen guten Song hats dennoch gereicht, Sound und Stimme hatten durchaus was Eigenes.
Weil Cargo Records gerade die Nichts Platten neu herausbringt und hier aus dem Laut Text in der Promomail zitiert, möchte ich mich dem Vorkritiker insofern anschließen, dass es schon Unstimmigkeiten gab zwischen einzelnen frühen Punkbands, aber sowohl Nichts, als auch Ideal oder zB Neonbabies nicht die klassische NDW Band ausmachten und alle schon früher zugange waren, bevor es den Begriff NDW gab. Abgrenzen wollte man sich 82 vor allem von dem, was dann unter dem Label NDW heraus kam. Im besagten Buch 'Verschnwende Deine Jugend' von Jürgen Teipel gut nachzulesen.