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"Let Me Entertain You"? Ist das nicht Robbie Williams' Motto?

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"Let Me Entertain You"? Sach ma, Olle - is det nich Robbie Williams' Motto? Mit dem Klassiker von Jule Styne und Stephen Sondheim eröffnet Nina Hagen ihre Swing-Sammlung, ganz ohne zu kieksen, zu schreien oder zu knurren. Wer die punkige Diva mit der klassischen Gesangsausbildung kennt, der weiß, dass sie sich hier verdammt am Riemen reißt.

Etwas schriller fallen stimmlichen und zeitlichen Modulationen schon im dank Ella Fitzgerald berühmten "Sugar Blues" aus, bei dem Nina manche Silben extrem dehnt und mitunter beinahe zerkaut. Das wird die Hardliner von der Jazz- und Swing-Polizei erschrecken und alte Nina Hagen-Fans langweilen, ist aber eigentlich recht amüsant anzuhören.

Zumal die Leipzig Big Band zwar offenbar mit der gleichen Begeisterung zu Werke geht wie die Sängerin, sich von ihr jedoch nie ablenken oder verführen lässt, sondern ganz trocken und ganz ohne Schnickschnack dem Swing treu bleibt. Vielleicht hätte auch Lucas Alexander sich etwas mehr bremsen sollen; er gibt in zwei Songs Ninas Duett-Partner und kann vor allem in "The Lady Loves Me" mit ihrer Stimmgewalt einfach nicht mithalten. Für bizarre Eskapaden muss man geschaffen sein, und das ist er nicht.

Ninas Exaltiertheit dagegen sitzt und steht ihr wie eine zweite Haut, das hat nichts Bemühtes und nichts Angestrengtes. Sie entdeckt an Songs wie "Fever" von Otis Blackwell und Eddie Cooley, die scheinbar völlig tot gespielt waren, neue, fröhlich beschwingte Seiten. Selbst den Schatten der großen Judy Garland muss die Hagen nicht scheuen. Es ist gerade ihre fast leichtfertige Verspielheit, die das tränenschwere "Over The Rainbow" über jeden Kitschverdacht erhebt. Nach hinten raus wirds dann etwas seichter, bevor Nina in "Starlight Hour" noch einmal die große Kunst des Jazzgesangs zelebriert.

Im Vergleich zu "Big Band Explosion" klingen die zuletzt erschienenen Swing-Alben von Rainhard Fendrich oder auch Robbie Williams brav und blutleer. Die Mutter des Punk sieht ihnen gegenüber keineswegs alt aus. Vom ollen Rod mal ganz zu schweigen.

Trackliste

  1. 1. Let Me Entertain You
  2. 2. Sugar Blues
  3. 3. I Want To Be Happy
  4. 4. The Lady Loves Me
  5. 5. Rhythm And Romance
  6. 6. Over The Rainbow
  7. 7. If You Should Ever Leave Me
  8. 8. Fever
  9. 9. Love&Kisses
  10. 10. All Over Nothing At All
  11. 11. Let's Call The Whole Thing Off
  12. 12. Starlit Hour

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